Leitsätze:
Die Frist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB zur Abrechnung über die Vorauszahlungen für Betriebskosten wird mit einer formell ordnungsgemäßen Abrechnung gewahrt; auf die inhaltliche Richtigkeit kommt es für die Einhaltung der Frist nicht an.
Weicht der in der Abrechnung verwendete und angegebene Umlageschlüssel von dem im Mietvertrag vereinbarten ab, liegt ein inhaltlicher Fehler und kein formeller Mangel der Abrechnung vor.
Eine Korrektur des Fehlers zu Lasten des Mieters ist nach Ablauf der Abrechnungsfrist gemäß § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat den Fehler nicht zu vertreten.
BGH v. 17.11.2004 – VIII ZR 115/04 –
komplette Entscheidung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 9 Seiten]
Korrektur der Betriebskostenabrechnung
Von Frank Maciejewski
Spätestens zwölf Monate nach Ende der Abrechnungsperiode muss die Abrechnung beim Mieter sein. Versäumt der Vermieter diese Frist schuldhaft, ist er mit Nachforderungen aus der Abrechnung ausgeschlossen (§ 556 Abs. 3 Satz 2 und 3 BGB).
Fraglich war bislang, welche Anforderungen an eine „Abrechnung“ zu stellen sind, damit die Abrechnungsfrist gewahrt bleibt. Fraglich war weiterhin, ob – und wenn ja inwieweit – eine fehlerhafte Abrechnung nach Ablauf der Ausschlussfrist noch korrigiert werden kann. Hiermit hat sich der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 17.11.2004 befasst.
Zunächst hat der BGH festgestellt, dass es zur Fristwahrung nicht ausreicht, einfach eine Abrechnung genannte Zahlenzusammenstellung („Alibi-Abrechnung“) bis zum 31. Dezember dem Mieter zukommen zu lassen, die der Vermieter dann in Ruhe im nächsten Frühjahr nachbessert. Vielmehr werde die Frist zur Abrechnung über die Vorauszahlungen für Betriebskosten nur mit einer formell ordnungsgemäßen Abrechnung gewahrt. Jedoch: Eine formell ordnungsgemäße Abrechnung könne durchaus inhaltliche Fehler enthalten. Auf die inhaltliche Richtigkeit komme es für die Einhaltung der Frist nicht an. Damit liefert der BGH „Steine statt Brot“. Das Problem für die Praxis besteht nunmehr darin, jede Unstimmigkeit in der Abrechnung zu qualifizieren: Liegt ein formeller Fehler vor oder handelt es sich „nur“ um eine materielle Unrichtigkeit?
Nach der alten Grundsatzentscheidung des BGH vom 23.11.1981 (-VIII ZR 298/80 -, WM 82, 207; NJW 82, 573) muss die Abrechnung zu ihrer formalen Wirksamkeit (nur) folgende Mindestangaben enthalten:
- Zusammenstellung der Gesamtkosten,
- Angabe und Erläuterung des zu Grunde gelegten Verteilerschlüssels,
- Berechnung des Mieteranteils,
- Abzug der Vorauszahlungen des Mieters.
