Leitsatz:
Der eine fristlose Kündigung begründende Zahlungsverzug entfällt nicht wegen fehlenden Verschuldens des Mieters, wenn dieser bei Anwendung verkehrsüblicher Sorgfalt hätte erkennen können, dass die tatsächlichen Voraussetzungen des von ihm in Anspruch genommenen Minderungsrechts nicht bestehen (im Anschluss an BGH, Urteil vom 25. Oktober 2006 VIII ZR 102/06, NZM 2007, 35).
BGH v. 11.7.2012 – VIII ZR 138/11 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 10 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Die Mieter eines Einfamilienhauses in Bayern hatten die Miete wegen Schimmel und Kondenswasserbildung um 20 Prozent gemindert. Nachdem ein „Mietrückstand“ von zwei Monatsmieten aufgelaufen war, kündigte der Vermieter fristlos. Aus seiner Sicht war das Heiz- und Lüftungsverhalten der Mieter für die Mängel verantwortlich.
Ein vom Amtsgericht eingeholtes Sachverständigengutachten gab dem Vermieter Recht. Die Mieter wehrten sich gegen die Kündigung mit dem Argument, sie hätten über die Ursache des Mangels geirrt. Sie treffe kein Verschulden an der Nichtzahlung der Miete, weil die Ursache der Schimmelbildung unklar gewesen sei.
Der Bundesgerichtshof folgte dieser Argumentation nicht. Nach seiner Ansicht haben die Mieter die Nichtzahlung der Miete zu vertreten, wenn ihnen Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last fällt. Den Mietern musste sich – so der BGH – die Vermutung aufdrängen, dass das Vorhandensein von zwei Aquarien sowie eines Terrariums mit Schlangen eine die Schimmelbildung begünstigende höhere Luftfeuchtigkeit im gemieteten Haus bedingt und somit an das Lüftungsverhalten entsprechend höhere Anforderungen zu stellen waren.
Für eine mildere Haftung und damit eine Privilegierung des Mieters bestehe auch in den Fällen kein Anlass, in denen der Mieter die Ursache eines Mangels, hier der Schimmelpilzbildung, fehlerhaft einschätze. Der Mieter könne bei Zweifeln die Miete unter Vorbehalt zahlen, so dass ihm die Möglichkeit bleibe, eine gerichtliche Klärung seiner Rechte herbeizuführen, ohne dem Risiko einer fristlosen Kündigung ausgesetzt zu sein.
14.06.2017