Im Auftrag des Senats hat die Investitionsbank Berlin (IBB) die Wohnungsleerstände der Hauptstadt untersuchen lassen. Die Studie widerlegt die jahrelang seitens des Senats hochgehaltene These vom entspannten Wohnungsmarkt. Auch der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) meldet einen sinkenden Leerstand. Der Berliner Mieterverein (BMV) fordert von der Landesregierung, auf den Markt Einfluss zu nehmen.
„Die Studie über den Wohnungsleerstand belegt eindeutig, dass der weit überwiegende Wohnungsleerstand den wohnungssuchenden Mietern nicht zur Verfügung steht, weil diese Wohnungen auf dem Wohnungsmarkt gar nicht angeboten werden“, erklärt BMV-Geschäftsführer Reiner Wild. Die Eigentümerbefragung hat ergeben, dass im Jahr 2010 von den leer stehenden Wohnungen, die über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten unbewohnt waren, nur 34 Prozent zur Vermietung angeboten wurden. 53 Prozent der Leerwohnungen werden von den Eigentümern absichtlich nicht vermietet, weil Baumaßnahmen oder ein Verkauf vorgesehen sind. Bei weiteren zehn Prozent lässt der bauliche Zustand keine Vermietung zu. Im Auftrag des Senats hat die Investitionsbank Berlin (IBB) die Wohnungsleerstände der Hauptstadt untersuchen lassen. Die Studie widerlegt die jahrelang seitens des Senats hochgehaltene These vom entspannten Wohnungsmarkt. Auch der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) meldet einen sinkenden Leerstand. Der Berliner Mieterverein (BMV) fordert von der Landesregierung, auf den Markt Einfluss zu nehmen.In absoluten Zahlen stehen vom Stichtagsleerstand in Höhe von 133000 Wohnungen nur rund 45000 tatsächlich den Wohnungssuchenden zur Verfügung – viel weniger als die 100000 Leerwohnungen, die der Senat seit Jahren nennt. Bezogen auf alle Wohnungen in Berlin beträgt die Leerstandsquote nur 2,4 Prozent und liegt deutlich unterhalb der Leerstandsreserve von drei bis vier Prozent, die für einen ausgeglichenen Wohnungsmarkt notwendig ist.
Die Studie beweise, dass der Senat seit geraumer Zeit einer „krassen Fehleinschätzung“ unterliege, sagt Reiner Wild. „Wir fordern vom Senat rasche Eingriffe, um den weiteren Verlust von preiswertem Wohnraum zu stoppen“, so Wild.
Aus Sicht des Mietervereins muss als erstes ein Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum erlassen werden, damit gegen den spekulativen Leerstand, den Abriss von bezahlbarem Wohnraum und die Umnutzung von Wohnungen in Gewerberäume oder Ferienapartments vorgegangen werden kann. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung erkennt in der IBB-Leerstandsanalyse jedoch keinen Grund für eine Kurskorrektur. Die Fluktuationsreserve sei ausreichend hoch.
Die BBU-Mitgliedsunternehmen, die 40 Prozent der Berliner Wohnungen bewirtschaften, haben ebenfalls sinkende Leerstände festgestellt. Der Stichtagsleerstand liegt bei 3,0 Prozent, darin sind 0,8 Prozent mit dauerhaften Vermietungsschwierigkeiten enthalten. Am niedrigsten ist der Leerstand in der Innenstadt. Im Altbezirk Tiergarten liegt er bei nur 1,3 Prozent, auch in Wilmersdorf, Charlottenburg, Prenzlauer Berg, Friedrichshain und Hohenschönhausen sind weniger als zwei Prozent der BBU-Wohnungen unvermietet.
Jens Sethmann
MieterMagazin 6/11
Neue Leerstandszahlen beweisen: Der Senat hat jahrelang falsch gelegen
Foto: Christian Muhrbeck
16.12.2016