Im ersten Quartal wurden in Berlin ein Sechstel weniger Baugenehmigungen erteilt als im gleichen Vorjahreszeitraum. Der in den Jahren zuvor verzeichnete Anstieg des Wohnungsneubaus erleidet damit einen Einbruch. Doch Stadtentwicklungssenator Michael Müller sieht keine Trendwende.
Nach den neuesten Zahlen des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg sind in den ersten drei Monaten dieses Jahres für 1587 Wohnungen Baugenehmigungen erteilt worden, darunter 1111 im Neubau. Das sind 16,2 Prozent weniger als im ersten Quartal 2011. Die Zahl der genehmigten Wohnungen in Mehrfamilienhäusern ging sogar um 17,9 Prozent auf 737 zurück. Neben dem Neubau ist die Schaffung von 476 neuen Wohnungen in bestehenden Gebäuden, etwa durch Dachgeschossausbau, genehmigt worden.
Der Einbruch kommt überraschend. Seit 2010 freut sich Berlin über steigende Neubauzahlen. Die Genehmigungszahlen von 2011 versprachen ein stetiges Wachstum: Im ganzen Jahr sind 5604 Neubauwohnungen genehmigt worden, 44,1 Prozent mehr als 2010. Ob der zarte Neubau-Boom nun ein abruptes Ende gefunden hat oder ob der aktuelle Rückgang nur ein kurzzeitiger Ausrutscher ist, kann man noch nicht abschätzen. Außergewöhnliche Gründe, die im ersten Quartal für weniger Bauanträge sorgen könnten, zum Beispiel veränderte Genehmigungskriterien oder ausgelaufene Förderprogramme, liegen nicht vor.
Weil die Ankurbelung des Wohnungsneubaus ein zentraler Punkt der rot-schwarzen Senatspolitik ist, übt sich Senator Müller in Zweckoptimismus: Ungeachtet der Statistik behauptete er im Mai gegenüber der Nachrichtenagentur dpa, dass die Zahl der Baugenehmigungen steige. Auf Nachfrage des MieterMagazin sagt Müllers Sprecherin Marion Neumann: „Uns liegen die Zahlen nicht vor, und deshalb können wir sie auch nicht bewerten.“
Jens Sethmann
MieterMagazin 7+8/12
Hat der zarte Neubau-Boom bereits sein Ende?
Foto: Christian Muhrbeck
20.12.2015