Die Deutschen halten sich für Vorreiter in Sachen Umweltschutz. Mit Energieressourcen wie Gas, Öl oder Kohle sparsam umzugehen und selbstverständlich auch mit den daraus entstehenden Produkten wie Strom und Wärme, finden sie richtig. Nur: Sie tun es nicht. Zwar glaubt weit über die Hälfte der Deutschen, sich im Umgang mit Strom sparsam und ökologisch bewusst zu verhalten. Tatsächlich steigt aber der Stromverbrauch der privaten Abnehmer Jahr für Jahr an. Geringe Sparerfolge werden durch den wachsenden Haushaltsgerätepark und erhöhten Wohnraumbedarf aufgefressen. Aber auch andere erklärte gute Absichten verlaufen im Sande. Zu einem Anbieter mit Strom aus erneuerbaren Quellen wechselten gerade mal fünf Prozent der Haushalte – vor der Öffnung des Strommarktes im Jahr 1998 hatten 75 Prozent vor, das zu tun. Ähnlich verhält es sich mit dem Wechsel von der herkömmlichen Glühbirne zur Energiesparlampe: Von 300 Millionen verkauften waren nur 20 Millionen die sparsamen Leuchten.
Das Wissen um das Richtige und Notwendige ist vorhanden – was also läuft ganz offenbar schief? Was macht einen effizienten und sparsamen Umgang mit Strom so schwer? Eine Motivsuche.
Die Ehlers sind eine durchschnittliche deutsche Familie. Die Eltern, er Handwerker, sie Angestellte, sind beide berufstätig, die Kinder, 17 und elf Jahre alt, gehen zur Schule. Gemeinsam bewohnt die Familie eine 120 Quadratmeter große Wohnung in Berlin-Wilmersdorf. 287 Euro bezahlen sie jeden zweiten Monat an ihren Stromlieferanten. Zuviel? In den beiden Kinderzimmern spielen die Kinder häufig an ihren eigenen PCs, hier gibt es eine ausschaltbare Steckerleiste – Rechner und Monitor sollen nicht im Bereitschaftsmodus laufen. Im Wohnzimmer gibt es eine solche Ausschaltvorrichtung nicht. Weil, wie Jacqueline Ehlers erklärt, sie am Ende ja doch vergessen würde, sie auszuschalten. In jedem Zimmer der Wohnung steht ein Fernsehgerät und eine Musikanlage – natürlich mit Fernbedienung, ständig in Bereitschaft. Im Haushalt läuft alles elektrisch: Kochen, Waschen, Trocknen. Und das warme Wasser kommt aus dem Boiler. Jacqueline Ehlers: „Wenn bei der Jahresabrechnung eine Nachzahlung ansteht, dann denken wir schon daran, Strom zu sparen.“ Aber zur konkreten Umsetzung im Alltag ist es bislang nicht gekommen: „Die paar Cent am Tag, die man einsparen kann – am Ende reicht das dann doch nicht als Motivation.“
So wie bei den Ehlers sieht es in vielen deutschen Küchen, Bädern, Wohn- und Schlafzimmern aus. Die Anzahl der permanent bereiten elektrischen Geräte wächst beständig, nicht aber der effiziente Umgang damit. Selbst auf den einzelnen Verbraucher gerechnet handelt es sich nicht um unerhebliche Mengen. Für die Gesamtheit der privaten Haushalte summieren sich aber die Leerlaufverluste des Stand-by gewaltig: 17 Milliarden Kilowattstunden Strom, 3,3 Milliarden Euro waren es laut Umweltbundesamt (UBA) im Jahr 2006. Oder anders ausgedrückt: 900 Millionen Tonnen des Klimakillers CO2 wurden 2006 allein in Deutschland in die Atmosphäre ausgestoßen, nur um TV-Geräte, DVD-Player, Stereo-Anlagen, Halogenlampen mit Netzteil, Computer, Drucker, Monitore und Telefone in ständiger Bereitschaft zu halten. Das ist die Leistung von zwei Grundlastkraftwerken.
