Im November vergangenen Jahres wurde endlich von der Bundesregierung der Entwurf zur Änderung der Energieeinsparverordnung 2007 vorgelegt. Mit dieser Verordnung werden auch die gesetzlichen Grundlagen zur Erstellung von Energieausweisen geschaffen. Doch der Entwurf der Verordnung hat erhebliche Mängel.
Energieausweise sollen Mietinteressenten und Erwerbern von Wohnungen einen Überblick über den energetischen Zustand des betreffenden Gebäudes ermöglichen. Ziel der diesem Entwurf zugrunde liegenden EU-Richtlinie ist es, mit Hilfe der Markttransparenz über den energetischen Zustand eines Wohngebäudes energiesparende Investitionen der Eigentümer anzustoßen. Doch dass Energiesparmaßnahmen über Nachfragerreaktionen ausgelöst werden, muss wegen der fehlenden Vorlagepflicht des Ausweises bezweifelt werden, so der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wild. Energieverbrauch und energetischer Zustand eines Gebäudes spielen bislang bei der Wohnungswahl eine absolut untergeordnete Rolle – trotz steigender Energiepreise. Dies ist das Ergebnis von Mieterbefragungen im Rahmen des Berliner Feldversuchs zur Einführung von Energieausweisen. Damit die Wahl der Wohnung aber maßgeblich vom energetischen Zustand beeinflusst wird, muss jedem Wohnungssuchenden der Energieausweis ohne weitere Nachfrage vorgelegt werden. Die jetzige Formulierung im Regierungsentwurf sieht lediglich vor, dass Verkäufer oder Vermieter einer Immobilie dem Kauf- oder Mietinteressenten ab 1. Januar 2008 den Energieausweis zugänglich machen sollen.
Betrachtet man die Rechtsprechung zur Vorlage von Betriebskostenbelegen, ist zu befürchten, dass der Zugang zum Energieausweis nicht so einfach wird. Angenommen, Vermieter und Mietinteressent treffen sich in der Mietwohnung und der Vermieter hat den Energieausweis in seinen Büroräumen deponiert – welcher Mieter wird dann aus Transparenzgründen den zusätzlichen Weg in das Vermieterbüro auf sich nehmen? Vermieter, deren Gebäude in einem schlechten energetischen Zustand sind, haben so ein hervorragendes Schlupfloch.
Um Transparenz zu erzeugen, kann die Darstellung des energetischen Zustands nur über einen Energiebedarfs- oder Energieverbrauchskennwert erfolgen. Die Kennwerte stellen entweder das Ergebnis von Berechnungen zur Gebäudehülle dar oder bilden klimabereinigt den Verbrauch einer zentralen Heizanlage ab. Im Entwurf der Bundesregierung werden diese für das jeweilige Gebäude konkret ermittelten Kennwerte dann auf einem Farbband von 0 bis mehr als 400 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr – kWh/qm/a – eingetragen. Das Farbband – grün ist gut, rot ist schlecht – ist jedoch zum Abdruck beispielsweise in den Immobilienanzeigen der Tageszeitungen nicht tauglich. Auskünfte in Anzeigen wären nur über die Maßeinheit kWh/qm/a möglich. Ein Vergleichsmaßstab fehlt darin völlig.
Ratlosigkeit beim Laien
Welcher Laie kann bewerten, ob 190 kWh/qm/a als Kennwert gut, schlecht oder mittelmäßig sind? Aus diesem Dilemma heraushelfen würde eine Darstellung der Kennwerte in Klassen, wie sie dem Verbraucher schon mit dem EU-Energieeffizienzlabel bei der weißen Ware bekannt sind. In den Anzeigen könnte dann einfach auf die Energieeffizienzklasse hingewiesen werden. Denkbar wäre für die Darstellung im Ausweis sogar ein Kompromiss, in dem laut Vorschlag der Berliner Energieagentur im Farbverlauf eine Klasseneinteilung vorgenommen wird.
Grundsätzlich hat der Berliner Mieterverein keine Bedenken gegen eine Wahlmöglichkeit zwischen beiden Versionen der Kennwertermittlung, denn für die Transparenz am Markt sind diese Differenzen letztendlich unbedeutend. Sie wären auch nicht zu vermeiden, wenn man nur die für alle Gebäude möglichen Bedarfskennwerte zuließe (siehe Kasten). Die Qualität des Ausweises kann aber bei Leerstand und bei Gebäuden mit weniger als sieben Wohnungen wegen des starken Nutzereinflusses leiden, so die Ergebnisse einer Untersuchung des Institutes IEMB der TU Berlin. Deshalb sollte für alle Wohngebäude mit weniger als sieben Wohneinheiten und errichtet vor 1995 (beziehungsweise vor Anwendung der Wärmeschutzverordnung) der Bedarfsausweis zur Pflicht werden.
MM
MieterMagazin 1+2/07
Die Beliebigkeit der Kennwertberechnung
Untersuchungen von Architekten haben ergeben, dass die Berechnungen von Bedarfskennwerten im billigeren vereinfachten Verfahren für die Vermieter immer deutlich schlechtere Werte als im teureren detaillierten erbrachten. Würde ein Vermieter nun energiesparende Baumaßnahmen auf Basis des vereinfachten Verfahrens ausführen, so käme er im Ergebnis bei hohem finanziellen Aufwand nur zu dem Kennwert, der im detaillierten Berechnungsverfahren schon ohne Bauen erreicht würde.
18.07.2013