Die Bundesregierung setzt 20 Millionen Euro, die für das Programm „Soziale Stadt“ veranschlagt waren, für die Stärkung des ländlichen Raumes ein. Die Mittel werden im Bundeshaushalt 2010 entsprechend umgeschichtet.
Die mit dem Bund-Länder-Programm „Soziale Stadt“ geförderten Quartiersmanagements in den benachteiligten Stadtteilen müssen mit weniger Geld auskommen als vorgesehen. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung kürzte den Bundesanteil um 20 Millionen Euro. Zudem gibt es in der Regierungskoalition – vor allem in den Reihen der FDP – Überlegungen, aus dem Programm „Soziale Stadt“ künftig vorrangig „investive Maßnahmen“ zu fördern – also Baumaßnahmen statt beispielsweise Integrationskurse. Eine solche Prioritätensetzung hatte sich aber schon in der Anfangsphase des Quartiersmanagements vor zehn Jahren als Fehler herausgestellt.
„Einfach nur Prachtbauten hinzusetzen, reicht nicht“, sagt die wohnungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Daniela Wagner. „Wir brauchen dort auch weiterhin Stadtteilmanagement.“ Mit der Streichung verstärke die Regierungskoalition die Politik der sozialen Kälte und fördere massiv die sozialräumliche Segregation und Spaltung in der Gesellschaft, so Wagner.
„Die Kürzungen der Mittel für das Programm zeigen die soziale Schieflage dieser Regierung“, kritisiert auch Sören Bartol, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der SPD. „Gerade die Menschen in Problemquartieren brauchen die Unterstützung, und zwar nicht nur bei baulichen Verbesserungen, sondern auch bei sozialen Projekten in Schulen, bei der Gesundheitsversorgung und bei der Integration von Zuwanderern.“
Die gekürzten 20 Millionen Euro werden nun auf dem Lande verteilt: „Wir wollen die Vielfalt der ländlichen Räume erhalten und deren Stärken und Wirtschaftskraft fördern“, erklärt Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU). Sein Staatssekretär Rainer Bomba ergänzt: „Besonders die Klein- und Mittelstädte sind von den Umbrüchen in Handel und Gewerbe betroffen.“ Im Rahmen des Programms „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ startet das Ministerium deshalb eine Initiative speziell für den ländlichen Raum. Da das Bundesland Berlin keinen ländlichen Raum hat, wird es zu den Leidtragenden dieser Umverteilung gehören.
Jens Sethmann
MieterMagazin 4/10
Baumaßnahmen statt Sozialarbeit: In der Bundespolitik kündigt sich eine Verschiebung der Schwerpunkte an (hier: „Stadtteilmütter“ in Neukölln)
Foto: Flughafenzeitung
02.06.2013