Abgesehen vom Problem der Verdrängung angestammter Bewohner in angesagten Ost-Berliner Bezirken wie Mitte, Prenzlauer Berg oder Friedrichshain bringt deren Beliebtheit auch die Bebauung von Kriegslücken und Ruinengrundstücke durch Investoren und Baugruppen mit sich.
Neben dem Baulärm bedeutet das für langjährige Anwohner auch den Verlust von Grünflächen, die dem Auge Erholung im Stadtraum bieten. Einst ruhige Mauergrundstücke werden mit Gedenkstätten belegt und statt auf Eichhörnchen blicken friedliebende Mieter täglich in hunderte von Kameraobjektiven promenierender Touristen. Das Ehepaar Roblitzki*, seit 1991 Mieter einer Erdgeschosswohnung in der in Mitte gelegenen Wilhelmstraße, sah sich Tag für Tag mit zahlreichen Besuchern des Ausstellungspavillons am Holocaust-Mahnmal konfrontiert, die interessiert in ihr Wohnzimmer sahen. Sie minderten die Miete. Der Vermieter argumentierte, dass eine Verschattung der Wohnung durch den Pavillon nicht gegeben sei und das Ehepaar nicht ernsthaft den Einzugsbereich von Potsdamer Platz und Brandenburger Tor mit der Ruhe eines Gartengrundstücks in Alt-Hermsdorf vergleichen könne. Er klagte auf Zahlung der ausstehenden Miete. Wie hätten Sie entschieden?
Das Landgericht Berlin bestätigte in zweiter Instanz den Vortrag des Vermieters: Es sei nicht ersichtlich, „dass die Beklagten hinsichtlich ihrer im Herzen der Hauptstadt gelegenen Wohnung darauf vertrauen durften, dass sie dauerhaft neben einem unbebauten Grundstück wohnen würden.“ Die „damit verbundenen weiteren Veränderungen der Infrastruktur“ müssten hingenommen werden.
Elke Koepping
LG Berlin vom 30.10.2008 – 67 S 72/08 –
* Name von der Redaktion geändert
MieterMagazin 5/11
Illustration: Julia Gandras
26.03.2013