Berlin steht mal wieder wegen seiner hohen Hartz-IV-Ausgaben in der Kritik. Sowohl der Bund als auch der Landesrechnungshof forderten den Senat auf, die Wohnkosten zu senken.
Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) sieht bei den Unterkunftskosten ein Einsparpotenzial von 30 Millionen Euro jährlich. Eine Rüge gab es auch vom Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestages. Hauptkritikpunkt: In Berlin hat ein Arbeitslosengeld-II-Empfänger zwölf Monate Zeit, eine nach den Richtwerten überhöhte Miete zu senken. In allen anderen Bundesländern müssen Arbeitslose mit zu teuren Wohnungen bereits nach einem halben Jahr umziehen. Während sich der Finanzsenator hinter den Bund stellt, sieht Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (Linke) keinen Grund, etwas zu ändern. „Unsere lange Übergangsfrist hat sich bewährt – wir wollen, dass sich die Leute um einen Job und nicht um den Umzug kümmern“, sagt ihre persönliche Referentin Schubert. Fast die Hälfte findet innerhalb eines Jahres wieder eine Arbeit. Außerdem bezweifelt man, dass dadurch wirklich so viel eingespart werden könnte. „Die Zahlen des Arbeitsministers beruhen auf einer wenig aussagekräftigen Stichprobe von 270 Fällen“, so Schubert. Auf Druck des Bundes werde aber dennoch derzeit die Ausführungsvorschrift (AV) Wohnen überprüft. Noch vor der Sommerpause sollen die Ergebnisse vorliegen. Da-bei geht es allerdings nur darum, ob die geltenden Richtwerte für die Miete noch angemessen sind. Die Ausnahmeregelungen für Ältere und Behinderte sollen ohnehin nicht angetastet werden. Der nächste Konflikt ist also vorprogrammiert. Der Bund, der derzeit ein Drittel der Unterkunftskosten trägt, hat bereits mit Kürzungen gedroht.
Einsparmöglichkeiten sieht man in der Sozialverwaltung vor allem durch die Überprüfung der Betriebskostenabrechnungen. Auch der Deutsche Mieterbund (DMB) geht davon aus, dass die Hartz-IV-Ausgaben durch die Prüfung von Mieterhöhungen und Nebenkostenabrechnungen in Millionenhöhe reduziert werden könnten. Dazu seien die Mitarbeiter in den Job-Centern jedoch nicht geeignet. Einige Kommunen übernehmen daher die Mitgliedsbeiträge für den Mieterverein, im Gegenzug überprüft dieser, ob die Vermieteransprüche berechtigt sind.
Birgit Leiß
MieterMagazin 7+8/08
„Die Leute sollen sich um einen Job, nicht um eine neue Wohnung kümmern“, Hartz-IV-Empfänger im Job-Center
Foto: Christian Muhrbeck
13.04.2013