Pressemitteilung Nr. 02/06
BMV-Hauptgeschäftsführer Hartmann Vetter und sein Stellvertreter Reiner Wild präsentieren das Schwarzbuch Privatisierung“Wer nach den im Schwarzbuch Privatisierung des Berliner Mieterverein e.V. dokumentierten Erfahrungen weitere Verkäufe von städtischen Wohnungen und Wohnungsunternehmen betreibt bzw. zulässt, handelt gegen seine Amtspflichten und trägt zur weiteren Enteignung unsers Gemeinwesens an international agierende Finanzjongleure bei“, warnte der Hauptgeschäftsführer des Berliner Mieterverein e.V. Hartmann Vetter anlässlich der Vorstellung dieser Materialsammlung und forderte den Senat von Berlin auf, weitere Verkäufe öffentlicher Wohnungen zu unterlassen. Auch der Verkauf von Teilen der Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) habe zu unterbleiben, da dieser die WBM endgültig in den Ruin treiben würde.
I. Nun ist Schluss! Weitere Verkäufe darf es nicht geben!
Titelseite des Schwarzbuch PrivatisierungDer Berliner Mieterverein e.V. dokumentiert mit dem vorliegenden „Schwarzbuch Wohnungsprivatisierung“ die bereits heute erkennbaren Folgen der immer weiter fortschreitenden Privatisierung der Daseinsvorsorge für die Bürger und betroffenen Mieter. Es handelt sich um eine Chronik der schrittweisen Enteignung unseres Gemeinwesens.
Wer nach den Erfahrungen mit den Verkäufen von GSW, GEHAG, BEWAG, Wasserbetrieben und GASAG immer noch kundtut, dass sich mit dem Besitzwechsel nichts ändert, lediglich mehr Geld in die öffentlichen Kassen kommt, ist politisch grenzenlos naiv oder sagt wissentlich die Unwahrheit. Die im Schwarzbuch dokumentierten Fälle belegen dies nachdrücklich.
Wer hat das Sagen?
Während Parteien und Stadtentwicklungssenatorin („Mutter Courage der Wohnungsunternehmen“) sich verbal schützend vor die städtischen Unternehmen stellen, schreitet der vom Finanzsenator geforderte Ausverkauf weiter fort. Diese Rollenverteilung soll die Öffentlichkeit beruhigen. Sie wird durchschaut und muss endlich mit einer Rückbesinnung auf die Gestaltung von Wohnungspolitik beendet werden.
Der Privatisierung jetzt Einhalt gebieten
Bei den derzeitigen Verkäufen handelt es sich nur um die Spitze des Eisbergs einer auf uns zu rollenden Privatisierungswelle. Sie wurde unter anderem durch die Meldung von Analysten ausgelöst, die den deutschen Wohnungsbestand als im europäischen Vergleich als stark unterbewertet bezeichnet. Bundesrechtliche Rahmenbedingungen im Zusammenhang mit den so genannten börsenorientierten REITs-Unternehmen (Real Estate Investments Trusts) werden zusätzlich dafür sorgen, dass international agierende Trusts mit immens hohen Renditeerwartungen (bis zu 25 %) auftreten. Diese Trusts müssen 90 % ihrer Gewinne an die Anleger ausschütten und sind im Gegenzug von der Körperschaftssteuer befreit. Die Anleger – so das Kalkül unserer Bundespolitiker – müssen ihre Gewinne über die Einkommenssteuer an die Finanzämter abführen und sorgen so angeblich für hohe und rasche Mehreinnahmen. Der damit geschaffene Verwertungsdruck wird den Druck auf die Mieter und Miete weiter erhöhen.
Die bisherigen Erfahrungen stellen nur erste Eindrücke dar, da die Investoren sich angesichts der weiteren geplanten Ankäufe (es stehen bundesweit noch ca. eine Million öffentlicher Wohnungen zum Verkauf) zurückhalten und sich noch nach außen als „Mieterfreunde“ gerieren. Die wahren Absichten werden erst offenbart, wenn der Wohnungsmarkt abgegrast ist. Aber was bisher an den Tag gelegt wurde, reicht, um die Gefahren und Risiken für den Wohnungsmarkt und die Wohnungsversorgung in den Gemeinden und Städten beurteilen und voraussagen zu können.
