Lärm, der von Kitas und Spielplätzen ausgeht, muss künftig grundsätzlich toleriert werden. Das sieht die jüngst beschlossene Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vor. Klagen sollen damit erheblich erschwert werden. Berlin hatte sein Landesimmissionsschutzgesetz bereits vor einem Jahr entsprechend geändert.
Gegenüber Kinderlärm galt schon immer ein besonderes Toleranzgebot. Nur selten konnten sich klagende Anwohner vor Gericht durchsetzen. Durch die bundesweite Gesetzesänderung wird nun klargestellt, dass Geräusche, die von Kindertagesstätten, Spielplätzen und ähnlichen Kindereinrichtungen ausgehen, im Regelfall nicht als schädliche Umwelteinwirkungen gelten, selbst wenn sie die zulässigen Dezibel-Höchstwerte überschreiten. Immissionsrichtwerte, wie sie etwa für Industrieanlagen, aber auch für Sportplätze gelten, dürfen nicht herangezogen werden. „Mit dem Gesetz zur Privilegierung des Kinderlärms setzen wir ein klares gesetzgeberisches Signal für eine kinderfreundliche Gesellschaft“, sagte Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU).
Vertreter aller Parteien, der Deutsche Städtetag sowie Sozialverbände und Kinderorganisationen begrüßten die neue Regelung. Lediglich die Senioren-Union der CDU Nordrhein-Westfalen sprach zunächst von „unzumutbarem Kindergeschrei von 90 Dezibel“, musste jedoch schon bald zurückrudern. Einigen geht die Neufassung nicht weit genug. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) etwa plädiert dafür, auch das Zivilrecht entsprechend zu ändern. Im Bundesgesetzbuch müsse sichergestellt werden, dass Kinderlärm als sozial adäquates Verhalten hinzunehmen ist.
Jugendliche dagegen müssen auch künftig um ihre Bolzplätze und Skateranlagen bangen. Privilegiert wurde nur Krach, der von unter 14-Jährigen ausgeht. Auch das private Spielen von Kindern auf dem Hof oder das Kicken auf dem Parkplatz ist von der Gesetzesänderung nicht erfasst.
Birgit Leiß
MieterMagazin 4/11
Klagen gegen Kinderlärm werden durch das neue Immissionsschutzgesetz erschwert
Foto: Christian Muhrbeck
26.03.2013