Es gibt wohl kaum ein schlimmeres Erlebnis im Mieterdasein als ein um sich greifendes Feuer im Haus oder in der eigenen Wohnung. Man hat Todesangst, kann sich und seine Angehörigen vielleicht in allerletzter Minute retten und muss dann häufig den Verlust des gesamten Hab und Guts verkraften. Viele Mieter sind nach einem solchen Schock wie gelähmt. Doch um seine Rechte geltend zu machen, muss man schnell handeln.
6456 Mal brannte es im Jahre 2014 in Berlin. Dabei starben 27 Menschen. Wenn die Wohnung durch Feuer oder – was viel häufiger vorkommt – durch das Löschwasser unbewohnbar geworden ist, steht man buchstäblich auf der Straße. Die drängendste Frage ist dann: Wo findet man ein Dach über dem Kopf? Grundsätzlich sind die Kommunen, sprich: die Bezirke, für solche Wohnungsnotfälle zuständig. Sie müssen die Unterbringung obdachlos gewordener Mieter organisieren. In einigen Bezirken klappt das ganz gut, andere drücken den Bewohnern allenfalls einen Berechtigungsschein für eine Notunterkunft in die Hand. Die meisten Mieter kommen erst einmal bei Verwandten oder Freunden unter.
Der Vermieter kann erst dann in die Pflicht genommen werden, wenn die Phase der Sanierung beginnt. Solange die Mängelbeseitigung läuft, muss er die Kosten der Unterbringung übernehmen, soweit sie die bisherige Miete übersteigen. Der Vermieter muss sich zwar nicht selber um Ersatzwohnraum für seine Mieter kümmern, aber er muss die Kosten für ein möbliertes Apartment oder ein Hotelzimmer übernehmen. „Man kann sich natürlich nicht im teuersten Hotel der Stadt einquartieren, die Kosten müssen im Rahmen bleiben“, erklärt der Leiter der Rechtsabteilung des Berliner Mietervereins (BMV), Stefan Schetschorke. Auch den Umzug muss der Vermieter im Rahmen der Aufwendungsersatzansprüche bezahlen.
Auf jeden Fall ist der Vermieter verpflichtet, die bei einem Brand beschädigte Wohnung wieder herzurichten – es sei denn, das Haus wurde komplett zerstört und kann nicht wieder aufgebaut werden. Allein in diesem Fall, der in der Praxis äußerst selten vorkommt, ist der Vermieter aus seiner Verpflichtung entlassen und der Mietvertrag gilt als beendet. In den anderen Fällen sollten sich betroffene Mieter aber über eines im Klaren sein: Es können viele Monate oder sogar Jahre vergehen, bis man wieder in seine Wohnung zurück kann. „Oft lässt sich auch die Versicherung des Vermieters Zeit mit der Regulierung oder sie gibt die Gelder nur in Teilbeträgen frei, so dass immer wieder auf den Weitergang der Arbeiten gewartet werden muss“, sagt Schetschorke. Beim derzeitigen Bauboom ist es zudem oft schwierig, Firmen zu bekommen. Auf der anderen Seite hat man beim BMV aber auch die Erfahrung gemacht, dass Vermieter eine solche Brandkatastrophe mitunter als Mittel zur Entmietung missbrauchen. Da wird die Sanierung endlos hinausgezögert, weil man gar nicht will, dass die Mieter zurückziehen. So war es auch bei einer Familie, die achtmal umziehen musste, weil ihre bei einem Brand beschädigte Mietwohnung einfach nicht fertig wurde. Immer wieder wurde ein neuer Rückzugstermin genannt. Am Ende wurde die Wohnung umgebaut und wesentlich teurer neuvermietet.
Wer kommt für den Schaden auf?
Grundsätzlich gilt: Der Vermieter muss den ursprünglichen, vertragsgemäßen Zustand wiederherstellen. Er darf keinen neuen Standard schaffen, beispielsweise indem er die Badewanne durch eine Dusche ersetzen lässt oder statt Doppelkastenfenster Isolierglasfenster einbaut.