Die Investoren haben schnelle und hohe Renditeerwartungen. Diese realisieren sie durch folgende Strategien, die sich unterschiedlich auswirken:
1. Ausschlachten der Unternehmen durch Weiterverkauf werthaltiger Teilbestände
2. maximale Mieterhöhungen
3. teure und z.T. unökonomische und unsinnige Modernisierungen
4. Unterdrucksetzung von Mietern, die ihre Wohnung nicht kaufen bzw. einer Modernisierung nicht zustimmen wollen
5. Betriebskostensteigerungen
6. Unterstützung von Mieterbeiräten wird eingeschränkt
7. rechtliche Schikanen
8. Beeinträchtigung stadtentwicklungspolitischer Ziele
9. Unterlassung bzw. Rückstellung notwendiger Instandhaltungen
10. Gefährdung vertraglicher Vereinbarungen mit Kommunen und karitativen Organisationen
11. Entlassung von Mitarbeitern und Schwächung der regionalen Wirtschaftsstruktur
II. Anmerkungen zu einer merkwürdigen politischen Sicht der Dinge
1. Angeblich heben Privatisierungen in wichtigen Bereichen öffentlicher Wirtschaft Monopolstellungen auf.
Tatsächlich handelt es sich lediglich um Monopolverschiebungen, in der Regel zu Gunsten bereits sektoral und/oder regional marktbeherrschender Konzerne. Sie schaffen auch keinen Wettbewerb zwischen lokalen Versorgungsgebieten, weil diese sich nicht ins Gehege kommen wollen.
2. Angeblich ist öffentlicher Besitz zur Absicherung wichtiger Bereiche der Daseinsvorsorge heute ein Anachronismus.
Tatsächlich sind öffentliche Unternehmen selbst aus Sicht der angestammten Ordnungspolitik gerade heute sinnvoll, weil sie sektoral die immer weiter wachsende Marktmacht von international agierenden Anlagefonds und Großkonzernen einschränken.
3. Privatisierungen sollen helfen, die öffentliche Verschuldung einzudämmen und Haushalte zu sanieren.
Privatisierung heißt aber unmittelbare Entreicherung der Bürger. Sie erhalten weniger öffentliche Leistungen für dieselben Steuerzahlungen. Für die Kommunen bedeutet sie mittel- und langfristig Verstärkung der öffentlichen Armut. Privatisierung ist deshalb zugleich Macht- und Gestaltungsverlust. Sie verstößt gegen den Auftrag, Städte als möglichst selbständige wirtschaftliche Einheiten zu führen.
4. Privatisierung – so heißt es – sorgt für mehr Effizienz.
Die meisten Effizienzvorteile werden durch Reduzierung des Personalbestandes erzielt. Der Verlust von Arbeitsplätzen belastet die öffentlichen Kassen direkt und indirekt. Gesamtwirtschaftlich sind Effizienzwirkungen nicht zu erkennen. Überprüfungen von kostenträchtigen Verträgen (z.B. Aufzugswartung) können zu einer Senkung der Betriebskosten führen und kommen den Mietern kurzfristig zu Gute, erhöhen aber gleichzeitig den Mieterhöhungsspielraum.
5. Angeblich werde durch eine Privatisierung die Rechtsstellung der Mieter nicht verschlechtert, im Gegenteil: durch vertragliche Bindung der Erwerber zu zusätzlichem Mieterschutz seien die Mieter besser geschützt.
Tatsächlich werden diese Zusicherungen oft nicht eingehalten oder deren Umsetzung nicht eingefordert. Auch gilt ein etwaiger zusätzlicher Schutz nur für Bestandsmieter und nicht bei Neuvermietungen. Bei einer durchschnittlichen Fluktuation von 10 % pro Jahr sind in zehn Jahren die Mietverhältnisse nur dem normalen Mietrecht unterworfen.
