Pressemitteilung Nr. 22/11
Viele Mieterhöhungen in Berlin stellen den Mietern eine Falle. Sie sind zwar meist formell korrekt, aber sie fordern eine Miete, die über der wirklichen ortsüblichen Miete liegt. Die Vermieter verlangen flächendeckend Mieterhöhungen, ohne die konkrete Wohnung mit Hilfe der Spanneneinordnung zum Mietspiegel individuell bewertet zu haben.
Hiergegen können Mieter sich wehren. Sie müssen nur selbst ihre Wohnung zutreffend innerhalb des Mietspiegels eingruppieren und die Spannenberechnung vornehmen. Auf keinen Fall sollten sie ohne Prüfung ihre Zustimmung erteilen. Denn an eine Zustimmung sind die Mieter auch dann gebunden, wenn sie an sich nicht zu ihr verpflichtet gewesen wären.
1. Rechtliche Situation
Nach der gesetzlichen Regelung der §§ 558 ff. BGB kann der Vermieter die vertraglich vereinbarte Grundmiete nicht nach Belieben erhöhen. Vielmehr muss er vorher die Zustimmung des Mieters einholen. Der Vermieter kann die Zustimmung zu einer Erhöhung der Grundmiete aber nur dann verlangen, wenn
1. die Einjahressperrfrist eingehalten,
2. die Kappungsgrenze beachtet,
3. das Mieterhöhungsverlangen begründet,
4. die allgemeine Form für Mieterhöhungen beachtet und
5. die ortsübliche Vergleichsmiete nicht überschritten
wird.
Willenserklärungen und Rechtshandlungen des Mieters sind bindend, ohne dass eine nachträgliche Korrektur möglich wäre. Zum Beispiel sind Zustimmungen zu Mieterhöhungsbegehren, die über die Kappungsgrenze oder über die ortsübliche Vergleichsmiete hinausgehen, uneingeschränkt wirksam. Es besteht grundsätzlich keine Möglichkeit der nachträglichen Korrektur.
Der wichtigste Rat in diesem Zusammenhang lautet daher:
Erst genau prüfen, bevor Willenserklärungen abgegeben oder Handlungen, zum Beispiel Zahlungen, vorgenommen werden.
2. Zahl und Qualität der Mieterhöhungen
In den Beratungsstellen des Berliner Mietervereins wurden seit Juni 2011 fast 5.000 Mieterhöhungen überprüft. Ein Drittel aller Beratungen fanden damit zu Mieterhöhungen statt, im „Normaljahr“ sind es 10 Prozent. Die Beratungsnachfrage zu den Mieterhöhungen ist mithin um mehr als das Dreifache gestiegen. Wir schließen daraus, dass binnen zwei Monaten seit Inkrafttreten des Mietspiegels 2011 bereits mehr als 100.000 Mieterhöhungen den Berliner Mietern zugestellt wurden.
Aus den 5.000 beim Mieterverein überprüften Mieterhöhungen ergab sich Folgendes:
- Bei rund einem Drittel aller Mieterhöhungsverlangen werden die rechtlichen Möglichkeiten voll ausgeschöpft. Dies bedeutet, dass 20 Prozent Mietsteigerung in drei Jahren – Kappungsgrenze – verlangt werden.
- Bei knapp einem Viertel aller Mieterhöhungen wird die ortsübliche Vergleichsmiete überschritten. Die Mieter haben hier der Mieterhöhung nur teilweise oder gar nicht zugestimmt.
- Durchschnittlich wurden 10,5 Prozent mehr Miete gegenüber den bisherigen Mieten gefordert.
- Bei 7 Prozent aller Mieterhöhungen wird der Oberwert des Mietspiegels überschritten.
- Bei etwa 40 Prozent aller überprüften Mieterhöhungen war der Mietvertrag in den letzten 5 Jahren abgeschlossen worden.
3. Forderungen des Mietervereins
Aus der aktuellen Mieterhöhungswelle und auch aufgrund bisheriger Erfahrungen ergeben sich folgende Forderungen des Berliner Mietervereins:
1. Das Mietrecht bietet für Wohnungsmärkte unter Anspannung, wie derzeit in Berlin, keinen hinreichenden Mieterschutz. Deshalb muss die Kappungsgrenze auf 15% in vier Jahren gesenkt werden und eine wirksame Beschränkung der Miethöhe bei Wiedervermietung auf 10% über der ortsüblichen Vergleichsmiete eingeführt werden.
2. Mieterhöhungen wegen Modernisierung und Energieeinsparung führen zu einem deutlichen Anstieg der ortsüblichen Vergleichmiete. Diese Kostenumlage ist aber systemfremd, muss entfallen und durch einen Anreiz zur Energieeinsparung ersetzt werden.
3. Der Berliner Mietspiegel muss so geändert werden, dass der Oberwert der Mietspiegelspanne nicht überschritten werden darf.
4. Der Berliner Senat muss den städtischen Wohnungsunternehmen konkretere Vorgaben machen und zumindest die Forderungen an den Bundesgesetzgeber (siehe 1.) als Auflagen in den Zielvereinbarungen festlegen.
Den Berliner Mietern empfiehlt der Mieterverein, trotz der im Mietspiegel abgebildeten Mieterhöhungsspielräume die Mieterhöhungsverlangen gründlich zu prüfen, denn wegen der folgenden Vermieterfehler bzw. Mietermissverständnisse kann die Mieterhöhung eventuell zurückgewiesen oder verringert werden.
Vermieterfehler und Mietermissverständnisse
12 Fälle von Vermieterfehlern und Mietermissverständnissen [PDF, 14 Seiten].
01.01.2014