Das häufigste Problem in Zusammenhang mit Wohnungsbränden ist die Frage der Schadensregulierung. Für Mieter ohne Hausratversicherung ist es ohne Übertreibung eine Katastrophe. Zum ideellen Verlust – oft sind Fotos oder andere persönliche Dinge unwiederbringlich verloren – kommt der materielle Schaden. Denn die Gebäudeversicherung des Vermieters muss nur für die Schäden am Gebäude inklusive Fenster, Türen und so weiter aufkommen. Alles was dem Mieter gehört, vom wertvollen Teppich über den neuen Flachbildschirm bis hin zur teuren Einbauküche, wird nicht ersetzt – es sei denn, den Vermieter trifft ein Verschulden. Dazu sollte man wissen, dass Hauseigentümer weder durch mietrechtliche noch durch öffentlich-rechtliche Vorschriften verpflichtet sind, in regelmäßigen Abständen beispielsweise die Gastherme zu überprüfen oder die elektrische Leitungenzu überprüfen. Gab es jedoch bereits entsprechende Vorfälle und hat der Vermieter trotz Mängelmeldungen die Elektrik nicht in Ordnung gebracht, kann der Mieter Schadensersatzansprüche geltend machen.
„Das Problem ist, dass bei den meisten Bränden die Ursache nicht eindeutig festgestellt werden kann“, sagt Rechtsberater Stefan Schetschorke. Ein Gutachten wird von der ermittelnden Polizei nur sehr selten in Auftrag gegeben. Sofern es keine Hinweise auf Brandstiftung gibt, wird die Sache zu den Akten gelegt. Auch bei dem verheerenden Brand in der Monumenten-, Ecke Hochkirchstraße, bei dem Anfang Februar dieses Jahres zwei Mieter starben, konnte die Ursache nicht geklärt werden. In Frage kommen sowohl ein technischer Defekt als auch eine umgekippte Kerze. Die Wohnungen im dritten und vierten Stock brannten komplett aus, die anderen wurden durch das Löschwasser unbewohnbar. Die Mieter hatten in diesem Fall Glück im Unglück. Aufmerksame Passanten hatten überall im Haus geklingelt, so dass sich die meisten Bewohner ins Freie retten konnten.
Verbrannte Belege
Ein weiteres Problem: Oft sind wichtige Dokumente verbrannt, vom Personalausweis über den Mietvertrag bis hin zu Rechnungen. „Da hat man dann eine Riesen-Rennerei, denn die Versicherungen wollen natürlich Belege sehen“, erklärt Schetschorke. Hausratversicherungen übernehmen in der Regel den Neuwert. Die Versicherung des Vermieters – sofern sie für die Begleichung überhaupt zuständig ist – meist nur den Zeitwert. Für einen fünf Jahre alten Computer bekommt man dann kaum etwas.
Was die wenigsten wissen: Eine Hausratversicherung kommt nicht nur für Möbel und Hausrat auf, sondern auch für entstandene Folgekosten. Und die können leicht in die Tausende gehen. So müssen sämtliche Gegenstände in der Wohnung, die mit dem giftigen Rauch kontaminiert sind, als Sondermüll fachgerecht entsorgt werden. Dafür ist der Mieter verantwortlich.
Einige Gebäudeversicherungen haben eine Klausel, wonach bei nicht-hausratversicherten Mietern der Schaden am Hausrat übernommen wird. Nachfragen lohnt sich. Dennoch: Eine private Hausratversicherung ist auf jeden Fall empfehlenswert.
Und was ist, wenn ein Mieter den Brand selber verschuldet hat? Der Bundesgerichtshof hat dazu unlängst in einem viel beachteten Urteil klargestellt: Sofern es sich nicht um grobe Fahrlässigkeit handelt und sofern der Mieter über die Betriebskosten die Gebäudeversicherung bezahlt, ist der Vermieter für die Schadensregulierung am Gebäude zuständig (BGH vom 19. November 2014 – VIII ZR 191/13). In dem konkreten Fall hatte die 12-jährige Tochter einen Wohnungsbrand ausgelöst, indem sie Öl in einem Kochtopf erhitzte und anschließend die Küche verließ. Der Vermieter weigerte sich, den Brandschaden zu beheben – zu Unrecht, wie der BGH entschied.