III. Falldokumentation
Die neuen Unternehmer sind auf „schnelles Geld“ und hohe Gewinne aus. Um diese zu erzielen, werden folgende Maßnahmen ergriffen:
1. Ausschlachten der Unternehmen durch Weiterverkauf werthaltiger Teilbestände
Fall: Im Jahre 2004 wurde eines der größten städtischen Wohnungsunternehmen, die traditionsreiche GSW (65.000 Wohnungen), an ein Konsortium von Whitehall-Fonds der Goldman-Sachs Investment-Bank und der Investmentgesellschaft Cerberus zum Preis von 405 Mio. Euro verkauft. Es folgt ein reger Handel mit Wohnanlagen („Wohnungen drehen“), 9.500 Wohneinheiten sollten bis Ende 2005 verkauft sein, bei einem Zukauf von 8.600 Wohneinheiten (Anlage 1). Bei der Weiterveräußerung werden die ursprünglichen Mieterschutzregelungen aus Anlass der Veräußerung an Cerberus/Goldman Sachs nicht mehr vollständig weitergegeben. Der nunmehr maßgebliche GSW-„Privatisierungskodex“ enthält keine Regelung mehr zur Beschränkung bei Modernisierung. Die GSW ist nicht mehr bereit, den Mietern die Mieterschutzregelungen als Anlage zum Mietvertrag zu unterbreiten (Anlage 2). Die privatisierte GSW veräußerte im Oktober 2004 rund 1.500 Wohnungen an die German Real Estate Opportunities GmbH, eine Tochter der Vivacon AG. Die wiederum modernisiert, vielfach gegen die Interessen der Mieter und veräußert an den Deutschen Privatisierungsfonds DWF 1. Für die nicht gewollte Modernisierung greift die Mieterschutzregelung aus der GSW-Privatisierung nicht, der Balkonanbau ist so nicht zu verhindern. Das Beispiel wird unter Punkt 3 näher erläutert.
Fall: Von den 34.910 Wohnungen der GEHAG vor Privatisierung an die RSE im November 1998 sind im Jahre 2004 noch 17.784 Wohnungen verblieben (Anlage 3). Inzwischen gehört die GEHAG Oaktree Capital Management.
2. Ausschöpfung des maximalen Mieterhöhungsspielraums
Fall: Die an die RSE veräußerte GEHAG wurde schon bald nach der Privatisierung durch Anteilsübernahme dem WCM-Konzern einverleibt. Im Jahre 2000 macht die privatisierte GEHAG Mieterhöhungen von 30 % geltend und liegt somit an der Oberkante des damals rechtlich zulässigen (Anlage 4).
Fall: Die an Cerberus/Goldman Sachs verkaufte GSW verschreckt im November rund 1.050 Mietparteien rund um die Spandauer Obstallee. Auf Grund des Subventionswegfalls im Sozialen Wohnungsbau will die privatisierte GSW den Differenzbetrag in Höhe von bis zu 3 Euro/qm/monatlich als Mieterhöhung geltend machen. Wegen des einsetzenden Mieterprotestes wird die Mieterhöhung bei 0,50 Euro/qm/monatlich geklappt – vorerst. Bis Ende Juni 2007 soll aber der Rest nachgeholt werden (Anlage 5). Nur wenige Wochen nach der Privatisierung hat die GSW in großen Teilen (z.B. Liegenschaft: Dahlemer Weg 2-10, Mörchinger Str. 22-26, Berliner Str. 106 – 114, Anlage 6) des freifinanzierten Bestandes Mieterhöhungen bis zu 20 % durchgesetzt, ebenfalls an der Oberkante der mietrechtlichen Zulässigkeit.
3. Teure und unsinnige Modernisierungen
Fall: Modernisierung der an die Vivacon AG verkauften 1500 GSW-Wohnungen in Schöneberg
Allein durch den Anbau von Balkonen soll in dem Wohngebiet die Miete um rund 50 Euro monatlich pro Wohnung angehoben werden. Hinzu kommen Modernisierungszuschläge für doppelt verglaste Fenster. Für eine Einzimmer-Wohnung, die bislang 180 Euro kostete, steigt die Miete dadurch auf 240 Euro. Also um ein Drittel (Anlage 7).
Fall: 438 Wohnungen in der Argentischen Allee in Zehlendorf, die bereits Gasetagenheizungen haben, sollen u.a. durch Fernwärme versorgt werden. Bei der geplanten Modernisierungsmaßnahme handelt es sich um ein umfangreiche Vorhaben (Bad, Fernwärme, Warmwasser, Gegensprechanlage, elektrische Steigeleitung), die zu einer Mieterhöhung von 1,53 Euro/qm monatlich führen soll. Dies stellt eine modernisierungsbedingte Mieterhöhung von 32 Prozent dar. Hinzu kommen noch die höheren Kosten für Heizung und Warmwasser, die im Gegensatz zur Gasetagenheizung bei der Fernwärme nur zum Teil zu beeinflussen sind. Die Mieter lehnen dieses Vorhaben daher ab. Das einst kommunale Berliner Wohnungsunternehmen GEHAG, das als erstes vom Senat verkauft wurde, war in den letzten Jahren mehrfach weiterveräußert worden. Jüngst hat die HSH Nordbank die Mehrheit an das Investmenthaus Oaktree Capital Management verkauft (Anlage 8).
