Der Gagfah steht das Wasser bis zum Hals. Seitens der Stadt Dresden läuft eine Klage wegen Verletzung der Sozial-Charta, gegen den Geschäftsführer wird wegen Insiderhandels ermittelt und die Aktionäre des börsennotierten Wohnungsunternehmens drängen auf die Ausschüttung weiterer Dividenden. Doch die kann das Unternehmen nur bezahlen, wenn weiter an der Instandhaltung gespart wird – auf dem Rücken der Mieter.
Schon lange ist bekannt, dass die Gagfah in ihren bundesweit 158.000 Wohnungen die Instandhaltungspflichten grob vernachlässigt. Selbst elementare Verkehrssicherungsmaßnahmen unterbleiben – ganz zu schweigen von Schimmelbeseitigung oder Investitionen in den Klimaschutz. In Hamburg demonstrierten unlängst über 200 aufgebrachte Mieter vor der Firmenzentrale gegen die Vernachlässigung ihrer Wohnungen. Der Geschäftsbericht spricht eine deutliche Sprache: Lediglich 6,36 Euro pro Quadratmeter und Jahr wurden für Instandhaltung ausgegeben – üblich ist mindestens das Doppelte. Wahrscheinlich werde im Sozialwohnungsbestand nicht einmal mehr die vorgesehene Instandhaltungspauschale ausgeschöpft, schreibt Stefan Kofner, Professor für Wohnungs- und Immobilienwirtschaft an der Hochschule Zittau/Görlitz in der Zeitschrift „Wohnungswirtschaft und Mietrecht“ (Ausgabe 4/2011). Das Unternehmen werde von der Beteiligungsgesellschaft Fortress „als Cash-Cow missbraucht“. Ein ehemaliger Mitarbeiter berichtete im Fernsehsender MDR, dass die Fortress ganz genau vorgegeben habe, was an Gewinn rausspringen musste und was ausgegeben werden durfte. Wenn das Budget ausgeschöpft war, wurden einfach keine Reparaturen mehr erledigt.
Auch die Investitionen in den Bestand sind konkurrenzlos niedrig. Im Geschäftsjahr 2010 lagen sie bei 3,9 Millionen Euro, ein Jahr zuvor noch bei 13,5 Millionen und 2008 wurden sogar 50,8 Millionen Euro für Modernisierungen ausgegeben. Man könne als großes Unternehmen eben kostengünstiger wirtschaften, begründet die Gagfah den Rückgang.
Für den Berliner Mieterverein ist der Fall Gagfah ein Paradebeispiel für die Folgen der Privatisierung. Wenn kommunale Wohnungsbestände an Finanzinvestoren verkauft werden, die nur auf Profitmaximierung aus sind, bleiben die Mieter auf der Strecke. 26.000 Gagfah-Wohnungen gibt es in Berlin, den Mietern bleibt nichts anderes übrig, als konsequent ihr Recht auf Mängelbeseitigung durchzufechten.
Birgit Leiß
MieterMagazin 7+8/11
Für die Instandhaltung ihres Wohnungs-
bestandes gibt die Gagfah nur die Hälfte dessen aus, was allgemein üblich ist
Foto: Sabine Münch
27.03.2013