Deutschlands größter Vermieter, die Deutsche Annington, schafft es nicht, korrekte Nebenkostenabrechungen zu erstellen. In der gesamten Republik müssen sich Mietervereine und Gerichte mit deren chaotischen Rechenkünsten herumschlagen.
Aktuelles Beispiel: die sogenannte Bundes-Schlange auf dem Moabiter Werder. In der vorgelegten Abrechnung für 2005 wird ein nicht nachvollziehbarer Verteilerschlüssel benutzt und dieser auch noch gewechselt, ohne den Mietern das zu erläutern. Wohnungen mit Fahrstuhl wurden rechnerisch zusammengeworfen mit Wohnungen ohne Fahrstuhl. Mal wurde jene Gewerbefläche zugrunde gelegt, mal eine andere. „Die Abrechnung kann ganz klar als unwirksam zurückgewiesen werden“, erklärt Stefan Schetschorke. Der Rechtsberater des Berliner Mietervereins vertritt rund 30 Mieter aus der Wohnanlage. Mit inhaltlichen Dingen wie einer horrend hohen Versicherung wegen der Spreenähe braucht man sich derzeit gar nicht erst zu befassen. Das sah das Amtsgericht Tiergarten unlängst genauso und schmetterte die Klage der Deutschen Annington auf Nachzahlung kurzerhand ab: Die Betriebskostenabrechnungen erfüllten nicht die gesetzlichen Anforderungen, da sie nicht nachvollziehbar sind, heißt es da (Amtsgericht Tiergarten, Urteil vom 6. Juni 2007 – 5 C 124/07 -).
„Oft werden Rückstände nicht geltend gemacht, so dass erkleckliche Summen auflaufen und als Druckmittel schließlich Kündigungsandrohungen ausgesprochen werden“, weiß Rechtsanwalt Christoph Müller, der das Urteil erstritten hat. Rechtlich ist das unzulässig – es gibt keine Kündigungsmöglichkeit wegen strittiger Nachforderungen. „Die Mieter ziehen massenhaft aus, unser Vermieter hält es nicht einmal für nötig, Schreiben zu beantworten“, sagt Mietersprecher Hans Hartmann. Eine Mieterversammlung im Juli platzte denn auch aus allen Nähten. Leider haben viele Mieter die Nachforderungen bezahlt beziehungsweise der Abbuchung vom Konto nicht widersprochen. Ausziehenden Mietern wird der angebliche Rückstand einfach von der Kaution abgezogen.
Die „Schlange“ ist kein Einzelfall. Nach Angaben des Deutschen Mieterbundes (DMB) gibt es bundesweit Probleme mit diesem Vermieter. Mit rund 250.000 Wohnungen gilt die Deutsche Annington als größtes europäisches Wohnungsunternehmen. Offenbar geht es in dem zusammengekauften Konglomerat drunter und drüber – da weiß die eine Hand nicht, was die andere tut.
In einer Stellungnahme räumt die Sprecherin Katja Klemm Fehler ein. Grund dafür sei, dass man die größte Unternehmensintegration durchgeführt habe, die es auf dem deutschen Immobilienmarkt je gegeben hat. „Wenn zu spät abgerechnet worden ist, entsteht dem Mieter dadurch kein Schaden, denn Guthaben werden ausgezahlt und Nachzahlungen zu unseren Lasten ausgebucht.“ Damit gibt sie zwar die Rechtslage korrekt wieder, nicht aber die Praxis ihres Unternehmens.
Die Mieter der Schlange sind mit ihrer Geduld am Ende. Beim Berliner Mieterverein hält man eine Klage auf Erteilung einer ordnungsgemäßen Abrechnung jedoch nicht für sinnvoll. „Der Vermieter ist jetzt am Zug, er muss seine Ansprüche einklagen“, sagt Stefan Schetschorke.
Birgit Leiß
MieterMagazin 9/07
Betriebskostenabrechnungen unwirksam: Wohnobjekt „Schlange“ der Deutschen Annington
Foto: Christian Muhrbeck
26.10.2017