Die Privatisierung öffentlichen Tafelsilbers geht munter weiter. Jetzt steht die Treuhandliegenschaftsgesellschaft (TLG) Wohnen mit rund 11.500 bundeseigenen Wohnungen an 40 Standorten zum Verkauf.
Nach der Bundeshaushaltsordnung ist kein „wichtiges Bundesinteresse“ am Halten der Wohnungsbestände mehr gegeben, eine Privatisierung sei deshalb zwingend vorgeschrieben. Ende des Jahres soll die Privatisierung des Bestandes abgeschlossen sein. Erhoffter Erlös: Um die 570 Millionen Euro. Der Bestand der rund 11.500 Wohneinheiten soll en bloc verkauft werden. Das Unternehmen in eine bundeseigene Wohnungsgesellschaft umzuwandeln, mache aufgrund des vergleichsweise geringen Bestandes und der Verteilung über alle ostdeutschen Bundesländer keinen Sinn – so die Bundesregierung.
Politiker der Linken haben im April 2012 die Genossenschaft „Fair Wohnen“ gegründet, um sich am Bieterverfahren um die TLG Wohnen beteiligen zu können. Die Mieter, aber auch andere Bürger, können Anteile zeichnen. Man hofft, auf diese Weise möglichst viel Eigenkapital zusammenzubekommen. Aber die Chancen dieser Genossenschaft sind angesichts des Kaufpreises gering.
Die SPD-Bundestagsfraktion fordert nach wie vor einen kleinteiligen Verkauf der Bestände, zum Beispiel an kommunale Wohnungsunternehmen, um „den Einfluss der öffentlichen Hand zu sichern“.
Daran scheint der Bund indes kein Interesse zu haben – er hält am Verkauf der TLG Wohnen als Ganzes fest. Offensichtlich gibt es auch genügend Interessenten für einen Komplettverkauf.
Der Deutsche Mieterbund, der sich gleichfalls gegen den Verkauf an einen privaten Investor ausgesprochen hatte, fordert nun, zumindest entsprechende Schutzrechte in den Mietverträgen zu vereinbaren, die auch bei einem Weiterverkauf der Wohnungen gültig bleiben. DMB-Direktor Lukas Siebenkotten: „Regelungen in Kaufverträgen mit Finanzinvestoren bieten keinen Schutz und sind nichts anderes als Beruhigungspillen für die Betroffenen und die Öffentlichkeit.“
Rainer Bratfisch
MieterMagazin 6/12
TLG-Immobilie in der Max-Beer-Straße in Berlin-Mitte
Foto: Sabine Münch
19.03.2013