Mietrechtsanwalt Müller* aus Berlin stritt mit der Hausverwaltung Meier** aus Magdeburg über eine Heizkostenabrechnung. Müller forderte Erläuterungen zu einzelnen Abrechnungsposten, zum Beispiel, „ob der Fahrstuhl mit Betriebsstrom gespeist wird“. Meiers Antwort: „Ohne unhöflich zu sein: Was meinen Sie? Einen manuellen Aufzug gibt es nicht …“ So weit, so gut. Doch dann schob der Hausverwalter in seinem Schreiben noch den Satz hinterher: „Und einen Neger haben wir auch nicht.“
Müller, nicht nur bekannt für Engagement, wo Mietern Unrecht droht, sondern auch ein aufrechter Streiter, wenn er Ressentiments und Diskriminierung am Werke sieht, war klar: Diese sprachliche Entgleisung wird er Meier nicht durchgehen lassen.
Bei seiner Grundlagenrecherche dann die erstaunliche Erkenntnis, dass ein Oberlandesgericht der obersten Instanz deutscher Sprachpflege, dem „Duden“, voraus ist. In dem Rechtschreibewerk heißt es unter „Neger“ erklärend: „1. Person von (sehr) dunkler Hautfarbe.“ Und unter Punkt 4.a.: „(salopp:) jemand, der für bestimmte Dienste von anderen ausgenutzt wird.“ Aha. Salopp. Weiter nix?
Aber ja doch. Das Oberlandesgericht Köln hatte im Rahmen eines zu verhandelnden Diskriminierungsvorwurfs das Wort „Neger“ unter die Lupe zu nehmen. Ergebnis der richterlichen Wortbeschau: Die Bezeichnung einer Person als Neger sei „nach inzwischen gefestigtem allgemeinen Sprachverständnis eindeutig diskriminierend und verletzt den Betroffenen“.
Einen Betroffenen gab es im Streitfall Müller/Meier zwar nicht. Dennoch erreichte Müller, dass Meier sich in seinem nächsten Schreiben an das Gericht, vor dem der Betriebskostenstreit mittlerweile angekommen war, „für die Formulierung“ entschuldigte.
Der wackere Müller kann nun für sich in Anspruch nehmen, neben einem Organ der Rechtspflege auch ein solches der Sprachpflege zu sein. Und da ist noch einiges zu tun. Unter Punkt 3 vermerkt der Duden in Sachen Neger: „Fernsehjargon: Tafel, von der ein Schauspieler oder Sänger seinen Text ablesen kann.“
Udo Hildenstab
** Name von der Redaktion nicht geändert
* Name von der Redaktion geändert
Quellen:
Urteil des Landgerichts Köln vom 19. Januar 2010 – 24 U 51/09;
www.duden.de, Suche: Neger
MieterMagazin 4/12
19.03.2013