Zwei Wochen nach dem erfolgreichen Volksbegehren haben der Senat und die privaten Anteilseigner das Vertragswerk der Wasserbetriebe-Privatisierung vollständig ins Internet gestellt. Der Volksentscheid wird dennoch durchgeführt.
Das von der Initiative „Berliner Wassertisch“ angeregte Volksbegehren war erfolgreich. Mit über 280.000 gültigen Unterschriften kamen innerhalb von vier Monaten deutlich mehr als die notwendigen 172.000 zusammen. So unter Druck gesetzt, haben der Senat und die privaten BWB-Anteilseigner RWE und Veolia am 10. November den Konsortialvertrag zur Teilprivatisierung mit sämtlichen Anlagen und späteren Änderungen veröffentlicht. Grundlage dafür ist das im Juli neu gefasste Informationsfreiheitsgesetz.
Aus den Dokumenten geht hervor, was eigentlich schon alle wussten: RWE und Veolia wird eine übermäßig hohe Rendite garantiert. Nach der Privatisierung von 49,9 Prozent der BWB-Anteile im Jahr 1999 sind die Berliner Wasserpreise um ein Drittel auf ein bundesweites Spitzenniveau angestiegen.
„Wasser geht uns alle an“, sagt der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), der die Verhandlungen führte. „Darum begrüße ich die Entscheidung der privaten Mitgesellschafter, meinem Wunsch nach Offenlegung der Verträge nachzukommen.“ Für Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) war dieser Schritt „überfällig“.
„Wowereit flüchtet nach vorn und verfehlt das Ziel“, kommentiert der Berliner Wassertisch. „Der Arbeitsauftrag an den Senat ist eindeutig: Wir Berliner fordern die kostengünstige, verbraucherfreundliche und bürgernahe Rekommunalisierung, erklärt Wassertisch-Sprecher Thomas Rudek.
„Ziel bleibt, ungeachtet der Veröffentlichung, die Neuverhandlung der Verträge, die das Land Berlin geknebelt und die Wasserpreise in die Höhe getrieben haben“, sagt Harald Wolf. „Insbesondere die Gewinngarantien für die Privaten wollen wir zugunsten der Verbraucher verändern“, ergänzt der SPD-Fraktionsvorsitzende Michael Müller. „Sofern sich die Möglichkeit des Rückkaufs zu machbaren Konditionen in den Verhandlungen bietet, wollen wir diesen Weg einschlagen“, so Müller.
Obwohl die Hauptforderung des Volksbegehrens erfüllt ist, kommt es dennoch zum Volksentscheid. Der Senat hält die im Begehren vorgeschlagene Klausel, dass Verträge unwirksam sein sollen, wenn sie nicht veröffentlicht werden, für verfassungswidrig und wird deshalb das Anliegen nicht übernehmen. Folglich werden die Berliner spätestens Ende Februar an die Wahlurne zur Abstimmung gerufen. Wenn dann mindestens ein Viertel der Wahlberechtigten, also rund 614.000 Berliner, mehrheitlich dafür stimmt, erlangt das Begehren Gesetzeskraft.
Jens Sethmann
MieterMagazin 12/10
Frischer Wind: Die Vertragsmodalitäten mit den BWB-Eignern sollen neu verhandelt werden
Foto: Christian Muhrbeck
Die Vertragsunterlagen der Privatisierung der Wasserbetriebe kann
auf der Seite
www.berlin.de/sen/finanzen/
eingesehen oder heruntergeladen werden.
25.09.2018