Fall: Die an Cerberus/Goldman Sachs verkaufte GSW will die Wohnanlage „Grüne Stadt“ in Prenzlauer Berg umfangreich sanieren. So soll sich zum Beispiel für die 84 Wohnungen der Liegenschaft Rudolf-Schwarz-Str. 2-16, Werner-Kube-Str. 5 & 7 die Miete um 2,33 Euro/qm/monatlich erhöhen. Der Balkonanbau verteuert eine 53 qm große Wohnung noch einmal um 53,- Euro monatlich (Anlage 9). In der BVV Pankow steht zum Schutz der Mieter dieser Siedlung der Erlass einer Umstrukturierungssatzung gemäß § 172 BauGB zur Abstimmung.
4. Unterdrucksetzung von Mietern, die ihre Wohnung nicht kaufen bzw. einer Modernisierung nicht zustimmen wollen
Fall: Modernisierung und Einzelverkäufe nach Verkauf einer Bundesliegenschaft an Apellas
Die Mieter der so genannten Hüttenwegsiedlung sollen den Anbau von Aufzügen dulden und sollen hierfür eine Mieterhöhung von bis zu 200 Euro monatlich zahlen. Der private Investor versucht mit unseriösen Methoden die Mieter unter Druck zu setzen. Laut Kaufvertrag ist eine solche Maßnahme nur zur Herstellung von barrierefreiem Wohnen zulässig (Anlage 10).
Fall: Zur besseren Vermarktung von Wohnungen will die an Cerberus/Goldman Sachs verkaufte GSW-Tochter GVVG Wohnungen zusammenlegen. Dem betroffenen Mieter wird ein Umzug nahe gelegt (Anlage 11).
5. Betriebskostensteigerungen
Fall: „Besonderes Augenmerk legen wir auf die Reduzierung der Heiz- und Betriebskosten“ heißt es in der Eigenwerbung der WVB Wohnpark, der Wohnungsbaugesellschaft der Lone Star Funds in Berlin. Die Wirklichkeit sieht anders aus: Es wurde ein Fernwärmelieferungsvertrag (Liegenschaft: Schkeuditzer Straße 9-23, Torgauer Str. 22-32) geschlossen mit derzeit 11,1 Cent/kWh, ein Wärmepreis, der rund 50 % über dem BEWAG-Fernwärmepreis liegt.
Die WVB Wohnpark hat in den Jahren 2000 und 2002 von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Hellersdorf 5.500 Wohnungen und Gewerbeeinheiten erworben (Anlage 12)
Fall: Ähnlich sieht es bei einer Teil-Privatisierung der DEGEWO in Wedding (Liegenschaft: Dubliner Str. 10-26, Edinburger Str. 63-73, Glasgower Straße 11-15, Schöningstr. 20-21) aus. Mit dem Erwerber Contest Finanzdienstleistungen GmbH wurde ein Wärmelieferungsvertrag abgeschlossen, weil die Heizzentrale im verbliebenen DEGEWO-Teil liegt. Die Mietern wurden mit den erhöhten Wärmelieferungsentgelten belastet, Nachzahlungsforderungen von 200-400 Euro pro Mietpartei entstanden. Wegen rechtlicher Unzulässigkeit konnten diese Forderungen aber zurückgewiesen werden (Anlage 13).
6. Unterstützung von Mieterbeiräten wird eingeschränkt
Fall: Die an Cerberus/Goldman Sachs verkaufte GSW hat über viele Jahre Mietervertretungen und Mieterbeiräte insoweit unterstützt, als sie für deren Mietersprechstunde und Treffen Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. Diese Bereitschaft besteht offenbar nicht fort, wie das Beispiel der Liegenschaft: Lentzeallee 93-103, Gregor-Mendel-Str. 2-8, Milowstr. 2-12, Spilstr. 1,3 zeigt (Anlage 14).
7. rechtliche Schikanen
Fall: Die IWG Intergrund erwarb im Herbst 2004 von der Gesobau die so genannte Lentzesiedlung (Liegenschaft: Lentzeallee 16-74, Zoppoter Str. 64-86 und Misdroyer Str). Mit der so genannten Realteilung des Grundstücks soll die Kündigungssperrfrist bei Umwandlung in Eigentumswohnungen, die in diesem Fall bei 7 Jahren liegen würde, umgangen werden (Anlage 15).
