Die Anwohner des Stuttgarter Platzes sind leidgeprüft: Die Verlegung des S-Bahnhofes Charlottenburg, die Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes und diverse große Bauvorhaben in der Wilmersdorfer Straße einschließlich des „KantCenters“ und der Wilmersdorfer Arcaden führten in den letzten Jahren immer wieder zu Belastungen durch Baulärm. Zurzeit lässt die „Berlinhaus Liegenschaften“ in der Wilmersdorfer Straße 65/66 a ein modernes Geschäftshaus bauen – wieder mit viel Lärm.
Wenn Kerstin Kegel und andere Mieter des Hauses Stuttgarter Platz 1 a am Sonntag ausschlafen wollen, gelingt ihnen das nicht mehr. Ihr Körper hat sich an den Baustellenrhythmus gewöhnt. Von Montag bis Samstag setzt pünktlich um 7 Uhr der zumeist unerträgliche Lärm ein. Das Eckhaus, in dem bis Ende des Jahres Büros, Läden und Wohnungen entstehen sollen, wird seit September 2007 entkernt. Stahlteile werden aus großer Höhe in die Container geworfen, Presslufthämmer brechen die Betondecken auf, der Kran signalisiert akustisch jede seiner Bewegungen, und die Bauarbeiter vermuten wohl, dass ihre lautstarken Zurufe auch die Mieter in den Nachbarhäusern interessieren. Eine Ankündigung der Bauarbeiten fand nicht statt, Beschwerden beim ausführenden Baubetrieb bleiben generell unbeantwortet.
Im März haben sich einige Mieter an die Hausverwaltung Foelske gewandt und eine angemessene Mietminderung gefordert. In seiner Antwort geht Verwalter Frank Foelske mit keinem Wort auf die Lärmbelästigungen ein und bittet – mehr als fünf Wochen nach Eingang der Beschwerden – lediglich um „etwas Geduld“. Diese haben die Mieter inzwischen nicht mehr. Schließlich legen die Vorschriften eindeutige Richtwerte für Lärmimmissionen fest, die vom Baustellenbetreiber einzuhalten sind. Diese Werte werden am Stuttgarter Platz immer wieder überschritten, sagen die Mieter. Kerstin Kegel und andere Mieter führten von Anfang an ein Protokoll, in dem sie penibel alle Störungen und sonstigen Einschränkungen nach Art, Zeit und Dauer festhalten. Die Betroffenen sind zur Mietminderung berechtigt – unabhängig davon, ob der Vermieter gegen die Baufirma vorgehen kann oder nicht. Frank Foelske scheint das nicht zu wissen.
Der Berliner Mieterverein unterstützt Kerstin Kegel und die anderen Mieter, die – bei relativ hohen Mieten – nicht mehr auf einer „ständigen Baustelle“ leben wollen.
Rainer Bratfisch
MieterMagazin 6/08
Pünktlich um sieben Uhr beginnt der Krach: Geschäftshausbau am Stuttgarter Platz
Foto: Kerstin Kegel
Weitere Informationen (unter anderem Download der Baulärmbroschüre): www.berlin.de/sen/uvk/umwelt/laerm/baulaermbroschuere/
24.01.2023