Die Mieter der IBA-Wohnanlage am Lützowplatz konnten einen juristischen Erfolg verbuchen: Kündigungsklagen der Eigentümerin Dibag wur-den vom Amtsgericht Tiergarten abgewiesen. Die Dibag will die Häuser abreißen und an ihrer Stelle ein Bürohaus mit Hotelnutzung und Wohnungen neu bauen.
Im November 2006 bekamen die verbliebenen 30 Mietparteien der Häuser Lützowplatz 2-18, Lützowufer 20-23 und Wichmannstraße 1-3 Kündigungen „wegen Hinderung einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung“. Die Sanierung der Gebäude sei teurer als Abriss und Neubau. 14 Mietparteien wehrten sich dagegen und erhielten daraufhin eine Kündigungsklage.
Die Begründung für die Kündigungen stand auf so tönernen Füßen, dass das Scheitern der Klagen abzusehen war: Es liegt weder eine Abrissgenehmigung vor, noch sind die Neubaupläne genehmigt. Das Gericht erkannte zudem, dass es sich bei den von der Dibag vorgebrachten Baumängeln um einen „Reparaturstau handle, der die Klägerin nicht zur Kündigung berechtigt“. Dass die Schäden schon bestanden haben, als die Dibag die Häuser gekauft hat, ist ebenfalls unerheblich: „Wer eine Bauruine erwirbt, erlangt dadurch nicht zusätzliche Kündigungsbefugnisse“, heißt es im Urteil.
Die Anlage wurde 1982/1983 im Rahmen der Internationalen Bauausstellung (IBA) nach Plänen des Architekten Oswald Mathias Ungers errichtet. Die Dibag erwarb 1998 das Erbbaurecht bei einer Zwangsversteigerung, 2001 kaufte sie das Grundstück vom Land Berlin. Von Anfang an hatte sie die Absicht, abzureißen und neu zu bauen. Mängel wurden nicht beseitigt, frei werdende Wohnungen nicht neu vermietet. Von den 86 Wohnungen sind heute nur noch 14 bewohnt.
Durch die Abwendung der Kündigungen haben die Mieter Zeit gewonnen. Das Bezirksamt Mitte wird jedoch den Weg zum Abriss freimachen: Es hat den Bebauungsplan fast fertiggestellt und mit der Dibag schon einen Durchführungsvertrag über das Neubauvorhaben abgeschlossen, in dem unter anderem geregelt ist, wo wie viel Ersatzwohnraum geschaffen werden muss. Stoppen kann die Abrissgenehmigung noch die Bezirksverordnetenversammlung, wenn sie den Bebauungsplan ablehnt, der ihr im April vorgelegt werden soll. Ob die Dibag mit einer Abrissgenehmigung die Kündigungen durchsetzen kann, steht jedoch auf einem „anderen Blatt“.
Jens Sethmann
MieterMagazin 4/08
Die Kündigungen sind vorerst vom Tisch, nicht aber die Neubaupläne: IBA-Häuser am Lützowplatz
Foto: Christian Muhrbeck
09.04.2013