Leitsatz:
Der Vermieter macht sich schadensersatzpflichtig, wenn er den Mieter nicht oder zu spät darüber informiert, dass dieser beim Bezirksamt eine Einkommensbescheinigung zu beantragen hat, damit er auch nach Ablauf der Grundförderung weitere fünf Jahre in den Genuss einer einkommensorientieren Zusatzförderung kommt.
AG Pankow/Weißensee vom 20.7.2015 – 4 C 94/15 –
Mitgeteilt von RAin Ute Malinowski
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Der Mietvertrag enthielt den Hinweis, dass die angemietete Wohnung vom Land Berlin subventioniert und der Förderungs- und Bindungszeitraum nach 15 Jahren endet. Der Mieter wurde darauf hingewiesen, dass eine einkommensorientierte Zusatzförderung erfolge. Diese Zusatzförderung verlängere sich nach Ablauf der Grundförderung für Einkommensbezieher von 100,01 bis 120 Prozent der Einkommensgrenze um 5 Jahre. Aufgrund seiner Einkommenssituation erhielt der Mieter eine Zusatzförderung in Höhe von 181,95 Euro monatlich.
Unter dem 21. Januar 2013 teilte die Hausverwaltung des Vermieters dem Mieter mit, dass der Förderungszeitraum am 28. Februar 2013 ende. Der Mieter wurde aufgefordert bis zum 15. Februar 2013 eine Berechtigung zur einkommensabhängigen Zusatzförderung vorzulegen, da ansonsten die vereinbarte Nettomiete in Höhe von 431,77 Euro in vollem Umfang zu zahlen sei. Am 30. Januar 2013 beantragte der Mieter bei dem Bezirksamt eine entsprechende Bescheinigung. Mit Bescheid des Bezirksamtes Pankow von Berlin vom 3. Juni 2013 bestätigte dieses, dass die maßgebliche Einkommensgrenze um 1,07 Prozent überstiegen werde. Dieses Schreiben übergab der Mieter an die für den Vermieter zuständige Hausverwaltung. Diese teilte ihm mit, dass die Bescheinigung nicht bis zum Ablauf des Grundförderzeitraums bei der IBB eingereicht wurde und damit die Gewährung der Zusatzförderung durch die IBB unmöglich geworden sei.
Der Mieter war der Ansicht, der Vermieter habe ihn rechtzeitig über den Beendigungszeitraum bezüglich der Grundförderung informieren müssen und verlangte – weil dies nicht geschehen war – Schadensersatz. Das Amtsgericht gab dem Mieter Recht.
Dem Mieter stehe ein Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB zu. Der Vermieter habe eine ihm obliegende Pflicht aus dem Mietverhältnis verletzt, nämlich den Mieter rechtzeitig darauf hinzuweisen, dass der Förderungszeitraum ablaufe und er die notwendigen Bescheinigungen zur einkommensabhängigen Zusatzförderung vorlegen müsse. Der mit der Investitionsbank Berlin geschlossene Fördervertrag sei ein echter Vertrag zugunsten Dritter. Aus diesem Vertrag sei der Vermieter verpflichtet, seine Mieter rechtzeitig darüber zu unterrichten, wann die Förderung auslaufe, damit die Mieter rechtzeitig entsprechende Einkommensnachweise vorlegen könnten. Diese Verpflichtung ergebe sich daraus, dass der Mieter in den Fördervertrag mit einbezogen wurde. Des Weiteren sei hier zu berücksichtigen, dass der Vermieter sichere Kenntnis von dem Ende des Förderungszeitraums habe. Dem Mieter lägen darüber keine Informationen vor. Der Mieter könne auch nicht darauf verwiesen werden, selbst bei der IBB oder den Beklagten
Auskünfte einzuholen. Da die Förderung über den Vermieter zu beantragen sei, müsste sich der Mieter bei der IBB keine Informationen beschaffen. Auch wäre der Mieter nicht gehalten, bei Beginn des Mietverhältnisses nachzufragen, wann die Förderung ende. Da der Vermieter Inhaber dieses Wissens war und ihn insoweit gewisse Sorgfaltspflichten gegenüber dem Mieter treffen, hätte er vielmehr rechtzeitig Mitteilung machen müssen. Dieser Mitteilungspflicht sei der Vermieter zu spät nachgekommen. Der Mieter habe zwar unverzüglich einen entsprechenden Einkommensnachweis beantragt. Der Bescheid vom 3. Juni 2013 konnte aber nicht mehr berücksichtigt werden, da zu diesem Zeitpunkt der Grundförderungszeitraum bereits abgelaufen war. Die Pflichtverletzung durch den Vermieter habe dazu geführt, dass der Mieter für die weiteren fünf Jahre keine einkommensabhängige Zusatzförderung erhielt.
Deshalb könne der Mieter im Wege des Schadensersatzes vom Vermieter verlangen, so gestellt zu werden, als wäre ihm bis zum Februar 2018 die aufgrund des geschlossenen Fördervertrags zu gewährende Förderung durch die IBB bewilligt worden.