Der Bundesgerichtshof lässt in seiner aktuellen Entscheidung vom 17. November 2004 erkennen, dass er daran festhält und die Voraussetzungen für die formelle Wirksamkeit nicht zu hoch schrauben will. In dem zu entscheidenden Fall hatte der BGH einen falschen Umlagemaßstab zu beurteilen (Wohnfläche statt Miteigentumsanteile) und entschied: „Weicht der in der Abrechnung verwendete und angegebene Umlageschlüssel von dem im Mietvertrag vereinbarten ab, liegt ein inhaltlicher Fehler und kein formeller Mangel der Abrechnung vor.“ In Rechtsprechung und Literatur war bislang die gegenteilige Auffassung vorherrschend (vgl. Langenberg WM 03, 670; LG Potsdam WM 04, 670). Der BGH hat seine Auffassung aus dem Sinn und Zweck der Abrechnung hergeleitet, die den Mieter – damit er innerhalb der einjährigen Abrechnungsfrist Gewissheit darüber erlangen kann, ob und in welcher Höhe er mit einer Nachforderung des Vermieters rechnen muss – in die Lage versetzen soll, den Anspruch des Vermieters nachzuprüfen, also gedanklich und rechnerisch nachzuvollziehen. Für den durchschnittlich gebildeten, juristisch und betriebswirtschaftlich nicht geschulten Mieter, auf dessen Verständnis es ankommt, ist nach Ansicht des BGH bei einer Kontrolle der Abrechnung klar erkennbar, dass diese im Hinblick auf den verwendeten Umlageschlüssel einen inhaltlichen Fehler aufweist und der Korrektur bedarf. Nach Ansicht des BGH durfte im vorliegenden Fall der Vermieter deshalb die Abrechnung auch nach Ablauf der Ausschlussfrist korrigieren, indem er den tatsächlich vereinbarten zulässigen Umlagemaßstab ansetzte. Das Ergebnis dieser Korrektur führte zu einer noch höheren Nachbelastung des Mieters (statt ursprünglich 658,01 Euro Nachforderung nunmehr 694,14 Euro). Den höheren Betrag machte der Vermieter dann mit seiner Klage geltend.
Der Bundesgerichtshof hat diesen Anspruch jedoch verneint: „Eine Korrektur des Fehlers zu Lasten des Mieters ist nach Ablauf der Abrechnungsfrist gemäß § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat den Fehler nicht zu vertreten“ (was in der Regel nicht der Fall ist). Und weiter: „Der Ablauf der Abrechnungsfrist hat zur Folge, dass die Nachforderung nach einer erst später erfolgenden inhaltlichen Korrektur das Ergebnis der fristgemäß vorgelegten Abrechnung weder in den Einzelpositionen noch insgesamt überschreiten darf.“ Daraus ergibt sich, dass der Vermieter bei der Korrektur nicht saldieren darf. Ergibt beispielsweise die Korrektur bei einer Betriebskostenart eine Erhöhung der Nachforderung und bei einer weiteren eine Senkung, darf die Erhöhung nicht mit der Senkung verrechnet werden. Vielmehr ist die Senkung an den Mieter weiterzugeben. Auf die Weitergabe der Erhöhung der Nachforderung für die eine Betriebskostenart hat der Vermieter hingegen keinen Anspruch.
Der BGH sagt nichts dazu, wie lange sich der Vermieter mit der Korrektur des inhaltlichen Fehlers Zeit lassen kann. Da das Recht auf Korrektur verwirken kann (§ 242 BGB), muss der Vermieter nach Kenntnis des Fehlers – welche er beispielsweise auf Grund eines Mietereinspruchs erhält – baldmöglichst die Korrektur erstellen und dem Mieter zukommen lassen. Man wird einen Zugang der Korrektur innerhalb von maximal vier Wochen noch als rechtzeitig ansehen können.
Zusammenfassung:
- Eine formell unwirksame Abrechnung darf nur vor Ablauf der Ausschlussfrist durch Neuvornahme korrigiert werden. Gelingt dem Vermieter nicht die rechtzeitige Korrektur, hat er keinen Anspruch auf Zahlung des Nachforderungsbetrages. Eine formell unwirksame Abrechnung ist wie eine nicht zugegangene Abrechnung zu behandeln.
- Eine lediglich materiell fehlerhafte Abrechnung kann auch noch zeitnah nach Ablauf der Ausschlussfrist korrigiert werden. Hatte der Vermieter den Abrechnungsfehler zu vertreten, kann die Korrektur nicht zu einer höheren Nachbelastung führen, als sie mit der ursprünglichen Abrechnung geltend gemacht wurde. Eine Korrektur zu Gunsten des Mieters ist an diesen weiterzugeben.
- Die genaue Grenzlinie zwischen formellen und materiellen Fehlern zu ziehen wird Aufgabe der künftigen Rechtsprechung sein.
- Eine Korrektur – vor Ablauf der Ausschlussfrist – ist (nach allerdings umstrittener Ansicht) immer dann ausgeschlossen, wenn der Mieter zuvor das Abrechnungssaldo ausgeglichen hat (vgl. §§ 397, 782 BGB).
04.03.2013