Fall: Schon für die Eintreibung geringer Mietschulden will die an Cerberus/Goldman Sachs verkaufte GSW jetzt ein externes Inkassobüro beauftragen. (Anlage 16).
Fall: Die Ausgründung von Genossenschaften wird behindert, wie das Beispiel der Hufeisensiedlung in Britz zeigt. Alle bisherigen Erwerber der privatisierten GEHAG (RSE, WCM, HSH, Oaktree) waren nicht bereit, an eine aus der Mieterschaft gegründete Genossenschaft zu verkaufen, mit der das einmalige Ensemble von Bruno Taut sachgerechter hätte bewirtschaftet werden können (Anlage 17).
Weitere Auswirkungen der Privatisierung:
8. Beeinträchtigung stadtentwicklungspolitischer Ziele
Das Stadtumbaukonzept für den Bezirk Marzahn-Hellersdorf wurde maßgeblich beeinträchtigt durch die Privatisierung großer Wohnungsbestände. Das Ergebnis ist: Privatisierte Wohnungsbestände an der Stadtkante bzw. am Rande eines Siedlungsgebietes wurden modernisiert und waren angesichts privater Eigentümerschaft nicht mehr in Stadtumbau einzubeziehen. Abriss und Rückbau galt daher nur für die verbliebenen Bestände der städtischen Wohnungsunternehmen, mit der Folge, dass auch zentrale Lagen in S-Bahn-Nähe geschliffen wurden. Übrig bleibt ein stadtentwicklungspolitischer Torso. Ob und inwieweit sich die privatisierten Wohnungsunternehmen oder die neuen Eigentümer privatisierter Wohnanlagen in das Stadtentwicklungsprogramm Soziale Stadt einbinden lassen, ist sehr fraglich und ggfs. nur mit öffentlichen Mitteln zu erreichen.
9. Notwendige Instandhaltungen werden unterlassen bzw. zurückgestellt
Nach Aussagen von Mitarbeitern der an Cerberus/Goldman Sachs verkauften GSW werden die Mittel für Instandhaltung um ein Drittel gekürzt.
10. Vertragliche Vereinbarungen mit den Kommunen und karitativen Organisationen, die soziale Ziele verfolgen, sind bedroht.
Von dieser Problematik sind die Bezirksämter sowie karitative Organisationen besonders infolge der Veräußerung der GSW an Cerberus/Goldman Sachs betroffen. Für eine Bewertung ist es wegen meist längerer Laufzeiten der Vereinbarungen zu früh.
11. Entlassung von Mitarbeitern und Schwächung der regionalen Wirtschaftsstruktur
Bei der Privatisierung von ganzen Unternehmen GEHAG und GSW und der Veräußerung von Wohnanlagen ergeben sich unterschiedliche Konsequenzen:
Die Veräußerung von Wohnanlagen führt im Zusammenhang mit anderen geschäftspolitischen Entscheidungen (z.B. Outsourcing) vor allem zu einem Verlust bei von Arbeitsplätzen bei den veräußernden städtischen Wohnungsunternehmen. Da die Erwerber mit einem anderen Personalschlüssel die Wohnungen bewirtschaften, erfolgt grundsätzlich ein Beschäftigungsverlust in der Wohnungswirtschaft. In der Regel verschlechtert sich dadurch die Qualität der Dienstleistungen für die Mieter. Bei der Privatisierung der GEHAG wurde eine Garantie für bestehende Arbeitsverhältnisse vereinbart. Bei der GSW wurde nach Veräußerung an Cerberus/Goldman Sachs neben der Weiterveräußerung ein reger Zukauf von Wohnungen getätigt, sodass laut Senatsverwaltung für Stadtentwicklung negative Beschäftigungseffekte bislang nicht bestätigt sind.
Negative Beschäftigungseffekte ergeben sich für Berlin in angrenzenden Branchen (z.B. Bauwirtschaft), weil durch europaweite Ausschreibungen bei transnationalen Erwerbern die lokale mittelständische Wirtschaft nicht konkurrenzfähig sein wird.
Inforamtion zu den Anlagen:
Wegen des Umfangs der Anlagen werden diese nicht im Internet veröffentlicht. Diese Unterlagen können in der Hauptgeschäftsstelle des Berliner Mietervereins, Spichernstraße 1, 10777 Berlin eingesehen werden.
02.01.2014