Der Pharma-Konzern Bayer will ein Wohnhaus im Wedding zur Erweiterung der Firmenzentrale abreißen. Für die fünf Mietparteien, die sich der Kündigung nicht beugen, wird es ungemütlich.
Im Herbst 2010 hatte die Bayer HealthCare, vormals Bayer Schering, allen 20 Mietparteien des Altbaus Fennstraße 35-37/Am Nordhafen 1 gekündigt. Das Haus solle abgerissen werden, damit an seiner Stelle ein neues Verwaltungsgebäude mit Mitarbeiterrestaurant und Konferenzzentrum entstehen kann. Ein Jahr später legte der Konzern seine Neubaupläne jedoch für unbestimmte Zeit auf Eis. Trotzdem will Bayer weiterhin das Wohnhaus beseitigen und die Kündigungen durchsetzen.
Die Mieter werden nun nicht mehr nur juristisch, sondern auch auf rabiatere Weise bearbeitet. In den beiden bereits leergezogenen Aufgängen in der Fennstraße wurde ohne Rücksicht auf die Nachbarn lautstark entrümpelt. Arbeiter haben Fußbodenplatten und Bretter herausgerissen und aus den oberen Stockwerken in den Hof geworfen. Sogar ein Kühlschrank flog durchs Fenster. Eine ordnungsgemäße Entsorgung von FCKW-haltigen Geräten, wie man sie von einem Chemiekonzern erwarten dürfte, sieht anders aus.
Auch im Aufgang Am Nordhafen 1, wo die fünf standhaften Mietparteien wohnen, sind in den leer stehenden Wohnungen schon Bautrupps zu Werke gegangen. Eine Mieterin befürchtete schon, dass das Haus einstürzen könnte, so sehr hätten die Wände gewackelt, als über ihrer Wohnung die Arbeiter polterten. „Nach entsprechenden Beschwerden der Mieter ist die Entrümpelungsfirma von der Hausverwaltung aufgefordert worden, sorgsamer und leiser vorzugehen“, erklärt Bayer-Sprecherin Ulrike Schröder. Dies sei bereits im August 2011 geschehen. Die Mieter berichten aber, dass die Entrümpelung bis in den Dezember andauerte.
Die Mieter wollen den Widrigkeiten aber weiter trotzen. Ihre Sprecherin Gülay Bulcun stellt klar: „Wir bleiben hier wohnen.“
Jens Sethmann
MieterMagazin 3/12
Bei den letzten Bayer-Mietern in der Fennstraße wackelten ordentlich die Wände
Foto: Sabine Münch
19.03.2013