Der Senat hat Mitte April das „Gesetz über den Sozialen Wohnungsbau in Berlin“ (kurz: Wohnraumgesetz) verabschiedet. Damit wird den Bewohnern der rund 160.000 Sozialwohnungen mehr Schutz vor Mietsteigerungen versprochen. Der Berliner Mieterverein (BMV) kritisiert das Gesetz als „Einstieg in einen raschen Ausstieg aus dem Sozialen Wohnungsbau“.
Mit dem neuen Gesetz will der Senat den Eigentümern von Sozialbauten die Möglichkeit geben, die Förderdarlehen vorzeitig, aber mit einem finanziellen Abschlag zurückzuzahlen. Die Landesregierung erwartet dadurch bis 2013 schnelle Einnahmen von 253 Millionen Euro. Als Anreiz für die Vermieter wird – neben dem Darlehensabschlag – die Hälfte der Wohnungen der betreffenden Wohnanlage von der Belegungsbindung freigestellt. Im Gegenzug werden die Mietsteigerungen begrenzt. Auf welcher Höhe die Mieten gebunden werden, will der Senat mit dem jeweiligen Eigentümer vereinbaren. BMV-Geschäftsführer Reiner Wild nennt das Vorhaben „vollkommen intransparent“.
Für den Spezialfall der 28.000 Sozialwohnungen, für die vom Senat eine Anschlussförderung verweigert wurde, sollen sich bei einem Eigentümerwechsel die Mieterhöhungsmöglichkeiten am Mietspiegel orientieren. Bisher konnte in diesen Fällen die Kostenmiete verlangt werden, die meist zwischen 13 und 19 Euro pro Quadratmeter nettokalt liegt. In nicht wenigen Fällen haben Eigentümer solch abenteuerliche Mietforderungen genutzt, um die Sozialmieter ganz legal loszuwerden.
Der Berliner Mieterverein weist darauf hin, dass auch die Mietspiegelwerte in der zutreffenden Baualtersklasse für Sozialmieter eine kaum zu tragende Belastung darstellen: Die Mittelwerte erreichen bis zu 7,46 Euro pro Quadratmeter, die Oberwerte bis zu 9,05 Euro. Für die Mieter der Sozialwohnungen ohne Anschlussförderung, bei denen kein Eigentümerwechsel stattgefunden hat, hält das Wohnraumgesetz nur ein „Trostpflaster“ bereit, wie der BMV kritisiert: Bei untragbaren Mieterhöhungen bekommen sie drei Monate mehr Zeit, sich eine andere Wohnung zu suchen.
„Dieser Gesetzentwurf berücksichtigt nicht die schon geleistete milliardenschwere Förderung, die in die betroffenen Wohnungen geflossen ist“, bemängelt Wild. Besonders problematisch ist, dass für immer weniger Wohnungen eine Sozialbindung gelten soll. Angesichts der Wohnungsmarktentwicklung hält der BMV das für nicht vertretbar.
Jens Sethmann
MieterMagazin 5/11
Für die 28.000 Sozialwohnungshaushalte, die wegen des Wegfalls einer Anschlussförderung von Verdrängung bedroht sind, hat auch das Wohnraumgesetz keine befriedigende Lösung (hier: betroffenes Gebäude in der Kochstraße 16 in Kreuzberg)
Foto: Christian Muhrbeck
28.12.2017