Viele Mieter freuen sich über Guthaben aus Betriebskostenabrechnungen und ärgern sich über Nachzahlungen. Beides ist trügerisch: Trotz Guthaben kann die Abrechnung falsch sein, und eine happige Nachforderung kann auch einfach bedeuten, dass die Vorschüsse zu niedrig angesetzt waren.
Beliebt ist der Trick bei der Neuvermietung von Wohnungen: Um die Gesamtmiete „schönzurechnen“, werden die Nebenkosten zu niedrig angegeben. Nach einem Jahr kommt dann für den Mieter das böse Erwachen in Form einer saftigen Nachforderung. Um sich vor solchen Lockangeboten zu schützen, gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten, erklärt Michael Roggenbrodt, Betriebskostenexperte beim Berliner Mieterverein. Zum einen kann man sich die Betriebskostenübersicht des Mietspiegels anschauen. Nachteil: Die Daten des derzeit gültigen Betriebskostenspiegels stammen aus dem Jahre 2005 und sind somit nicht auf dem neuesten Stand. Roggenbrodt empfiehlt deshalb, sich bei den Nachbarn zu erkundigen. Erfährt man auf diese Art und Weise, dass der Vorschuss unrealistisch ist, kann man jeden Monat zusätzlich etwas zurücklegen – oder man verzichtet auf die Wohnung.
Durchschnittlich 2,50 bis 3 Euro pro Quadratmeter betragen die kalten und warmen Nebenkosten in Berlin. Zwar gibt es erhebliche Abweichungen nach oben und unten, doch bei einem im Mietvertrag angegebenen Wert von etwa 50 Cent sollte man schon misstrauisch werden.
Grundsätzlich gilt: Die Höhe der Vorauszahlung muss angemessen sein. Sie muss sich nach den tatsächlich zu erwartenden Betriebskosten richten. Normalerweise ergeben sich Anpassungen aus der jährlich vorzulegenden Nebenkostenabrechnung. Doch gelegentlich wird auch mittendrin eine Erhöhung verlangt, wie unlängst in einer von dem Wohnungsunternehmen GSW verwalteten Wohnanlage in Treptow. Da die derzeitigen Vorauszahlungen die zu erwartenden Kosten nicht decken werden, sei eine Erhöhung notwendig, so die GSW: „Weitergehende Erläuterungen sind nicht erforderlich“, bekam Dr. Herbert Ewald auf seinen Widerspruch zu hören. Der Mieter ärgert sich über die „zinslose Kreditierung der GSW-Aktionäre durch die Mieterschaft“: „Die Abrechnung kommt immer erst zum spätest möglichen Zeitpunkt, die sich regelmäßig ergebenden Guthaben werden dann erst einen Monat später mit der Miete verrechnet“. In der Zwischenzeit lässt man das Geld gewinnbringend arbeiten – bei 70.000 Wohnungen kein Pappenstiel.
„Die Mieter sind nicht verpflichtet, diese Erhöhung zu zahlen“, sagt Michael Roggenbrodt dazu. Der Vermieter darf nur dann mitten im Abrechnungszeitraum die Vorschüsse erhöhen, wenn er auf die vorgelegte Abrechnung Bezug nimmt. Hat er aber unmittelbar nach der Abrechnung bereits die Vorschüsse angepasst, darf er nicht sechs Monate später wieder eine Erhöhung verlangen. Etwas anderes gilt lediglich, wenn neue Betriebskostenarten hinzukommen, beispielsweise durch den Einbau eines Fahrstuhls oder einer Heizung. Auch der Mieter darf übrigens nach Paragraph 560 Absatz 4 Bürgerliches Gesetzbuch eine Anpassung auf eine angemessene Höhe vornehmen. Ergibt die Abrechnung beispielsweise ein Guthaben, der Vermieter belässt es aber trotzdem bei der alten Vorauszahlung, kann der Mieter diese herabsetzen. Wichtig: Die Erklärung dazu muss schriftlich erfolgen.
Mitunter sind höhere Vorschüsse sinnvoll
Mitunter kann es aber vernünftig sein, sich mit dem Vermieter auf einen höheren Vorschuss zu einigen, etwa wenn zu erwarten ist, dass das Heizöl teurer wird und ansonsten eine größere Summe nachgezahlt werden müsste. Der BMV-Betriebskostenexperte hält ohnehin wenig davon, sich über die Vorschüsse zu streiten. „Es macht mehr Sinn, rechtlich zu prüfen, ob die Betriebskostenabrechnung korrekt ist“, meint Michael Roggenbrodt.
Birgit Leiß
MieterMagazin 7+8/08
Liegt der Betriebskostenvorschuss deutlich über oder unter dem Durchschnitt, ist meist etwas faul: Rechtsberatung beim Berliner Mieterverein
Foto: Maik Jespersen
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Neue Rechtssituation bei strittigen Erhöhungen
Mieter, die eine Betriebskostenabrechnung nicht akzeptieren und daher einfach weiter die alten, niedrigeren Vorschüsse zahlen, riskieren unter Umständen eine Kündigung wegen Mietrückstand. Nach einem neuen Urteil des Bundesgerichtshofs berechtigen auch etwaige inhaltliche Fehler den Mieter nicht, die bisherigen Vorschüsse unverändert weiter zu zahlen (BGH, Wohnungswirtschaft und Mietrecht 2008, Seite 31). Dem Mieter bleibt also nichts anderes übrig, als die Korrektheit der Abrechnung gerichtlich prüfen zu lassen.
bl
26.10.2017