Fernsehen ist in Deutschland immer noch das Leitmedium: 95 Prozent der Haushalte besitzen mindestens ein Fernsehgerät. Es war mal sehr einfach: Man steckte den Stecker rein, schloss die Antenne an, wählte den Sender – fertig. Die acht Programmtasten am Röhrengerät reichten für die fünf Programme – drei West, zwei Ost – völlig aus. Als in den 80er Jahren im Westen private Anbieter auf Sendung gingen und Fernsehen auch über Satellit und per Kabel empfangen werden konnte, fing die Sache an, komplizierter zu werden. Fernsehen ist mit einer Flut von unverständlichen Abkürzungen und verwirrenden englischen Fachausdrücken zu einer Wissenschaft für sich geworden.
Auf terrestrischem Wege, also von einem Sendemast zur Empfangsantenne, wird das Fernsehprogramm in Deutschland nur noch digital nach DVB-T-Standard ausgestrahlt. DVB-T ist heute die Basisvariante des Fernsehempfangs. Für ältere Fernseher ist dafür ein Zusatzgerät, die sogenannte Set-Top-Box notwendig. In neueren Fernsehgeräten ist ein solches Empfangsmodul bereits integriert. Davon abgesehen kann DVB-T wie bisher über eine Hausantenne auf dem Dach oder auch mit einer Zimmerantenne empfangen werden. Weil der Empfang ortsunabhängig ist, wurde DVB-T zur Einführung als „Das Überallfernsehen“ beworben.
Der Vorteil der digitalen Abstrahlung (hierzu auch der Beitrag „Mehr Platz im Kanal“) ist, dass mehr Programme gesendet werden können. In Berlin sind heute 40 Programme auf 37 Sendeplätzen verfügbar. Das sind zwar weniger als über Kabel oder Satellit, wer aber mit dieser Vielfalt zufrieden ist, der braucht sich den Balkon nicht mit einer sperrigen Satellitenschüssel zu verstellen und kann sich auch die Kabelgebühren sparen. Der DVB-T-Empfang ist nämlich – abgesehen von der ohnehin anfallenden Rundfunkgebühr – kostenfrei. Die Zahl der terrestrischen Zuschauer geht in Deutschland jedoch zurück. Nur noch 1,83 Millionen Haushalte schauten im Jahr 2011 klassisch über Antenne.
In Berlin werden die DVB-T-Signale vom Fernsehturm am Alexanderplatz, vom Sender Scholzplatz in Charlottenburg und vom Fernmeldeturm Schäferberg ausgestrahlt. Generell ist der Empfang über Antenne etwas störanfälliger als über Kabel. Besonders bei ungünstigem Wetter und in Gebäuden mit dicken Betonwänden kann der Empfang mit einer Zimmerantenne schwierig sein. Meistens genügt es aber, die Antenne in Fensternähe aufzustellen. Anders als früher, wo das Bild bei nachlassender Signalqualität langsam schlechter wurde und verrauschte, geschieht das bei DVB-T plötzlich: Ton und Bild können verschwinden, das Bild „friert ein“ oder es bilden sich „Klötzchen“ auf dem Bildschirm. Bei Aussetzern kommt es manchmal auch zu sehr unangenehmen, lauten Knackgeräuschen.
Ein weiterer kleiner Nachteil ist die Zeitverzögerung von einigen Sekunden. Wer zum Beispiel bei der Übertragung eines Fußballspiels den Ton des Fernsehers ausstellt, um sich stattdessen den Radiokommentar zum Spiel anzuhören, wird erleben, dass im analog übertragenen Radio schon über ein Tor gejubelt wird, während im Fernsehen sich der Elfmeterschütze noch den Ball zurecht legt.
Jens Sethmann
MieterMagazin 7+8/12
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DVB-T (Digital Video Broadcasting – Terrestrial, „digitales erdgebundenes Fernsehen“): technischer Standard für die digitale Fernsehübertragung von Sendemast zu Antenne
05.01.2017