Urteilstext
Tatbestand
Der Kläger ist aufgrund eines mit dem Rechtsvorgänger des Beklagten geschlossenen Mietvertrages Mieter einer im Hause V. in 1… Berlin gelegenen Wohnung. Das Mietverhältnis begann am 16. September 2005. Der monatliche Nettokaltmietzins betrug ursprünglich 421,09 € und erhöhte sich zum 16. Dezember 2006 auf 431,77 €. Die Anlage 2 zum Mietvertrag enthält den Hinweis, dass die angemietete Wohnung vom Land Berlin subventioniert und der Förderungs- und Bindungszeitraum nach 15 Jahren endet. Der Mieter wurde darauf hingewiesen, dass eine einkommensorientierte Zusatzförderung erfolge. Diese Zusatzförderung verlängere sich nach Ablauf der Grundförderung für Einkommensbezieher von 100,01% bis 120,00% der Einkommensgrenze um 5·Jahre. … Aufgrund seiner Einkommenssituation erhielt der Kläger eine Zusatzförderung in Höhe von 181,95 € monatlich.
Mit Schreiben vom 27. August 2009 teilte die Investitionsbank Berlin dem ehemaligen Zwangsverwalter der Wohnung mit, dass die Förderung am 28. Februar 2013 ende. Der Beklagte ist durch Eigentumserwerb in das Mietverhältnis eingetreten.
Unter dem 21. Januar 2013 teilte die Hausverwaltung des Beklagten dem Kläger mit, dass der Förderungszeitraum am 28. Februar 2013 ende. Der Beklagte wurde aufgefordert bis zum 15. Februar 2013 eine Berechtigung zur einkommensabhängigen Zusatzförderung vorzulegen, da ansonsten die vereinbarte Nettomiete in Höhe von 431,77 € in vollem Umfang zu zahlen sei. Am 30. Januar 2013 beantragte der Kläger bei dem Bezirksamt eine entsprechende Bescheinigung. Mit Bescheid des Bezirksamtes Pankow von Berlin vom 3. Juni 2013 bestätigt dieses, dass die maßgebliche Einkommensgrenze um 1,07 % überstiegen werde. Dieses Schreiben übergab der Kläger an die für den Beklagten zuständige Hausverwaltung. Diese teilte ihm mit, dass die Bescheinigung nicht bis zum Ablauf des Grundförderzeitraums bei der IBB eingereicht wurde und damit die Gewährung der Zusatzförderung durch die IBB unmöglich geworden sei.
Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagte habe ihn rechtzeitig über den Beendigungszeitraum bezüglich der Grundförderung informieren müssen.
Ursprünglich hat der Kläger beantragt,
- den Beklagten zu verurteilen ihn freizustellen bezüglich der ihm zustehenden Mietzinszahlungen in Höhe von 4.623,13 €, hilfsweise Schadensersatz an ihnen in Höhe von 4.623,13 € zuzüglich Zinsen aus jeweils 192,63 € seit dem 3.3.2013, 3.4.2013, 3.5.2013, 3.6.2013, 3.7.2013, 3.8.2013, 3.9.2013, 3.10.2013, 3.11.2013, 3.12.2013, 3.1.2014, 3.2.2014, 3.3.2014, 3.4.2014, 3.5.2014, 3.6.2014, 3.7.2014, 3.8.2014, 3.9.2014, 3.10.2014, 3.11.2014, 3.12.2014, 3.1.2015, 3.2.2015, 3.3.2015 zu zahlen.
- festzustellen, dass der Beklagte den Kläger zukünftig freizustellen hat, monatlich in Höhe von 192,62 € bezüglich des insoweit zu seinen Mietzinses, hilfsweise zukünftig monatlich Schadensersatz an den Kläger zu zahlen in Höhe von 192,63 € – bis einschließlich Februar 2018.
Hilfsweise festzustellen, dass der vom Kläger an den Beklagten monatlich zu zahlende Nettokaltmietzins seit 01.03.2013 monatlich 239,15 € beträgt und dem Beklagten die geforderte weitere Zahlung in Höhe von monatlich 192,62 € nicht zusteht- bis einschließlich Februar 2018.
Nachdem der Kläger diese Klageanträge für erledigt erklärt hat beantragt er nunmehr, festzustellen, dass der vom Kläger an den Beklagten monatlich zu zahlende Nettomietzins seit 01.03.2013 monatlich 239,15 € beträgt und dem Beklagten die geforderte weitere Zahlung in Höhe von monatlich 192,62 € nicht zusteht – bis einschließlich Februar 2018.
Der Beklagte widerspricht der Erledigungserklärung und beantragt, die Klage abzuweisen.
…
Entscheidungsgründe
Die Feststellungsklage ist zulässig. Ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 ZPO liegt vor, da der Beklagte·sich Mietzinsforderungen rühmt.
