Stadtentwicklungssenator Michael Müller hat angekündigt, die Härtefallregelung für einkommensschwache Mieter im „Bündnis für soziale Wohnungspolitik“ zu verbessern. Die versprochene Hilfe ist aber vor allem ein Spiel mit den Zahlen und klingt großzügiger, als sie ist.
Einkommensschwache Mieter können bei den sechs städtischen Wohnungsversorgungsunternehmen im Falle einer Mieterhöhung verlangen, dass ihre Kaltmiete nicht mehr als 30 Prozent ihres Nettoeinkommens beträgt. Dies war einer der Bausteine des „Bündnisses für soziale Wohnungspolitik“, das Stadtentwicklungssenator Michael Müller mit den kommunalen Wohnungsversorgern vor zwei Jahren vereinbart hat. Der Kreis der theoretisch Berechtigten liegt bislang bei einem knappen Drittel der rund 300.000 Mieterhaushalte, die bei den städtischen Unternehmen wohnen.
Nun hat Stadtentwicklungssenator Müller angekündigt, diesen Kreis auszuweiten. Künftig soll nicht mehr wie bisher die Einkommensgrenze des Bundes für den Sozialen Wohnungsbau als Berechtigungsgrundlage gelten, sondern die Berlins, die 40 Prozent höher ist und beispielsweise für einen Einpersonenhaushalt bei 16.800 Euro brutto liegt. Dadurch wird der Kreis der Berechtigten auf 156.000 Haushalte anwachsen.
Auch die Wohnfläche, die einem möglichen Antragsteller Grenzen setzt (im Falle des Einpersonenhaushalts: 45 Quadratmeter) soll erweitert werden – 20 Prozent mehr sind in der neuen Regelung vorgesehen. Und schließlich soll in Gebäuden mit besonders hohem Energieverbrauch ein Berechtigter im Mieterhöhungsfall nicht maximal 30 Prozent seines Nettoeinkommens für die Kaltmiete zahlen müssen, sondern nur 27.
Was den Senat diese Neuerungen kosten werden, müssen nach Angaben von Daniela Augenstein, der Sprecherin von Stadtentwicklungssenator Michael Müller, die Wohnungsbaugesellschaften noch berechnen. Nach dem vom Senat vorgelegten „Bündnis-Bericht“ aus dem Jahr 2012/2013 hatten seinerzeit rund 1600 Mieterhaushalte einen Härtefallantrag gestellt. 600 davon wurden genehmigt, was bei den Unternehmen mit einem Einnahmeverlust von rund 140.000 Euro im Jahr verbunden war. Dieser Betrag ist marginal angesichts der bei Bündnis-Beginn erwarteten Aufwendungen.
Insgesamt waren „Bündniskosten“ in Höhe von 25 Millionen Euro jährlich erwartet worden, die aber nun bei Weitem nicht erzielt werden. Auch die 600 genehmigten Anträge fallen gegenüber dem Bestand von 286.000 Wohnungen nicht ins Gewicht. Dass sich mit der Neuregelung die Kosten erheblich mehren, ist nicht zu erwarten.
„Kosmetik“ nennt denn auch der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins (BMV), Reiner Wild, die geplanten Verbesserungen. Bei Abschluss des Bündnisses vor zwei Jahren hatte der BMV errechnet, dass ein Einpersonenhaushalt erst ab einer Kaltmiete von 6,50 Euro pro Quadratmeter, ein Vierpersonenhaushalt gar erst ab 8 Euro in den Genuss der Vergünstigung kommt. Diese Mieten liegen deutlich über den Mietspiegelwerten. Wild: „Um bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften als Härtefall zu gelten, muss man also erheblich mehr als der Durchschnitt der Berliner für die Miete ausgeben – das darf nicht sein.“
Kritik übt auch der wohnungspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus Andreas Otto. Es wurde zwar angekündigt, dass man den Mietern einen Wohnungstausch innerhalb der Wohnungsunternehmen erleichtern wolle, wie dieses bereits seit Längerem bestehende und bislang gescheiterte Vorhaben umgesetzt werden soll, bleibe weiter unklar. Auch die wohnungspolitische Sprecherin der Linken-Fraktion, Katrin Lompscher, rügt Unklarheiten. So biete die Formulierung „Gebäude mit besonders hohem Energieverbrauch“ viel Auslegungsspielraum. Mieterverein wie Opposition kritisieren, dass Müller die Bündnis-Regeln immer noch nicht sozial treffsicher ausgestaltet habe.
uh
07.07.2019