Entsprechend der Koalitionsvereinbarung von CDU/CSU und FDP hat Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) jüngst einen Referentenentwurf für eine „kleine“ Mietrechtsreform vorgelegt. Wie nicht anders zu erwarten war, soll das Mietrecht vor allem wegen der Mobilisierung der Gebäudeeigentümer für die energetische Modernisierung vermieterfreundlicher werden.
Schon für den Koalitionsvertrag konnten die Vermieterverbände der Regierungskoalition weiß machen, dass das derzeitige Mietrecht Energieeinsparung und Klimaschutz im Wohngebäudebereich behindern. Nachdem die Bundesregierung auf massiven Druck der Vermieterverbände hin in ihrem Energiekonzept 2050 auf verpflichtende Maßnahmen zur energetischen Sanierung für Gebäudeeigentümer weitgehend verzichtet hat und bei der öffentlichen Förderung der Sanierung spart, sollen andere Wege für Investitionsanreize gefunden werden. So geriet das Mietrecht in den Fokus. Devise: Weniger Mieterrechte, mehr Klimaschutz.
Die Duldungspflicht von energetischen Modernisierungsmaßnahmen soll für Mieter dadurch erhöht werden, dass die Geltendmachung einer Härte zur Abwendung der Maßnahmen erschwert wird. Denn die Abwägung der widerstreitenden Interessen hat nunmehr auch die Energieeffizienz und den Klimaschutz zu berücksichtigen, hinter dem mieterseitige Härten mehr zurückstehen müssen als bislang. In welcher Weise hier überhaupt abgewogen werden kann, bleibt ein Rätsel, das die Richterschaft wohl künftig lösen muss. Eine finanzielle Härte wird zeitlich „nach hinten“ verschoben auf die Geltendmachung einer Mieterhöhung nach § 559 BGB. Aber auch beim finanziellen Härtegrund gilt, dass bei der Würdigung der berechtigten Interessen die Belange der Energieeffizienz und des Klimaschutzes zu berücksichtigen sind.
Problematisch ist auch die Ausschlussfrist für den Einwand der Härte. Spätestens bis zum Ablauf des Monats, der auf den Zugang der Modernisierungsankündigung folgt, ist der Einwand dem Vermieter mitzuteilen. Das macht insofern wenig Sinn, als der Härtegrund mit der Mietrechtsreform erst bei der Mieterhöhung zum Tragen kommt. Diese neue Ausschlussfrist ist also aus Mietersicht überflüssig, da schon heute bei Aufforderung des Vermieters zur Stellungnahme nur eine einmonatige Überlegungsfrist besteht. Das Risiko einer nicht fristgerechten Mieterstellungnahme würde unnötig erhöht.
Eine Ausdehnung der Duldungspflicht des Mieters würde sich auch bei Anwendung eines erweiterten Modernisierungsbegriffs ergeben. So gelten zukünftig auch nichtbauliche Maßnahmen, die zur Verbesserung der Mietsache beitragen, als Modernisierung. Auch Maßnahmen, die das Klima auf sonstige Weise schützen, zählen dazu.
Ein Rütteln an den Grundfesten
Der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, dass die Einsparung von Primärenergie – zum Beispiel beim Austausch von Gasheizungen gegen Fernwärmanschluss – eine Energieeinsparung darstelle, folgt der Gesetzentwurf mit einer entsprechenden Formulierung.
„Die Miete darf bei entsprechenden Arbeiten drei Monate lang nicht mehr gemindert werden“, verkündete die Justizministerin weiter. Dieser Gesetzesänderungsvorschlag rüttelt an den Grundfesten des sozialen Mietrechts, weil er zu einer, wenn auch befristeten, Aussetzung des Leistungsaustausches führt. Der Mieter zahlt nämlich Miete für den Zustand, der bei Anmietung vereinbart ist. Verschlechtert sich dieser Soll-Zustand aus welchen Gründen auch immer, dann besteht ein Mietminderungsanspruch, weil die vereinbarte Leistung nicht mehr erbracht wird.
Aus Sicht des Berliner Mietervereins müsste das Mietrecht aus sozialpolitischen Gründen eine Überarbeitung erfahren, weil Mieterhöhungsspielräume viele Mieter überfordern. Auch eine Sanktionierung bei der Nichterfüllung gesetzlicher Vorschriften zum Klimaschutz wäre sinnvoll. Doch dazu schweigt der Gesetzentwurf.
rw
Gesetzentwurf einseitig zu Lasten der Mieter
„Wer Mieterrechte im Zuge von energetischen Modernisierungen beschneidet, kündigt den bisherigen energiepolitischen Konsens zwischen Regierung, Parteien, Mietern, Vermietern und Verbänden auf. Eine verstärkte Energieeffizienz beziehungsweise die Ausweitung der energetischen Gebäudesanierung darf nicht allein auf dem Rücken und auf Kosten der Mieter durchgesetzt werden“, kommentierte der Direktor des Deutschen Mieterbundes (DMB), Lukas Siebenkotten, die beabsichtigte Novellierung des Mietrechts. Er forderte die Bundesregierung auf, die Pläne zur Verschlechterung des Mietrechts zu stoppen. „Stattdessen muss die Bundesregierung jetzt klären, welche energiepolitischen Ziele sie verfolgen und welche Fördermittel und Förderwege sie einsetzen will, um die Sanierungsquote für Wohngebäude zu verdoppeln.“
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MieterMagazin 6/11
FDP-Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger will sich bei den Vermietern den Klimaschutz durch Einschränkung der Mieterrechte erkaufen
Foto: Deutscher Bundestag / Lichtblick / Achim Melde
Lukas Siebenkotten, Direktor des Deutschen Mieterbundes (DMB)
Foto: Christian Muhrbeck
Ab Mitte Juni finden Sie auf der Internetseite des Berliner Mietervereins eine Stellungnahme zum gesamten Gesetzentwurf des Bundesministeriums für Justiz.
02.04.2013