Die Städte in den neuen Bundesländern haben fast ausnahmslos einen überdurchschnittlichen Wohnungsleerstand. Die Fakultät Architektur der Technischen Universität Dresden hat deshalb in Görlitz ein Projekt gestartet. Das Motto: „Schau doch mal rein! Probewohnen.“
In Görlitz steht jede vierte Wohnung leer, in der Altstadt sind ganze Straßen nahezu unbewohnt. Die Stadt und die dortige Wohnungsbaugesellschaft arbeiten daran, den Exodus der Bewohner zu stoppen.
2008 wurden erstmals mehr Zu- als Fortzüge gezählt. In der Innenstadt stehen seit Herbst 2008 zwei voll eingerichtete Altbauwohnungen der Wohnungsbaugesellschaft Görlitz für je sechs Wochen zum mietfreien Probewohnen bereit. Potenzielle Interessenten sollen ein Gefühl dafür bekommen, welche Vorteile das Wohnen in der Innenstadt hat. Projektleiterin Anne Pfeil: „Ziel ist es, dass sich die Teilnehmer wohlfühlen und in der neuen Umgebung ihren typischen Alltag erleben können.“
Das Interesse ist enorm: Für die erste Staffel haben sich 126 Personen aus 63 Haushalten beworben, in der zweiten waren es bereits 465 Personen aus 259 Haushalten – aus Deutschland und dem Ausland. In der ersten Runde wohnten zwei junge Pärchen in der Ausbildung, drei Familien, eine Mutter mit Sohn, eine Seniorinnen-WG, ein Rentnerehepaar und vier Alleinstehende zur Probe. Ab Juli 2009 ist eine dritte Staffel geplant.
Anne Pfeil sieht das Projekt nicht nur als Werbemaßnahme, sondern auch als Beitrag zur Revitalisierung der Innenstadt. Sie würde das Probewohnen gern in andere Städte „exportieren“. Das Interesse der Berliner Wohnungsbaugesellschaften an solchen Projekten ist allerdings bisher eher verhalten. Howoge-Sprecherin Angela Reute lapidar: „Wir nehmen solche Anregungen immer gern auf und sind für Vieles offen.“
Rainer Bratfisch
MieterMagazin 7+8/09
Sechs Wochen mietfrei zur Probe: eingerichtete Wohnung in Görlitz
Foto: Anne Pfeil
07.04.2013