Die häufigsten Ursachen
Völlig anders sieht es aber aus, wenn ein Mieter betrunken mit brennender Zigarette eingeschlafen ist und dadurch einen Wohnungsbrand verursacht. In einem solchen Fall wäre der Mieter regresspflichtig, nicht nur gegenüber dem Vermieter, sondern auch gegenüber seinen Mitmietern.
Auch die Hausratversicherung wird in solchen Fällen in aller Regel nichts zahlen. Ob einfache oder grobe Fahrlässigkeit vorliegt, kommt auf die Umstände im Einzelfall an. Ebenfalls empfehlenswert ist eine Haftpflichtversicherung. Sie würde eintreten, wenn man Brandschäden in der Nachbarwohnung fahrlässig verursacht.
Das Allerwichtigste ist jedoch, alles zu tun, damit es gar nicht erst zu einem Brand kommt. Jedes Feuer fängt klein an. Oft genügt eine überhitzte Heizdecke oder der Adventskranz neben der Gardine, um einen verheerenden Hausbrand auszulösen. Ebenfalls ein Klassiker ist das vergessene Essen auf der Herdplatte. „Mieter sollten zudem darauf achten, dass im Treppenhaus kein Gerümpel abgestellt wird“, sagt die Sprecherin der Berliner Feuerwehr, Bianka Olm. Die Fluchtwege müssen frei bleiben, bei einer Rettung geht es oft um jede Minute. Gar nicht gern gesehen sind auch abgestellte Kinderwagen im Hausflur. Diese sind ein beliebtes Ziel von Brandstiftern. Auch von innen abgeschlossene Haustüren sind der Feuerwehr seit langem ein Dorn im Auge. „Wenn’s brennt, geraten viele Leute in Panik, da vergisst man schon mal den Schlüssel mitzunehmen, wenn man die Wohnung verlässt“, erklärt Olm. Baurechtliche Vorschriften gegen das Abschließen existieren nicht. Viele Eigentümer argumentieren für das Abschließen mit der Einbruchssicherheit, weiß die Sprecherin. „Wir empfehlen aber, die Haustür nachts nicht von innen abzuschließen, unseren Rettungskräften wird dadurch auch der Zugang erschwert.“
Bei der Berliner Feuerwehr wünscht man sich darüber hinaus vor allem zwei Dinge: Rauchmelder in jeder Wohnung sowie das richtige Verhalten im Brandfall. Rauchmelder sind mittlerweile ist fast allen Bundesländern vorgeschrieben. In der Hauptstadt lehnte man dagegen eine gesetzliche Verpflichtung lange Zeit als „zu bürokratisch“ ab und setzte auf den freiwilligen Einbau. Voraussichtlich Anfang 2016 soll die Landesbauordnung aber entsprechend geändert werden, heißt es bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Die lebensrettenden Geräte sollen dann in neu geschaffenen Wohnungen Pflicht werden. Für den Bestand soll es eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2020 geben.
Rauchmelder sind so wichtig, weil 95 Prozent der Brandopfer nicht durch die Flammen sterben, sondern durch giftige Rauchgase, oft im Schlaf. Die Geräte gibt es schon für wenige Euro, allerdings sollte man unbedingt auf das VdS („Vertrauen durch Sicherheit“)-Prüfsiegel achten.
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Wenn der Ableser nicht mehr klingelt
Was das richtige Verhalten im Brandfall betrifft, gibt es zwei wichtige Grundregeln: Wenn es in der eigenen Wohnung brennt, sollte man unter 112 die Feuerwehr alarmieren und dann umgehend die Wohnung verlassen – und zwar, ohne die Fenster zu öffnen. Offene Fenster führen dem Feuer Sauerstoff zu und fachen es zusätzlich an. Brennt es dagegen im Haus oder zieht Rauch durchs Treppenhaus, sollte man in der Wohnung bleiben und die Tür schließen, damit der giftige Rauch nicht in die Wohnung zieht. „Leider gibt es immer wieder Tote, weil die Bewohner versuchen, sich durch das verrauchte Treppenhaus zu retten“, sagt Bianka Olm. Die Gefahr durch das Kohlenmonoxid im Rauch werde unterschätzt. Zudem heizt der Kamineffekt das Feuer zusätzlich an, wenn die Türen aufgerissen werden. Auch wenn es in einer solchen Situation schwer fällt: Ruhe bewahren und am Fenster oder auf dem Balkon auf das Eintreffen der Feuerwehr warten!
