Die Antragsteller von Wohngeld müssen in den meisten Berliner Bezirken unangemessen lange auf den Bewilligungsbescheid und damit auf Leistungen warten, auf die sie einen Rechtsanspruch haben. Mit der Wohngeldnovelle zum 1. Januar verschärfte sich diese Situation noch einmal.
Ursache für den Stau in den Ämtern ist der höhere Aufwand für die Bearbeitung der Anträge nach der Wohngelderhöhung zum Jahresbeginn. Hinzu kommt, dass mit der Gesetzesänderung mehr Menschen wohngeldberechtigt sind als bisher. Dadurch erhöhte sich auch die Anzahl der Neuanträge.
„Allein im Wohnungsamt Pankow stellten im Januar 2200, im Februar 1600 und im März 1100 Bürger neue Anträge auf Wohngeld“, erklärt der zuständige Stadtrat, Martin Federlein. Folge: Die Wartezeiten und die Zahl der unbearbeiteten Anträge auf Wohngeld schnellte noch einmal drastisch nach oben.
Das geht auch aus der Antwort der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf eine Kleine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Andreas Otto hervor. Spitzenreiter (Stand 28. Februar 2009) mit 4821 unbearbeiteten Anträgen war demnach der Bezirk Lichtenberg, gefolgt von Friedrichshain-Kreuzberg mit 3642 und Pankow mit 2872. Nach Angaben der Bezirksämter mussten die Antragsteller in Steglitz-Zehlendorf durchschnittlich 22 bis 23 Wochen, in Friedrichshain-Kreuzberg 16 Wochen, in Pankow 14 Wochen und in Charlottenburg-Wilmersdorf 12 bis 16 Wochen auf ihren Wohngeldbescheid warten. Aber auch in Lichtenberg, Tempelhof-Schöneberg, Reinickendorf und in Treptow-Köpenick sah es mit Wartezeiten von 8 bis 14 Wochen nicht viel besser aus.
„Die hohe Zahl der unbearbeiteten Anträge und die enorm langen Wartezeiten sind skandalös. Es ist unverantwortlich, dass Menschen, die auf Leistungen angewiesen sind, diese nicht erhalten“, kritisiert Reiner Wild vom Berliner Mieterverein.
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hatte in einem Brief an den Berliner Mieterverein im November letzten Jahres versichert, Vorsorge zu treffen und den Bezirken erhöhte finanzielle Mittel zuzuweisen. Die Senatsverwaltung für Finanzen erklärte dazu, dass die Bezirksämter aufgrund der mit der Wohngeldnovelle verbundenen höheren Auszahlungen von Wohngeld etwa 45 Prozent mehr Mittel zur Verfügung gestellt bekommen haben. Die Bezirksämter können für die Wohngeldstellen auch mehr Personal einsetzen. Sollte der Bezirkshaushalt für die Finanzierung der zusätzlichen Arbeitskräfte auf den Wohngeldstellen nicht ausreichen, will der Senat die Kosten dafür rückwirkend erstatten.
„Gegenwärtig liegen dem Bezirksamt noch 2900 unbearbeitete Anträge von einst über 3600 Ende Februar vor“, erklärt die zuständige Bezirksstadträtin in Friedrichshain-Kreuzberg, Jutta Kalepky. Dieses Wohnungsamt besetzte seit Jahresbeginn sechs neue Stellen, in Neukölln und Steglitz-Zehlendorf waren es jeweils fünf.
So hoffnungsvoll sieht es aber nicht überall aus. Pankows Stadtrat Martin Federlein konnte die Wohngeldstelle lediglich mit einer Vollzeitkraft und zwei Auszubildenden aufstocken. „Die bestehende Haushaltssituation lässt uns keine Wahl“, erklärt er und ist der Meinung, dass das Land nicht ausreichend auf den Ansturm der zu erwartenden Wohngeldanträge reagiert hat. Ein Problem sieht er auch darin, dass im Stellenpool kein für die Bearbeitung von Wohngeldanträgen ausgebildetes Personal vorhanden ist und die Einarbeitung von fachfremden Arbeitskräften sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. Die Zahl der unbearbeiteten Anträge in Pankow stieg inzwischen auf 4300.
Die zusätzlichen Stellen sind in dem von den Bezirksämtern beantragten Umfang vom Senat bis zum 31. Dezember 2009 befristet worden. Wahrscheinlich ist, dass es nicht alle Ämter schaffen werden, die große Flut der Anträge bis dahin abzuarbeiten. Sollte diese Situation eintreten, so die Senatsverwaltung für Finanzen, will man neue Entscheidungen treffen, um das Problem zu lösen.
Bettina Karl
Mehr Informationen zum Thema Wohngeld:
- BMV-Info 60: Wohngeld
- BMV-Beratungsangebot zu Wohngeld, WBS, Mietzuschüsse und ALG II
- Wohngeldrechner der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung: www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/wohngeld/diwoformular.shtml
- Wohngeldbroschüre: www.stadtentwicklung.berlin.de/ wohnen/wohngeld/download/wohngeld-ratschlaege-und-hinweise.pdf
- Antragsformulare zum Wohngeld: www.stadtentwicklung.berlin.de/service/formulare/de/wohnen.shtml
MieterMagazin 6/09
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Foto: BMVBS
13.06.2018