Die Initiatoren des Volksbegehrens „Unser Wasser“ wollen ihr Ziel, Transparenz in die hohen Berliner Wasserpreise zu bringen, nun auch über das Parlament verfolgen. In einem Brief an alle Abgeordneten fordern sie, das vom Senat abgelehnte Anliegen fraktionsübergreifend zu beschließen und somit den Weg für niedrigere Wasserpreise frei zu machen.
Über 36.000 Bürger hatten bis Januar 2008 dafür unterschrieben, dass die Verträge über die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe (BWB) offengelegt werden. 1999 waren die BWB vom damaligen Senat zu 49,9 Prozent an die Konzerne RWE und Veolia verkauft worden. Seitdem sind die Wasserpreise auf ein deutschlandweites Höchstniveau gestiegen, weil den Erwerbern von Senatsseite eine hohe Rendite garantiert wurde. Der Inhalt dieser Verträge wird wie üblich geheim gehalten.
Obwohl genügend Unterschriften gesammelt worden waren, ließ der Senat das Volksbegehren nicht zu, weil es „Geheimhaltungsinteressen betroffener Privater außer Acht lasse“ und damit gegen den Vertrauensschutz und die Eigentumsgarantie verstoße. Die Rekommunalisierung der BWB ist zwar vom rot-roten Senat politisch gewollt, aber wie man aus den Verträgen wieder herauskommt, darüber herrscht im Rathaus Ratlosigkeit. Dass die Teilprivatisierung der BWB ein Fehler war, bestreitet kaum noch jemand.
Der Berliner Wassertisch, der mit vielen Bündnispartnern wie der Verbraucherzentrale, Umweltverbänden, Vermieter- und Mieterorganisationen – unter anderem dem Berliner Mieterverein – das Volksbegehren angeschoben hatte, legte im April beim Berliner Verfassungsgerichtshof Einspruch gegen die Ablehnung des Begehrens ein. „Angesichts des hohen Zuspruchs während der ersten Stufe ist es enttäuschend, dass der Berliner Senat unser Volksbegehren mit einer sehr oberflächlichen Argumentation, in der die Belange der Bevölkerung in keiner Weise berücksichtigt wurden, abgelehnt hat“, erklärt der Berliner Wassertisch in einem Brief an alle Mitglieder des Abgeordnetenhauses. Neben dem gerichtlichen soll nun auch der parlamentarische Weg beschritten werden: Die Abgeordneten werden gebeten, das Anliegen des Volksbegehrens als Gesetzentwurf ins Parlament zu bringen. Die Abgeordneten hätten so die Möglichkeit, „auch fraktionsübergreifend ein gesellschaftlich relevantes Anliegen aufzugreifen und zur parlamentarischen Chefsache zu erklären“, so das Schreiben.
Da Transparenz bei den Wasserpreisen im Grundsatz unumstritten ist, dürfte eine Mehrheit dafür im Abgeordnetenhaus nicht ganz unwahrscheinlich sein. Mit einem solchen Beschluss wäre nicht nur der erste Schritt zu angemessenen Wasserpreisen getan, auch das weitere aufwändige und teure Prozedere, das notwendig wird, wenn der Einspruch vor dem Verfassungsgerichtshof Erfolg haben sollte, könnte man sich sparen. Ob das Gericht noch in diesem Jahr zu einer Entscheidung kommt, ist ungewiss.
Jens Sethmann
MieterMagazin 9/08
In der Patsche: Wie kommt Berlin aus dem Privatisierungsvertrag für seine Wasserbetriebe wieder heraus?
Foto: Christian Muhrbeck
10.07.2013