Birgit Leiß
Risiko-Check für Senioren
Ältere Menschen sind bei Wohnungsbränden besonders gefährdet. Laut Statistischem Bundesamt sind 61 Prozent der Brandtoten über 60 Jahre alt. Mit einem neuen Service will das Forum Brandrauchprävention e.V. deshalb älteren Menschen und ihren Angehörigen helfen, das individuelle Gefährdungsrisiko für Wohnungsbrände zu minimieren. Eine Checkliste, gegliedert in vier Fragenkomplexe, soll helfen, den persönlichen Gesundheitszustand, die Lebenssituation und die Wohnsituation objektiv einzuschätzen. Eingeschränkte Wahrnehmung oder Mobilität erhöhen ebenso das Risiko einer Brandentstehung wie Elektroherde ohne automatische Abschaltfunktion, Gasherde ohne Zündsicherung und fehlende Rauchwarnmelder. Da ein Drittel der Wohnungsbrände aufgrund elektrischer Defekte entstehen, wird in der Checkliste auch nach schadhaften Elektrogeräten, in die Schrankwand eingebauten Fernsehgeräten, Verlängerungskabeln und so weiter gefragt. Im vierten Punkt wird die Beschaffenheit der Fluchtwege untersucht. Die Auswertung erfolgt nach dem Ausfüllen anhand eines einfachen Ampelsystems. Zeigt die Ampel auf „rot“, besteht ein erhöhtes Gefährdungsrisiko und es werden konkrete Handlungsanweisungen zur Verringerung des individuellen Brandrisikos gegeben.
rb
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Wie man Wohnungsbrände vermeidet
Technische Defekte und der fahrlässige Umgang mit offenem Feuer sind die häufigsten Ursachen für Haushaltsbrände. Um Gefahrenquellen auszuschalten, sollte man folgende Tipps beherzigen:
- Niemals im Bett rauchen.
- Öle oder Fette niemals unbeaufsichtigt in Pfannen oder Kochtöpfen erhitzen. Brennendes Fett nie mit Wasser löschen – das gibt eine Fettexplosion – sondern mit einer Decke oder einem Pfannen- oder Topfdeckel ersticken.
- Keine Handtücher, Holzbrettchen, Wasserkocher oder andere brennbare Gegenstände auf die Herdplatte oder neben den Herd legen.
- Brennende Kerzen nicht aus den Augen lassen, insbesondere, wenn Haustiere oder Kinder im Raum sind. Auf ausreichenden Abstand zu Gardinen oder Polstergarnitur achten. Vorsicht auch bei Kamin- oder Kachelöfen!
- Keine leicht brennbaren Flüssigkeiten wie Benzin, Farben, Verdünner und so weiter in der Wohnung oder im Hausflur lagern.
- Defekte Elektrogeräte können sich stark erwärmen und erzeugen bei einem Kurzschluss Funken. Daher nur betriebssichere Geräte mit intakten Kabeln verwenden. Reparaturen ausschließlich vom Fachbetrieb durchführen lassen.
- Besondere Vorsicht ist bei Bügeleisen, Kaffeemaschinen oder anderen wärmeerzeugenden Geräten geboten. Diese Geräte niemals unbeaufsichtigt lassen, auch nicht für einen kurzen Moment. Bei Flammenbildung: als erstes den Stecker ziehen!
- Bei der Benutzung von Heizstrahlern auf ausreichenden Abstand zu Gardinen, Bettdecken, oder anderen brennbaren Materialien achten. Keine Wäsche zum Trocknen auf das Heizgerät legen.
