Das Gesetz zur „Fortentwicklung des Meldewesens“, das im Bundestag kurz vor der Sommerpause und am Abend eines wichtigen Fußballspiels von einigen wenigen Abgeordneten in genau 57 Sekunden verabschiedet wurde, hat gravierende Mängel. Insbesondere die mögliche Weitergabe der Daten zur kommerziellen Verwertung stößt auf entschiedenen Widerstand – nicht nur der Datenschützer.
Der Bundesrat verwies das Gesetz nunmehr zur Nachverhandlung an den Vermittlungsausschuss zwischen Länderkammer und Bundestag. Aber auch der jetzt neu vorliegende Beschlussvorschlag des Vermittlungsausschusses stößt auf Kritik – der Datenschützer, der Polizei und der Justizorgane.
Der Verkauf von Daten beispielsweise ist nach dem Beschlussvorschlag weiterhin möglich. Potenzielle Käufer müssen jedoch erklären, dass sie diese nicht zum Zwecke der Werbung oder des Adresshandels verwenden, es sei denn, der betroffene Bürger hat in die Weitergabe für den jeweiligen Zweck ausdrücklich eingewilligt.
Ein weiterer Kritikpunkt: Bisher wurde von den Meldebehörden nicht überprüft, ob die angemeldete Person tatsächlich unter der angegebenen Adresse wohnt. Gelegentlich stand deshalb sogar die Polizei vor der Tür ahnungsloser Mieter, weil sich jemand in betrügerischer Absicht unter dieser Adresse angemeldet hatte. Paragraf 19 des neuen Meldegesetzes verpflichtet deshalb den „Wohnungsgeber“, also den Vermieter, bei der An- oder Abmeldung mitzuwirken und der meldepflichtigen Person den Einzug oder den Auszug schriftlich oder elektronisch zu bestätigen.
Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder forderte im August 2012, die Mitwirkungspflicht des Vermieters bei der Anmeldung nicht wieder einzuführen, da der Aufwand in keinem Verhältnis zum Nutzen stehe. Zudem basiere sie auf einer „Misstrauensvermutung gegenüber der Person des Meldepflichtigen“. Da Mahnungen, Vorladungen vor Gericht oder Strafbefehle an die Meldeadresse geschickt werden, müsse diese verifizierbar sein, fordern hingegen Polizei und Justiz.
Rainer Bratfisch
MieterMagazin 11/12
Verlangt die Meldestelle künftig wieder die Unterschrift des Vermieters?
Foto: Sabine Münch
20.03.2013