Andere Metropolen beneiden Berlin um das viele Stadtgrün – wo sonst gibt es Schrebergärten mitten in der City? Doch die grünen Oasen werden nach und nach zugebaut. Jüngstes Opfer: die Kleingartenkolonie „Württemberg“.
„Es geht nicht um die Interessen von 48 Pächtern, sondern um ein Stück öffentliches Grün, das unwiederbringlich verloren geht“, betont Michael Plassmann von der Bürgerinitiative zur Rettung der Gärten. Seit 86 Jahren gibt es die Kolonie direkt hinter dem Ku’damm. „Sie ist ein Treffpunkt für Anwohner, Kinder lernen hier die Natur kennen“, erzählt Plassmann. Doch bereits 2004 lief der Bestandschutz aus. Im März 2007 verkaufte der Liegenschaftsfonds das Grundstück an einen Investor, der hier ein siebengeschossiges Wohnhaus mit Eigentumswohnungen bauen will. Empört sind die Laubenpieper nicht nur über den „Betonklotz“, sondern auch über die Art und Weise, wie das Bebauungsplanverfahren durchgepeitscht wurde. Die 2853 Eingaben von Bürgern seien gar nicht geprüft worden, Bürgerbeteiligung werde so zur Farce. Auch eine Umweltprüfung unterblieb – obwohl die Grünfläche als Frischluftschneise eine wichtige Funktion hat.
Grund für die Eile ist der Kaufvertrag mit dem Investor, der eine Räumung der Gärten zum 30. November 2008 vorschreibt. Somit mussten die Pächter zum 3. Februar die Kündigung erhalten. „Es ist ein Skandal, dass sich der Bezirk zum Handlanger eines Investors macht“, sagt Michael Plassmann. Baustadtrat Klaus-Dieter Gröhler (CDU) schiebt den Schwarzen Peter dem Senat zu. „Über die Frage ,Bauen oder nicht bauen?‘ hatte nicht der Bezirk zu entscheiden, Senat und Abgeordnetenhaus haben das Areal zur Vermarktung freigegeben.“ Das sieht man bei der Senatsverwaltung für Finanzen anders: Der Verkauf konnte nur mit Zustimmung des Bezirks zustande kommen, heißt es da.
Die Kleingärtner wollen nun alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen und gegen den Bebauungsplan klagen – auch wenn die Chancen gering sein dürften.
Birgit Leiß
MieterMagazin 4/08
Bis Ende November sollen die Gärten am Ku’damm geräumt sein
Foto: Christian Muhrbeck
12.07.2013