Es war nach 23 Uhr, als die rund 150 Delegierten des Berliner Mietervereins (BMV) den Tagungsraum Nähe Leopoldplatz im Wedding verließen. Nicht nur die Geduld, auch der Ertrag des Abends war beachtlich: Ein stattliches Antragspaket, die Wahlen zu einem neuen Vorstand und eine intensive Diskussion waren abgearbeitet, als die Mietervereinsaktiven in die warme Berliner Mainacht entlassen wurden.
Der alte und anlässlich der Vorstandswahlen bestätigte Vorsitzende des Berliner Mietervereins, Edwin Massalsky, hatte in seinem Bericht festgestellt, dass es für den Vorstand einer großen Organisation weit unangenehmere Pflichten gebe, als Erfolgsbilanzen vorzustellen. Nicht nur die Mitgliederentwicklung des größten Vereins im Deutschen Mieterbund, sondern auch die politischen Erträge im Bereich der Klimaschutz-, der Mietspiegel- und Mieterschutzarbeit seien sehenswert – eine Aussage, die durch den Bericht von BMV-Vorstandsmitglied Dr. Regine Grabowski über die Berliner Leerstandsdiskussion illustriert wurde. Ein Drittel der leer stehenden Wohnungen stünden dem Wohnungsmarkt nicht zur Verfügung, hatte eine Studie ergeben und damit die Aussagen des BMV bestätigt.
BMV-Geschäftsführer Reiner Wild erweiterte die positive Grundstimmung um Nachdenklichkeit und formulierte für die Geschäftsführung Arbeitsaufträge für die Zukunft. Auch wenn die Mitgliederentwicklung im Innenstadtbereich positiv sei, dürfe man die zu hohe Zahl der Austritte nicht wie ein Naturgesetz betrachten. Es müsse sowohl an der Mitgliederbindung wie an der Anwerbung neuer Mitglieder gearbeitet werden. Letztlich führe der Weg dazu immer über die Verbesserung der Dienstleistung. „Wir wissen, dass die positive Mundpropaganda nach wie vor das wichtigste Werbemittel ist.“ Angesichts dieser Mischung aus Erfolgsbericht und Mahnung wurde der gesamte Vorstand einschließlich des Schatzmeisters Eugen Koch mit nahezu einstimmigem Ergebnis wiedergewählt.
Neben großem Einvernehmen standen auch politisch strittige Fragen auf der Tagesordnung. Angestoßen durch den Vortrag des Direktors des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, standen energetische Modernisierung und Klimaschutzpolitik zur Debatte. Die Aussage, dass sich der Deutsche Mieterbund um seiner Glaubwürdigkeit willen zu einer Beteiligung an den Folgekosten energetischer Modernisierung bekenne, löste erwartungsgemäß nicht nur Zuspruch aus. Die von einigen Vertretern vorgebrachte Befürchtung, dass die Folgekosten von Modernisierungen die Heizkosteneinsparungen weit überstiegen, wurden von den Anwesenden mit Beifall quittiert. Siebenkotten stellte klar, dass der Mieterbund für eine warmmietenneutrale energetische Modernisierung und ein aus Mietersicht angemessenes Verhältnis von Modernisierungs- und eingesparten Heizkosten in den Ring trete. Ohne jede Beteiligung der Mieter sei eine beschleunigte energetische Ertüchtigung des Wohnungsbestands allerdings politisch nicht glaubwürdig. Massalsky sekundierte diese Aussage mit der These, dass der Verzicht auf Modernisierung angesichts der steigenden Kosten für Öl und Gas die langfristig „teuerste Variante“ sei.
ah
MieterMagazin 6/11
Positive Bilanz mit einem Schuss Nachdenklichkeit: Vorstand und Geschäftsführung des BMV bei der diesjährigen Delegiertenversammlung
Foto: Christian Muhrbeck
26.03.2013