Ein schrecklicher Unfall kurz vor Weihnachten heizte die Debatte um die Sicherheit von Aufzügen neu an. Beim Versuch, einen Fahrstuhl eigenmächtig zu reparieren, verunglückte ein 67-jähriger Zahnarzt in einem Charlottenburger Wohnhaus tödlich. Ein halbes Jahr zuvor hatte ein Test des Verbandes der Technischen Überwachungsvereine (VdTÜV) für Aufregung gesorgt. Demnach hat jeder zweite Fahrstuhl in Deutschland technische Mängel.
Der 67-Jährige hatte es nur gut gemeint. Bereits einige Stunden vor dem Unfall war die äußere Glasscheibe der Fahrstuhlkabine zu Bruch gegangen, der Lift hatte daher nicht mehr funktioniert. Um ihn wieder in Gang zu bringen, griff der pensionierte Zahnarzt durch das Glas hindurch und drückte die Knöpfe. Als sich der Aufzug daraufhin in Bewegung setzte, konnte er seinen Kopf nicht mehr rechtzeitig zurückziehen und zog sich dabei tödliche Verletzungen zu.
Unfälle mit Fahrstühlen kommen nach Angaben des Landesamtes für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin (LAGetSi) äußerst selten vor. In Berlins oberster Aufsichtsbehörde für Personenaufzüge spricht man vom „sichersten Verkehrsmittel der Welt“. Bei den vom TÜV festgestellten Mängeln handelt es sich zu 90 Prozent um geringfügige, nicht sicherheitsrelevante Fehler. „Ursache bei fast allen Unglücksfällen ist nicht ein technischer Defekt, sondern menschliches Fehlverhalten“, erklärt der Sprecher des LAGetSi, Robert Rath: „Die allerwichtigste Regel ist: unter keinen Umständen im Do-It-Yourself-Verfahren versuchen, den Fahrstuhl in Gang zu bringen.“
Jeder Lift muss in regelmäßigen Abständen vom TÜV oder einer privaten, amtlich zugelassenen Überprüfungsstelle kontrolliert werden. Vorgeschrieben ist eine Überprüfung alle zwei Jahre sowie eine Zwischenprüfung. Darüber hinaus muss der Betreiber – also der Hauseigentümer oder Vermieter – eine Wartungsfirma beauftragen. Werden Mängel festgestellt, müssen sie repariert werden. Bei gravierenden Mängeln oder wenn der Betreiber untätig bleibt, muss das LAGetSi informiert werden. Die Behörde kann die Stilllegung anordnen oder Bußgelder verhängen, wenn Mängel nicht in Ordnung gebracht werden.
Nur keine Panik
Die Angst, im Aufzug steckenzubleiben, ist allerdings nicht unberechtigt. Wie sollte man sich in einer solchen Situation verhalten? „Keinesfalls an den Türen zerren oder sonstwie tätig werden, sondern die Notruftaste drücken und warten, bis Hilfe kommt“, so Rath. Jeder Fahrstuhl ist mit einer Notrufeinrichtung ausgestattet. Sie wird ebenfalls regelmäßig vom TÜV kontrolliert. Wer in Panik gerät oder unter Klaustrophobie leidet, kann zusätzlich vom Handy aus die Feuerwehr alarmieren. Dann ist auf jeden Fall innerhalb von 15 bis 20 Minuten jemand da. Sich selbst zu befreien, indem man über die Kabine in den Aufzugsschacht klettert, führt nach Angaben des LAGetSi-Mitarbeiters nur in Hollywood-Filmen zum Erfolg. Überdies ist es äußerst gefährlich. Zuletzt verletzte sich 1998 ein Mann in Steglitz schwer, als er aus der Aufzugskabine kletterte und dabei zehn Meter in die Tiefe stürzte.
Mit dem fahrenden Aufzug in die Tiefe zu stürzen – eine Horrorvorstellung vieler Menschen – ist praktisch ausgeschlossen. „Verschiedene Fangvorrichtungen verhindern den freien Fall“, erläutert Robert Roth vom LAGetSi. Dennoch passieren immer wieder Stürze in den Aufzugsschacht, meist bei noch im Bau befindlichen Anlagen oder weil Wartende versuchen, die Türen von außen gewaltsam zu öffnen.
Völlig ausgeschlossen sind Unfälle aufgrund technischer Defekte aber nicht. Eine Mutter aus Ahlen wollte mit ihren Kindern gerade aussteigen, als sich der Aufzug plötzlich in Bewegung setzte. Als Ursache wurde ein Wackelkontakt ermittelt.
Birgit Leiß
MieterMagazin 1+2/12
Nicht jeder Nutzer hat Vertrauen in das sicherste Verkehrsmittel der Welt
Foto: Christian Muhrbeck
LAGetSi
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E-Mail: post@lagetsi.berlin.de
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Ein Aufzug muss funktionieren
Ärger mit nicht funktionierenden oder ständig steckenbleibenden Aufzügen ist für viele Mieter nerviger Alltag. Erster Ansprechpartner ist immer der Vermieter, er muss den Fahrstuhl unverzüglich in Ordnung bringen. Wenn er nichts unternimmt, kann man sich auch direkt an das LAGetSi wenden. Ein defekter Fahrstuhl berechtigt zur Mietminderung, die Höhe hängt von den Umständen ab und sollte immer mit dem Rechtsberater des Berliner Mietervereins besprochen werden. Vor allem älteren oder gesundheitlich beeinträchtigten Mietern muss der Vermieter unter Umständen auch den Lieferdienst oder ähnliches bezahlen.
bl
31.03.2013