Manche Bücher ähneln gutem Wein. Je mehr sie in die Jahre kommen, desto mehr steigt ihr Wert. Dazu gehört Irina Liebmanns „Berliner Mietshaus“ – ein Klassiker unter den lebensgeschichtlichen Dokumentationen.
Die Autorin wählte 1980 ein beliebiges Mietshaus in Prenzlauer Berg und führte Gespräche mit allen Bewohnern. Aus der Mischung von Biografie, Erinnerung und Kommentar sind berührende menschliche Porträts entstanden, in denen sich die Katastrophen des 20. Jahrhunderts sowie die großen und kleinen Fragen des Lebens wiederfinden: Liebe und Tod, Beruf und Familie, Einsamkeit und Hausgemeinschaft. „Berliner Mietshaus“ erfasst diese Lebenswirklichkeit jenseits offizieller sozialistischer Doktrin und spiegelte den DDR-Bürgern bei seinem ersten Erscheinen 1982 die „private“ Befindlichkeit im eigenen Land wider. Seit 1990 wird das Buch regelmäßig neu aufgelegt und stellt gerade nach dem Verschwinden der DDR ein herausragendes Zeitzeugnis dar, dessen Lektüre unmittelbar in den Bann zieht.
Michaela Schröder
MieterMagazin 6/07
Irina Liebmann: Berliner Mietshaus,
Berlin: Berliner Taschenbuch
Verlag 2004, 218 Seiten, 8,90 Euro
17.07.2013