Zwei Kraftwerke nur für Stand-by
Über den Stand-by-Stromverbrauch informiert das Umweltbundesamt (UBA) in seiner Broschüre „Energiesparen im Haushalt“ ebenso wie über Scheinausschalter und gänzlich fehlende Netzschalter. Die Behörde fordert: „Schluss mit dem Stromklau.“ Neben dem UBA arbeiten auch die Deutsche Energieagentur (dena), das Öko-Institut und andere Verbände mit gezielten Kampagnen daran, die Verbraucher zu einem, wie sie es nennen, „intelligenten Umgang mit Strom“ zu bewegen. Das ist im Grunde genommen einfach: Geräte, die nicht benutzt werden, ausschalten, moderne stromsparende Geräte verwenden, Energiesparlampen einsetzen. Die Medien greifen diese Kampagnen auf – je katastrophaler die inzwischen von verschiedenen wissenschaftlichen Seiten übereinstimmenden Klimaprognosen ausfallen, desto eifriger. Sogar die Energiekonzerne überraschen mit Kampagnen für den sparsameren Umgang mit Strom. Paradox? Nein – Marktlogik. Mit einem umweltschützenden Image für Strom zu werben, belebt das Geschäft.
Das Einsparpotenzial in Deutschland ist gewaltig: Laut Beispielrechnung der dena kann ein Vierpersonen-haushalt mit 4500 Kilowattstunden (kWh) pro Jahr locker ein Drittel einsparen und die Jahresrechnung würde von 765 Euro auf 533 purzeln. Doch wenn es so einfach ist, warum passiert es so selten? Die Informationskampagnen haben sich noch viel zu wenig auf einen Faktor eingestellt, der wenig mit Strom, dafür viel mit dem Menschen zu tun hat: die Macht der Gewohnheit. Um vertraute Alltagsroutinen beim Verbraucher zu ändern, müssen erst einmal innere Widerstände überwunden werden. Und die sind hartnäckig. „Menschen entscheiden nach Verhaltensroutinen“, erklärt die Psychologin Nicola Moczek von der Berliner Umweltberatungsagentur Psy-Plan. Eine schlaue Einrichtung sei das Gehirn – bei der Flut von Informationen greife es auf bekannte Muster zurück. Das führe zu den Routinehandlungen. „Allerdings: Das Gehirn ist lernfähig.“ Phasen der Veränderung von Lebensumständen seien dabei hilfreich, so Moczek. Wer in eine neue Wohnung zieht oder die alte renoviert, der sollte das als Chance begreifen, um auch neue Verhaltensweisen im Stromverbrauch einzuführen: zu einem Ökostromanbieter wechseln, ausschaltbare Leisten für die Stand-by-Geräte besorgen oder überall dort, wo Licht länger brennt, Energiesparlampen verwenden.
Es ist nicht nur die Macht der Gewohnheit, die vom Energiesparen abhält. Energiesparen klingt zwar richtig, aber es klingt nicht gut. Es klingt nach einer kalten, ungemütlichen Wohnung, einer dunklen noch dazu! Nach mangelhaft beleuchteten Straßen und nach Autos, die am besten in der Garage stehen bleiben. Der allzeit verfügbare Strom symbolisiert hingegen Freiheit und Wohlstand. Strom sei als Basis für die gesamte Infrastruktur des Alltags nicht mehr wegzudenken, erklärt der SPD-Energieexperte Hermann Scheer in seinem Buch „Energieautonomie“. Und: Es beeinträchtige das Lebensgefühl, diesen selbstverständlich fließenden Saft aus der Steckdose als knappe Ressource zu verstehen. Die älteren Menschen haben den Wandel der Energieversorgung von der mühsamen Eigenbeschaffung zum jederzeit verfügbaren Strom aus der Steckdose noch selbst erlebt: als Arbeitserleichterung und als enorme Befreiung. Darauf möchten sie nicht verzichten. Für die Jüngeren ist es anders gar nicht mehr denkbar. Es dominiert, so Scheer, also das Gefühl, sich zwischen Verzicht oder Luxus entscheiden zu müssen. Als gäbe es nur die eine oder die andere Option – der intelligente Umgang mit Elektrizität meint eben nicht den Verzicht, keine kalte oder dunkle Wohnung. Energieeffizienz ist hingegen eine wichtige Vorsorgemaßnahme, damit die Klimaveränderung nicht eines Tages zu wirklichem Verzicht zwingt.
Nicht die Handlung, aber den Begriff kritisiert der Umwelt-psychologe Klaus Wortmann: „Energiesparen ist ein Wort, das uns keine direkte Handlung anbietet.“ Beim Wort Abfalltrennung sagt einem schon allein der Begriff: Du kannst etwas tun. Die leere Milchtüte kommt in die Gelbe Tonne, das Papier kommt in den Papiercontainer. Abfalltrennen ist eine klare Handlungsanweisung – „Stromsparen“ nicht.
