Die Betriebskostenabrechnung für 2009 sorgte in der Neuköllner High-Deck-Siedlung für mächtigen Wirbel. Fast alle Mieter sollen zum Teil erhebliche Summen nachzahlen. Bei der Überprüfung stieß der Berliner Mieterverein (BMV) auf zahlreiche Fehler und Ungereimtheiten.
Es fängt damit an, dass die rund 1900 Mietparteien für einen Sicherheitsdienst zahlen sollen, obwohl dies nicht zulässig ist – unabhängig davon, ob es vertraglich vereinbart wurde oder nicht. „Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs sind Kosten für einen Wachschutz oder einen Conciergedienst nur dann umlagefähig, wenn es aufgrund der konkreten Verhältnisse vor Ort geboten ist“, erklärt Thomas Florange, Rechtsberater beim Berliner Mieterverein. Der Eigentümer, die „Capricornus High Deck Residential GmbH & Co. KG“ hat dazu jedoch keinerlei Anhaltspunkte vorgelegt. Auch die angesetzten Kosten für Hauswart und Aufzug hält Florange nicht komplett für umlagefähig, da sie Verwaltungs- und Instandhaltungsanteile enthalten.
Überrascht mussten die Mieter zudem feststellen, dass sich die berechnete Grundfläche in der ersten Abrechnung ihres neuen Eigentümers fast verdoppelt hat. In der Wirtschaftlichkeitsberechnung, die für die Sozialwohnungen vorgelegt werden muss, werden wiederum andere Flächen aufgeführt. Offenbar wurden die 193 Pkw-Stellplätze sowie die Gewerbeanteile, darunter ein Restaurant, nicht wie vorgeschrieben herausgerechnet. Florange hält die Betriebskostenabrechnung daher schon aus formalen Gründen für unwirksam und empfahl allen BMV-Mitgliedern, die Nachzahlungen nicht zu leisten.
Eine Antwort auf seine Einwände hat er vom Eigentümer bis heute nicht bekommen. „Das Problem ist, dass sich viele Mieter nicht wehren und das Jobcenter übernimmt bei Hartz-IV-Empfängern die Abrechnungen sowieso ungeprüft“, ärgert sich Margit Berlin vom Mieterbeirat.
Wer dagegen aufbegehrt, so ihre Erfahrung, dem werden vom Eigentümer großzügige Ratenzahlungen eingeräumt – oder die Forderungen sogar ganz erlassen. „Es geht aber nicht um Lösungen für einzelne, sondern um korrekte Abrechnungen für die ganze Siedlung“, fordert Margit Berlin.
In einer Stellungnahme gegenüber dem MieterMagazin weist der Geschäftsführer des Wohnungsunternehmens, Christian Krieg, die Vorwürfe zurück. Alle vom Voreigentümer übernommenen Flächenangaben seien überprüft worden, weder Stellplätze noch Gewerbeflächen seien in die Abrechnung eingeflossen. Für die dem BMV schwarz auf weiß vorliegenden Ungereimtheiten hat er keine Erklärung. Während Margit Berlin vom Mieterbeirat von einem vorsätzlichen Handeln ausgeht, vermutet man beim BMV eher, dass die Verwaltung nicht rechnen kann. Eine Forderung des Mietervereins geht schon seit Längerem dahin, dass die Jobcenter Mieterhöhungen und Betriebskostenabrechnungen von Fachleuten überprüfen lassen sollten.
Birgit Leiß
MieterMagazin 7+8/11
In der High-Deck-Siedlung in Neukölln wurden offenbar die Betriebskosten „höhergelegt“
Foto: Sabine Münch
25.10.2017