Den Klimaschutz voranbringen, indem der Mieterschutz zurückgefahren wird – diese Aussage von Bundeskanzlerin Angela Merkel sorgte für Frohlocken bei der Wohnungswirtschaft. Der Deutsche Mieterbund kontert: „Mit weniger Mieterschutz werden keine Anreize für die Gebäudesanierung geschaffen“, so Mieterbund-Präsident Dr. Franz-Georg Rips.
Ausgangspunkt ist eine Rede von Bundeskanzlerin Angela Merkel Mitte Dezember beim Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung ZEW (siehe Kasten). Die zentrale Aussage der Kanzlerin ist, dass das Mietrecht bessere Anreize für Vermieter schaffen solle, damit diese in energetische Sanierungen investieren. Unterstellt, sie habe damit nicht nur das Contracting gemeint, dann setzt sich die Regierungschefin von der Koalitionsvereinbarung ab, nach der es keiner Korrekturen im Mietrecht bedarf. Für die jetzige Legislaturperiode dürfte die Kanzlerin keine Änderung mehr anstreben. So mag denn ihr Plädoyer eher als Signal an den potenziellen Koalitionspartner nach der nächsten Bundestagswahl, die FDP, gesehen werden. Die Mieterseite muss sich also bei einer schwarz-gelben Koalition nach der Bundestagswahl darauf einstellen, dass Mieterschutzrechte abgebaut werden sollen. Anreize für energetische Sanierungen sind dabei ein willkommener Vorwand.
Mit eher fadenscheinigen Argumenten unterstützt die Bundesvereinigung der Spitzenverbände der Immobilienwirtschaft (BSI) das Ansinnen der Kanzlerin: Dass Mieter während des Bauprozesses die Miete bis zu 100 Prozent mindern könnten, sei ein hohes wirtschaftliches Risiko. Außerdem könne angeblich ein Mieter, wenn er gegen Energiesparmaßnahmen sei, das ganze Vorhaben blockieren. Auch würden Vermieter häufig daran gehindert, wegen der hohen formellen Anforderungen die Mieterhöhung von 11 Prozent der Baukosten zu realisieren. „Falsch und teilweise absurd“, bewertet Rips diese Aussagen.
Von Seiten des Bundesverbandes Deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) wird darüber hinaus vorgetragen, energetische Sanierungen seien unwirtschaftlich. Nach wenigen Jahren sei ein Vermieter, der nicht investiert, wegen des Anstiegs der ortsüblichen Vergleichsmiete bei der gleichen Miethöhe wie ein Vermieter, der 11 Prozent seiner baulichen Investitionen auf die Miete umlegt. Daher schwebt dem Vermieterverband vor, dass die Modernisierungsmieterhöhung nicht in die ortsübliche Vergleichsmiete einfließt, sondern quasi dauerhaft als Zuschlag zu dieser erhoben werden kann. „Damit würde das Vergleichsmietensystem in seinem Kern beschädigt“, erklärt Reiner Wild, stellvertretender Hauptgeschäftsführer beim Berliner Mieterverein. „Wenn die Regierung diesen Vorschlägen nachkommen will, dann gibt es richtig Ärger“, kündigt Wild an.
In die gleiche Kerbe wie die BSI-Forderungen schlägt auch die Gesetzesinitiative des Maklerverbandes IVD. Die Makler wollen an zwei wichtigen Punkten im Mietrecht, die zum gerechten Ausgleich von Mieter- und Vermieterinteressen gehören, Hand anlegen. Der Abzug fälliger Instand-setzungs- von den Modernisierungskosten soll bei Energieeinsparmaßnahmen ebenso entfallen wie das Widerspruchsrecht aus Härtegründen.
Mieter zahlen sogar ohne eigenen Vorteil
„Den Nachweis, dass das Mietrecht ein Hemmnis für den Klimaschutz sei, muss die Wohnungswirtschaft erst noch erbringen“, verlangt Wild. Er weist darauf hin, dass Mieter für energiesparende Maßnahmen nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sogar dann zahlen müssen, wenn sie persönlich keinen Vorteil haben und nur Primärenergie eingespart wird.
MM
MieterMagazin 1+2/09
Bundeskanzlerin Angela Merkel spielt jetzt den Klima- gegen den Mieterschutz aus
Foto: Christian Muhrbeck
„Das Mietrecht ändern“
„Wir müssten das Mietrecht so ändern, dass es bessere Anreize für den Vermieter gibt, seinen Wohnungsbestand zu sanieren. Das heißt nichts anderes, als dass die Senkungen in den Nebenkosten auch bei der Umlage auf die Kaltmiete berücksichtigt werden müssten. … Es würde aber im gesamten privaten Wohnungsbestand unglaubliche Anreize freisetzen, wirklich etwas für die Zukunft zu tun.“
Auszug aus der Rede von Bundeskanzlerin Angela Merkel am 16. Dezember 2008 beim Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung ZEW
09.06.2013