Betrachten Sie es von der sportlichen Seite
Wenige Bundesbürger wissen genau, viele vage, dass 1000 Watt ein Kilowatt ergeben. Dass sich eine Kilowattstunde aus der Benutzung eines 1000-Watt-Gerätes über eine Stunde errechnet. Und was kostet eine Kilowattstunde Strom? Die wenigsten wissen es. Auch Bramigk weist aber darauf hin, dass der Wechsel zum günstigsten Anbieter nicht alles sein kann: „Der effiziente Umgang mit Energie ist die größte Chance, im eigenen Haushalt Strom und damit Geld und Ressourcen zu sparen.“ Man solle mit sportlichem Ehrgeiz Energie sparen, ohne Komfortverzicht trotz reduziertem Verbrauch. Mit Kontrollgeräten können Stromverbrauch und Kosten für Radiowe-cker, Anrufbeantwor-ter oder Warmwasserspeicher ermittelt werden. Die Verbraucherzentralen stellen sie leihweise zur Verfügung. Aus den Ergebnissen kann man die organisatorischen Maßnahmen zur Verbrauchssenkung ableiten.
Als besonders unwissend – oder innovations-resistent oder bequem – fallen Jüngere auf. In einer UBA-Studie über das Thema Umwelt-bewusstsein aus dem Jahr 2004 gaben nur 28 Prozent der 25- bis 29-Jährigen an, immer ihre elektronischen Geräte vollständig auszuschalten. Laut einem befragten 16-Jährigen sollen doch erst mal der Staat und die Industrie Strom sparen: „Wenn ich das mache, das bringt doch nichts!“ Man sieht: Diese gewöhnlich gut informierte Altersgruppe tappt im Dunkeln. Oder folgt sie etwa nur dem schlechten Vorbild ihrer Erziehergeneration nach?
Der Wechsel zum Ökostrom scheitert bei vielen am fehlenden Wissen. Oft gestellte Frage: „Wie soll das gehen, die Trennung von Strom aus Atom- oder Kohlekraftwerken und dem aus ökologischen Quellen?“ Isabel Schöne stand damit keineswegs allein: Nach einer Studie des UBA 2006 meldeten über die Hälfte aller Befragten Informationsbedarf an. Auch Isabel Schöne ließ sich aufklären – und wechselte zu einem Anbieter mit Ökostrom. Die Rechnung stellt ihr die Firma, die den Ökostrom ins Netz einspeist. Mit ihrer Überweisung bezahlt sie nicht nur für den von ihr verbrauchten Strom, sie fördert damit auch den weiteren Ausbau von Sonnen-, Wind- und Biogasanlagen zur regenerativen Stromproduktion. Äußerst zufrieden mit ihrer Entscheidung trägt diese Berlinerin „jetzt auch kein schlechtes Gewissen mehr mit sich herum“.
„Zu teuer“ ist ein Vorurteil
Ob der Wechsel zum Ökostromanbieter, der Besuch einer Energieberatung oder der Kauf von Energiesparlampen – häufig hört man: Zu teuer. Auch diese Aussage geht häufig auf ein Vorurteil zurück, nicht aber auf Fakten und Zahlen. Der Preis für emissionsfreien Ökostrom hat sich schon ziemlich den Durchschnittspreisen der konventionellen Stromanbieter angeglichen. Ökostrom kann aber, anders als die Konkurrenz, für sich den Bonus der positiven Wirkung auf die Umwelt verbuchen – und sorgt damit an anderer Stelle für Einsparungen.
Thema Energiespar-lampen: Da in der Anschaffung teurer, greift der Verbraucher nach wie vor zur herkömmlichen Glühbirne. 95 Prozent des aufgewendeten Stroms werden bei dieser in Wärme, nur fünf Prozent in Licht verwandelt. Eine Energiesparlampe verbraucht etwa ein Viertel des Stroms für das Licht, der Rest ergibt ebenfalls Wärme, aber sie schafft mit elf Watt Stromaufnahme eine Lichtleistung von 60 Watt. Als weiterer Pluspunkt kommt die lange Lebensdauer von fünf bis 15 Jahren hinzu. Nach Berechnungen des Verbraucherzentrale Bundesverbands hat man bereits nach einem Jahr mit einer Energiesparlampe sieben Euro gespart, obwohl der Anschaffungspreis deutlich höher liegt als bei einer normalen Glühbirne.
