Der Berliner Mieterverein ist „börsenfähig“. Zählten nur die nackten Zahlen, so könnte das nach den Berichten seines Vorsitzenden Edwin Massalsky und des Hauptgeschäftsführers Hartmann Vetter das Fazit der Delegiertenversammlung des Berliner Mietervereins (BMV) sein, die ganz im Zeichen einer zukunftsorientierten Organisationspolitik stand.
Am 7. Mai trafen sich die Delegierten des BMV in der Friedrichshainer „Pallisade“, um mehrere Berichte über die vielen Stärken und wenigen Schwächen ihres Vereins zu hören, der bekanntermaßen keine Aktiengesellschaft, sondern gleichermaßen Mietrechtsberatungsunternehmen wie Solidargemeinschaft für eine soziale Stadt ist. Da die versammelten Delegierten nicht einer finanziellen Dividende wegen da waren, nahmen sie auch mit Genugtuung zur Kenntnis, dass es zumindest dem verbalen Bekenntnis nach Bündnisgenossen im Kampf um das Vorhaben soziale Stadt gibt. Edwin Massalsky zitierte in seinem Referat Lutz Freitag vom Bundesverband der deutschen Wohnungsunternehmen: „Die soziale Stadt ist nicht börsenfähig.“ Dazu Massalsky: „Herr Freitag meinte, dass sich die ausschließliche Orientierung an hoher Gewinnausschüttung und soziale Stadtentwicklungspolitik nicht vertragen. Wir werden sehen, wie die von ihm vertretenen Unternehmen sich in diesem Sinne engagieren.“ An die anwesende Senatorin für Stadtentwicklung Ingeborg Junge-Reyer (SPD) stellte Massalsky die Frage, welche Rolle sie für die noch vorhandenen städtischen Wohnungsunternehmen vorgesehen habe. „Ich bin der Überzeugung, dass dieser Senat an dem vorhandenen Bestand an städtischen Wohnungen festhält“, lautete ihre Antwort. Mehr noch: Die Senatorin kündigte ein „Gesamtkonzept“ für die städtischen Wohnungsunternehmen an, das der BMV seit langem fordert. Ihre Vorstellung: Die Städtischen müssten Vorbild und besser sein als die rein renditeorientierten Investoren, die sich zurzeit in Berlin tummeln – besser im Umsetzen stadtentwicklungspolitischer Ziele, besser im Umgang mit den Mietern und besser beim Angebot altengerechter und nachhaltiger Wohnungen.
Aus einem Bericht, den Vorstandsmitglied Dr. Regine Grabowski über den Zustand der Bezirksberatungen abgab, werden die Delegierten entnommen haben, dass soziales Engagement und wirtschaftlich erfolgreiche Ge-schäftsführung sich nicht ausschließen müssen. Innerhalb des Deutschen Mieterbundes hat der BMV eine positive Sonderstellung. Dies habe sich auch in der Zukunftskommission gezeigt, die eingesetzt wurde, um ein zukunftsfähiges Konzept für das „Netzwerk Deutscher Mieterbund“ zu entwickeln. Massalskys Resümee: „Vieles von dem, was in Berlin an professioneller Arbeit selbstverständlich ist, wurde über die Arbeit in der Zukunftskommission auch in die gesamte Organisation eingespeist. Die Empfehlungen der Zukunftskommission tragen daher auch unsere Handschrift.“ Der Senatorin bleibt mit dem BMV also ein ebenso erfolgreicher wie streitbarer Partner für das Unternehmen soziale Stadt erhalten.
ah
MieterMagazin 6/07
17.07.2013