- Fettfilter der Dunstabzugshaube regelmäßig auswechseln. Sind sie vollgesogen, genügt ein kleiner Funke, beispielsweise durch die Gasflamme, um sie in Brand zu stecken.
- Elektrische Geräte wie Fernseher, Computer oder Stereoanlage stets stromlos schalten und nicht im Stand-By-Betrieb lassen.
- Mehrfachsteckdosen nicht durch zu viele Geräte überlasten.
bl
Weitere Tipps zur Prävention unter
Brandrisiko Polystyrol-Dämmung?
Seit einigen Jahren tobt eine heftige Debatte über das Brandrisiko von Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) aus Polystyrol. Vom „Sicherheitsrisiko Nummer 1“ sprechen einige Fachleute. Sie warnen davor, dass mit Styropor (so der gebräuchliche Name von Polystyrol) gedämmte Fassaden bei einem Brand zur tödlichen Falle werden können. Weil der Kunststoffschaum zu 90 Prozent aus Erdöl besteht, bildet sich bei einer Erhitzung über 130 Grad eine tropfende Flüssigkeit, die die Fassade herunterläuft und eine Rettung erheblich erschwert. Die besonderen Brenneigenschaften begünstigen zudem, dass sich ein ursprünglich räumlich begrenzter Brand schnell über sämtliche Stockwerke ausbreitet. Zum Beweis wird immer wieder ein Vorfall in Pankow aus dem Jahre 2005 ins Feld geführt. Dort hatte sich in einer Wohnung ein Fernseher entzündet. Durch die geborstenen Fensterscheiben griff das Feuer in Windeseile auf die WDVS-Fassade über. Die gesamte Fassade fing Feuer. Zwei Menschen starben, die anderen Bewohner konnten in allerletzter Minute gerettet werden. Die Industrieverbände sprechen dagegen von Panikmache. Der bei Wärmedämmung verwendete Polystyrol-Hartschaum ist schwer entflammbar. Die vorgeschriebenen Brandriegel in jedem zweiten Geschoss verhindern zudem, dass sich ein Wohnungsbrand von einer Etage in die nächste ausbreitet.
Doch der Beschluss der Bauministerkonferenz vom Juni 2015 bestätigt nun erstmals auch offiziell die Brandgefahr. Eine von den Bauministern eingesetzte unabhängige Expertenkommission führte unter anderem Tests mit einem Brandherd außerhalb des Gebäudes durch. Die Ergebnisse sind alarmierend: Bereits nach 13 Minuten öffnete sich die Putzhaut des WDVS, die Fassade fing an zu brennen. Die Tests zeigten jedoch auch: Ein zusätzlicher Brandriegel im Sockelbereich könnte das verhindern.
Beschlossen wurde daher eine Verschärfung der Brandschutzregelungen. Für Gebäude ab sieben Metern Höhe sollen zusätzliche Brandriegel aus nicht brennbaren Materialien Vorschrift werden. Die genauen Regelungen sollen voraussichtlich im Oktober 2015 festgelegt werden. Für bereits gedämmte Fassaden ist jedoch keine Nachrüstung vorgesehen. Stattdessen hat die Bauministerkonferenz ein Merkblatt für Eigentümer herausgegeben, in dem unter anderem empfohlen wird, bei der Lagerung brennbarer Materialien einen Mindestabstand von drei Metern einzuhalten. Müllcontainer direkt am Gebäude sollten zudem mit einem Stahl- oder Betongehäuse verkleidet werden.
Die größte Gefahr droht, wenn schon bei der Bauausführung schlampig gearbeitet wird. Das zeigt auch das Beispiel aus Pankow. Nach Darstellung des Deutschen Instituts für Bautechnik soll es sich hier um eine WDVS-Ausführung mit Holzspanplatten gehandelt haben. Dafür lag zwar eine Ausnahmegenehmigung vor. Doch die vorgeschriebenen Brandriegel seien nicht ordnungsgemäß angebracht gewesen. Nicht das Polystyrol, sondern die Spanplatten hätten den Brand erheblich beschleunigt.
bl
06.06.2018