20 Jahre Sanierung haben aus Prenzlauer Berg eine angesagte Wohnadresse gemacht. Das Stadtbild und die Bewohnerstruktur haben sich gewandelt. Jetzt werden die letzten verbliebenen Häuser saniert. Wer dem im Wege steht, ist unerwünscht – wie die folgenden Fälle zeigen.
Als im Oktober vergangenen Jahres bei einigen Mietern in der Saarbrücker Straße 30 die Wasserversorgung ausfiel, weil infolge der Kälte die Leitungen eingefroren waren, dauerte es vier Tage, bis der Hausmeister zu erreichen war. Vier Wochen lang mussten Martina P., Manuela D. und andere Mieter dann ihr Wasser aus dem Keller holen. Duschen war nur bei Nachbarn möglich. Inzwischen sind die Leitungen notdürftig geflickt. Warmwasser hat Martina P. noch immer nicht. Eine Hausreinigung gibt es schon lange nicht mehr. Leer stehende Wohnungen werden, wenn überhaupt, nur noch befristet vermietet, ungefähr ein Drittel der Wohnungen ist unbewohnt. Im Sommer 2007 hat die „Sarmava Grundstücksgesellschaft mbH & Co. KG“ das Haus übernommen. Die Strategie ist offensichtlich: Entmietung, dann vermutlich Sanierung und Verkauf als Eigentumswohnungen. Zu einer Stellungnahme über die verheerenden Zustände im Haus war der Vermieter nicht bereit.
Zwei Häuser weiter in der Kopenhagener Straße 13 errichtet die Firma „Markgrafen & Co. Entwicklungs GmbH“ für 12 Millionen Euro gerade das Quartier Mühlenberg – mit 40 Eigentumswohnungen und einer Stadtvilla. Auch hier ist das Ziel offensichtlich eine möglichst gewinnbringende Vermarktung der Immobilie. Auch hier sind die trotz Sanierungsstress noch verbliebenen acht Mietparteien erheblichen Unannehmlichkeiten ausgesetzt. Immer wieder fällt die Wasserversorgung aus, das Gas wird abgestellt, die Hausbeleuchtung ist defekt, die Haustür nicht verschließbar. Auch erhalten die Mieter hin und wieder Post von den Rechtsanwälten der Eigentümerin – eine Zermürbungstaktik, wie die Bewohner mutmaßen.
Michail Nelken, Bezirksstadtrat und Leiter der Abteilung Kultur, Wirtschaft und Stadtentwicklung in Pankow, verweist darauf, dass ihm die Hausverwaltung „BRH Berlin Residential“ der Kopenhagener Straße 13 „einschlägig bekannt“ sei: „Auch in der Torstraße 85-87 gibt es ständig Beschwerden der Mieter über dieses Unternehmen.“ Er rät den Mietern, die Wohnungsaufsicht zu informieren, wenn der Vermieter nach Aufforderung nichts gegen längere Wasser-, Strom- oder Gasausfälle unternimmt. Diese kann dann als Ersatzvornahme dringend notwendige Reparaturen veranlassen, die Rechnung zahlt der Vermieter.
Rainer Bratfisch
MieterMagazin 4/10
Kopenhagener Straße 13: Sanierungsstress
für acht Mietparteien
Foto: Christian Muhrbeck
02.06.2013