Die Wohnungsbaugesellschaft GSW plant in der Siedlung „Grüne Stadt“ in Prenzlauer Berg Modernisierungen, die die Miete auf fast das Doppelte steigen lassen. Viele Mieter werden das nicht zahlen können. Sie sind auch von den unpräzisen und widersprüchlichen Informationen der GSW verwirrt und verunsichert.
Im Herbst 2005 kündigte die GSW vielen Mietern der „Grünen Stadt“ umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen an, die die monatliche Nettokaltmiete um bis zu 2,60 Euro pro Quadratmeter steigen lassen sollen. Manchen Mietern wurde auch eine Steigerung um mehr als drei Euro angekündigt. Einigen wurde ihre Wohnung auch zum Kauf angeboten. Seitdem ziehen viele verunsicherte Mieter aus.
Der Erneuerungsbedarf in der „Grünen Stadt“ ist sehr hoch. Der größte Teil der 1800 Wohnungen hat noch Ofenheizungen oder von den Mietern selbst eingebaute Gasheizungen. Um die „individuellen Modernisierungswünsche“ zu erfahren, schickte die GSW so genannte Modernisierungsberater. Mehrere Mieter berichten, dass diese Berater sich bei ihren Hausbesuchen wenig an den Anliegen der Bewohner interessiert zeigten und statt dessen erklärten, was alles rausgerissen und neu gemacht werde müsse: Komplett neue Bäder würden eingebaut, eine Zentralheizung installiert, die Leitungsstränge erneuert und Balkone angebaut.
Das Auftreten der Modernisierungsberater stieß den Mietern sehr sauer auf. „Wir haben die Wohnungen in Schuss gehalten“, sagte ein älterer Bewohner auf einer Mieterversammlung. Die GSW habe hingegen an den Häusern seit 16 Jahren nichts mehr repariert.
GSW-Geschäftsführer Hermann Winkler versuchte auf der turbulenten Versammlung die Wogen zu glätten: „Wer keinen Balkon will, braucht keinen zu nehmen.“ Sinnvolle Mietereinbauten könnten bleiben. Eine Mieterhöhung um drei Euro komme nur zum Tragen, wenn Mieter alle angebotenen Ausstattungen haben wollen.
An manchen Häusern begann schon der Anbau von Balkonen, während die direkten Nachbarn noch nicht einmal eine Modernisierungsankündigung erhalten hatten. „Wir wissen nicht, wann die Bauarbeiter kommen“, beschwerte sich ein Mieter. „Es ist ein totales Chaos!“
Der Berliner Mieterverein (BMV) rät dazu, die Modernisierungsankündigungen genau zu überprüfen. In den Fällen, die BMV-Rechtsberaterin Sabine Mettin bearbeitet hat, war der Instandsetzungsaufwand nicht aus den Modernisierungskosten herausgerechnet. Sie rät auch dazu, für die Bauzeit auf eine Zwischenumsetzwohnung zu bestehen.
Die „Grüne Stadt“ wurde 1938 bis 1940 gebaut und erstreckt sich von der Greifswalder bis zur Kniprodestraße. Hier wohnen viele alte Menschen sowie Leute, die sich vollmodernisierte Wohnungen nicht leisten können. In Prenzlauer Berg sind solche Zufluchtsorte für Einkommensschwache rar geworden.
Jens Sethmann
MieterMagazin 1+2/06
Mieter verärgert über Sanierungspläne: GSW-Siedlung „Grüne Stadt“ in Prenzlauer Berg
Foto: Jens Sethmann
21.12.2016