Die Feststellungsklage ist in dem im Tenor ausgesprochenen Umfang begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet und abzuweisen.
Dem Beklagten steht gegen den Kläger aus dem zwischen ihm bestehenden Mietverhältnis eine Nettokaltmiete in Höhe 249,82 € zu, denn der Kläger kann im Wege des Schadensersatzes von dem Beklagten verlangen so gestellt zu werden, als wäre ihm bis zum Februar 2018 die aufgrund des geschlossenen Fördervertrag zu gewährende Förderung durch die IBB bewilligt worden.
Dem Kläger steht dieser Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB zu. Der Beklagte hat eine ihm obliegende Pflicht aus dem Mietverhältnis verletzt, nämlich den Kläger rechtzeitig darauf hinzuweisen, dass der Förderungszeitraum abläuft und er die notwendigen Bescheinigungen zur einkommensabhängigen Zusatzförderung vorlegen muss. Der mit der Investitionsbank Berlin geschlossene Fördervertrag ist ein echter Vertrag zugunsten Dritter. Aus diesem Vertrag ist der Beklagte verpflichtet seine Mieter und damit auch den Kläger rechtzeitig·darüber zu unterrichten, wann die Förderung ausläuft, damit die Mieter rechtzeitig entsprechende Einkommensnachweise vorlegen können. Diese Verpflichtung ergibt sich daraus, dass der Kläger als Mieter in den Fördervertrag mit einbezogen wurde. Des weiteren ist hier zu berücksichtigen, dass der Beklagte sichere Kenntnis von dem Ende des Förderungszeitraums hat. Dem Mieter liegen darüber keine Informationen vor. Der Kläger kann auch nicht darauf verwiesen werden selbst bei der IBB oder den Beklagten Auskünfte einzuholen. Da die Förderung über den Beklagten zu beantragen ist, musste sich der Kläger bei der IBB keine Informationen beschaffen. Auch war der Kläger nicht gehalten bei Beginn des Mietverhältnisses nachzufragen, wann die Förderung endet. Da der Beklagte Inhaber dieses Wissens war und ihn insoweit gewisse Sorgfaltspflichten gegenüber dem Mieter treffen, hätte er vielmehr rechtzeitig Mitteilung machen müssen. Letztendlich ist der Beklagte dieser Mitteilungspflicht, wenn auch zu spät nachgekommen, da er den Kläger mit Schreiben vom 21. Januar 2013 zur Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung aufforderte, sollten die Voraussetzungen zur Förderung weiterhin vorliegen. Dieser Hinweis erfolgte zu spät. Der Kläger hat zwar unverzüglich einen entsprechenden Einkommensnachweis beantragt. Erst mit Bescheid vom 3. Juni 2013 bestätigte das Bezirksamt Pankow von Berlin, dass die maßgebliche Einkommensgrenze um 1,07 % überstiegen werde. Dieses Schreiben konnte nicht mehr berücksichtigt werden, da zu diesem Zeitpunkt der Grundförderungszeitraum bereits abgelaufen war.
Die Pflichtverletzung durch den Beklagten führte dazu, dass der Kläger für die weiteren 5 Jahre keine einkommensabhängige Zusatzförderung erhielt. Die Voraussetzungen für diese Zusatzförderung lagen vor, da entsprechend Anlage 2 zum Mietvertrag bei Einkommensbeziehern von 100,01 % bis 120,00 % der Einkommensgrenze eine Zusatzförderung um 5 Jahre erfolgt.
Entgegen der Ansicht des Klägers beträgt der geschuldete Nettokaltmietzins unter Berücksichtigung der Förderung jedoch 249,82 €. Ab dem 16.12.2006 belief sich der monatliche Nettokaltmietzins 431,77 €. Abzüglich der monatlichen Zusatzförderung in Höhe von 181,95 € ergibt sich ein Mietzins in Höhe von 249,82 € netto kalt. Dieser Mietzins ist bis Februar 2018, dem Ablauf des Förderungszeitraums, gegenüber dem Beklagten geschuldet. Die insoweit weitergehende Klage war abzuweisen.
Die Klage war abzuweisen, soweit der Kläger die Feststellung der Erledigung der ursprünglichen Klageanträge begehrt. Erledigung ist nicht eingetreten, da die ursprünglichen Klageanträge bei Rechtshängigkeit unbegründet waren. Soweit der Kläger einen Freistellungsanspruch geltend gemacht hat, stand dem Kläger kein Freistellungsanspruch zu. Eine Freistellung kann nur gegenüber Verbindlichkeiten Dritter, aber nicht von einer Verbindlichkeit gegenüber dem eigenen Vertragspartner verlangt werden. Nicht zuletzt fehlt es an einem erledigenden Ereignis, welches die ursprünglich zulässig und unbegründeten Klageanträge nach Rechtshängigkeit unzulässig oder unbegründet gemacht haben soll.
Die Kostenentscheidung folgt aus 92 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
19.02.2016