Wer ständig seinen Kinderwagen oder den Rollator eines Familienmitglieds oder Nachbarn mehrere Treppen hochträgt, weil im Flur keine sichere Abstellmöglichkeit vorhanden oder ganz einfach kein Platz ist, hat sich bestimmt schon mal eine Art Minigarage zur sicheren Unterbringung des Gefährts gewünscht. Die Lösung: eine verschließbare Box im unmittelbaren Wohnumfeld.
Als Madeleine und Volker M. im Oktober 2011 in eine größere Wohnung in der Kreuzberger Oranienstraße zogen, weil sich ihre Familie um den kleinen Emilian erweitert hatte, bot ihnen ihr Vermieter eine Box an, die ihnen das Tragen des Kinderwagens in den vierten Stock oder in den Keller erspart und eine sichere Unterbringung garantiert. Der Service ist dem Ehepaar die 10 Euro Miete im Monat wert. Auch Kindersitz, Spielzeug und Laufrad finden inzwischen hier Platz. Die verschließbare Box steht auf dem Hof, direkt neben dem Hausdurchgang. Ihr Vermieter hat im vergangenen Jahr eine größere Anzahl der Behältnisse gekauft – im Dutzend sind sie schließlich billiger. Auch ältere Mieter nutzen sie gern, zum Beispiel, um ihren Rollator oder Rollstuhl sicher zu „parken“.
Als Christopher Weide vor vier Jahren Vater wurde, nervte es ihn, den Kinderwagen immer in den dritten Stock zu schleppen. Er erfand die Kinderwagenbox („Kiwabo“). Für etwa 600 Euro sind sie mittlerweile auch privat zu ordern. Sie werden fertig montiert geliefert. Vor einer privaten Aufstellung ist allerdings unbedingt die Genehmigung des Vermieters einzuholen.
Außer der normalen Box ist – zum Preis von circa 720 Euro – für Zwillingskinderwagen, Fahrradanhänger und größere Rollstühle auch eine XL-Box im Angebot. Sie wird vormontiert angeliefert und vor Ort von einer Fachfirma aufgebaut. Beide Boxen bestehen aus verzinktem Stahlblech und 11-lagigem Birkenholz und werden in den Berliner Werkstätten für Behinderte in Neukölln gefertigt.
Das Wohnungsunternehmen Howoge hat im vergangenen Jahr den Bedarf an solchen Boxen geprüft. Inzwischen sind bereits etwa 90 der Kisten im Einsatz. Bedürftige erhalten sie kostenlos, ansonsten werden 5 Euro im Monat fällig. Howoge-Mitarbeiterin Jacqueline Tartler: „Sicherer Verstauraum, wohnungsnah, praktisch – das sind die Vorteile, die Mieter an der Lösung schätzen.“
Eine Idee setzt sich durch
Die Charlottenburger Baugenossenschaft eG bietet die Boxen bereits seit 2010 an, vor allem in Spandau und Reinickendorf. Schon bei der Sanierung der Gebäude werden entsprechende Aufstellplätze vorgesehen. 27 Boxen sind zurzeit im Einsatz, die XL-Boxen sind insbesondere bei Rollstuhlfahrern gefragt. Eveline Steuer von der „Charlotte“: „Der Service wird immer stärker in Anspruch genommen.“ Der Wohnungsbau-Verein Neukölln eG hat im April 2011 ein Pilotprojekt gestartet, jetzt stehen bereits 27 Boxen, davon vier XL-Versionen. Jörg Schaller vom Serviceteam: „In den nächsten Monaten werden wir auch in unseren anderen Wohnanlagen außerhalb von Neukölln mit dem Aufstellen beginnen.“ Die Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892 eG stellt die Boxen sogar unentgeltlich zur Verfügung. Die GSW Immobilien AG hat drei Boxen aufgestellt, Sprecher Christoph Wilhelm: „Wir sind optimistisch, dass es im Laufe des Jahres mehr werden.“
Schließlich haben die Abstellbehälter auch für den Vermieter konkrete Vorteile: Durch den Wegfall des Hinauf- und Hinuntertragens der Kinderwagen und sperrigen Gehhilfen werden auch Schäden im Treppenhaus minimiert. Flucht- und Rettungswege werden nicht mehr durch diese abgestellten Gegenstände versperrt. „Die Renovierungskosten sinken, und die Sicherheit nimmt für alle Mieter zu“, so Thomas Rücker, Pressesprecher der GSW.
Rainer Bratfisch
MieterMagazin 6/12
Eine Box im Hof erspart Eltern viel Schlepperei
Foto: Boris Goldammer Visionautik
Weitere Informationen:
Kiwabo UG
Mittenwalder Straße 6, 10981 Berlin
Tel. 20237427-0
Fax 20237427-9
kepper@kiwabo.com
www.kiwabo.com
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Not macht erfinderisch
Wie so oft entstand auch die Idee der Kinderwagenbox „kiwabo“ aus eigener Betroffenheit des Erfinders. Nach einigen Monaten des Tüftelns und Probierens war der erste kiwabo-Prototyp zusammengeschraubt und im Hinterhof aufgestellt – die Hausverwaltung fand die Lösung super. Die Vorteile – nicht schleppen, kein Ärger mehr mit Nachbarn – waren gleich spürbar, weitere wurden noch offensichtlich: zum Beispiel Schutz vor Diebstahl und extra Stauraum für Buddelzeug, Dreirad, Regenschutz, gesammelte Stöckchen und Blätter und und und … die kiwabo bewährte sich vom ersten Moment an.
Christopher Weide, Erfinder der Kinderwagenbox
30.03.2013