Mieter mit unsinnigen Modernisierungsplänen zu überziehen, gehört zu den Spezialitäten der „Heuschrecken“ auf dem Immobilienmarkt. Nicht um die Wohnqualität der Bewohner geht es, sondern um die bessere Verwertbarkeit der Wohnungen. Ein Beispiel aus Tegel.
Die Mieter aus der Bollestraße 24-40, dem Havelmüllerweg 2-3 und dem Myrtenweg 25 und 27 sind empört: Seit einem halben Jahrhundert wohnen sie in dem Altbau aus den 20er Jahren und haben wie viele andere Bewohner auch erhebliche Summen in ihre Wohnung investiert. Jahrzehntelang gehörten die Häuser der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft GSW. In dieser Zeit haben die Mieter auf eigene Kosten Küchen und Bäder gefliest, uralte Badewannen durch Duschtassen ersetzt und vieles mehr. „Ob die Fliesen weiß oder honiggelb sind, ist doch Geschmackssache, entscheidend ist, dass unsere Einbauten in tadellosem Zustand sind“, meint ein Bewohner.
Der Eigentümer, die „Dr. Ochel Real Estate GmbH“, sieht das offenbar anders und verklagt Mieter, die der Modernisierung widersprechen. Dabei verfügen die Mieter über eine Anlage zum Mietvertrag, wonach alle mietereigenen Einbauten Bestandsschutz genießen. Sie wurde auf Druck des Berliner Mietervereins (BMV) bei der Privatisierung der GSW durchgesetzt.
Die „Dr. Ochel Real Estate“, die die Wohnungen zum Verkauf anbietet, will sich an diese Vereinbarungen nicht halten. Begründung: Die Einbauten seien abgewohnt, zudem läge keine schriftliche Genehmigung vor. Eine absurde Argumentation, denn verwaltet werden die Wohnungen von der „GSW Betreuungsgesellschaft für Wohnungs- und Gewerbebau“ (BWG). Somit dürfte nachzuprüfen sein, dass die Einbauten aufgrund der seinerzeit üblichen Praxis mündlich genehmigt wurden.
Aus Sicht des BMV haben die Mieter daher gute Chancen, sich gegen die Modernisierungspläne zu wehren. „Wir prüfen in jedem Einzelfall, ob die Arbeiten fachgerecht ausgeführt wurden und ob eine Genehmigung des Vermieters vorliegt“, sagt dazu Sandy Johnson von der BWG. Die Zusatzvereinbarungen der Mieter mit der GSW würden somit berücksichtigt.
Birgit Leiß
MieterMagazin 6/07
Vom vereinbarten Bestandsschutz für die Mietereinbauten will der neue Eigentümer dieser Häuser in Tegel nichts mehr wissen
Foto: Birgit Leiß
15.04.2013