Um selbst erarbeiteten Erkenntnisgewinn und Änderungen in den Alltagsritualen kommt kein Energiesparer herum. Das gilt auch für den Neukauf von Haushaltsgeräten. Der größte Teil der „weißen Ware“, wie Kühlschränke und Gefrierkombinationen, Waschmaschinen et cetera, unterliegt der Pflicht zur Kennzeichnung des Energieverbrauchs. „Die Kunden fragen nach dem Verbrauch – Energieeffizienzklasse A sollte es beim Kühlschrank schon sein“, erklärt die Fachverkäuferin in einem Kaufhaus. Auf allen Geräten liegen Informationsblätter, fast alle Geräte weisen ein A auf. „Aber das sind über zehn Jahre alte Kriterien, da hat sich technisch eine Menge verbessert. Derzeit verbraucht die Kategorie A++ den wenigsten Strom“. Die Frau ist vom Fach. Die meisten Kunden nicht, denn was kostet noch mal eine Kilowattstunde Strom? Nur einige rechnen sich auf einem mitgebrachten Taschenrechner aus, dass der höhere Anschaffungspreis von A++ nach fünf Jahren durch die geringeren Stromkosten ausgeglichen sein wird. Ab dann liefe der Kühlschrank noch viele Jahre mit niedrigeren Verbrauchskosten. Und trotzdem: Die Kaufentscheidung fällt mit der Beruhigungspille Energieeffizienzklasse A in der Regel über den günstigeren Kaufpreis und das Design des Gerätes. Die Fachfrau kennt den Hauptgrund: „Die Leute wollen heute Geld sparen – und nicht irgendwann später.“
Energieeffizientes Verhalten ist also nicht ganz einfach, aber machbar – wenn man sich informiert, rechnet und neue Gewohnheiten entwickelt. So muss die Stromrechnung kein Buch mit sieben Siegeln bleiben, auch wenn die „Vattenfall-Rechnungen mit ihren verschiedenen Posten den wahren Bruttopreis einer Kilowattstunde Strom verschleiern“, wie Detlef Bramigk wettert. Teilt man den Gesamtrechnungsbetrag durch die Menge der verbrauchten Kilowattstunden, erhält man die echten Kosten pro Kilowattstunde – und ist schnell von netto 13,325 Cent bei 22 Cent Verbrauchspreis inklusive Grundpreis und Steuern angelangt.
Erschwerend kommt hinzu, dass es bei der nur einmal im Jahr stattfindenden Zählerablesung wirklich aufwändig ist festzustellen, wie viel Strom in einem speziellen kurzen Zeitraum verbraucht wurde. Familie Ehlers zuckt beim Erhalt der Stromrechnung zusammen und „findet es blöd, dass sie nur einmal im Jahr kommt.“ Da ginge es ihr mit den Telefonkosten anders. Jeden Monat wäre ersichtlich, wie viel telefoniert wurde. Hier könne man reagieren. Die Familie telefoniert jetzt über eine Flatrate. Wenn die Ehlers jetzt noch ihre Glühbirnen gegen Energiesparlampen austauschen, verbrauchen sie 433 kWh weniger Strom. Damit sparen sie knapp 80 Euro im Jahr. Und verursachen knapp 230 Kilo weniger Kohlendioxid.
Clara Luckmann
Die Tricks der Produzenten
Stand-by oder Leerlaufverluste: Die Geräte gehen nach dem Betrieb in eine Bereitschaft (englisch: Stand-by) über, um zum Beispiel Signale der Fernbedienung empfangen zu können. Dabei verbrauchen sie Strom.
Scheinausschalter: Das Gerät ist nur scheinbar ausgeschaltet, da der Ausschalter das Gerät nicht völlig vom Netz trennt. Eine zunehmende Zahl an Geräten verbraucht heute unnütz Strom, ohne dass dies den Betreibern der Geräte bekannt oder bewusst wäre. Bei neuen Geräten finden sich Hinweise darauf in der Bedienungsanleitung.
Geräte ohne Ausschalter: Geräte, bei denen ein Ausschalter ganz fehlt, wie Steckernetzteile, Satellitenempfänger, Anrufbeantworter, Umspanner für Halogenlampen, Klingeltrafos, Tieftöner („Subwoofer“), Warmwasserspeicher, die rund um die Uhr Wasser warm halten. Bei neuen Geräten auf die Gebrauchsanweisung achten!
Auf der Seite www.stromeffizienz.de bieten die Deutsche Energie-Agentur zusammen mit den großen Stromerzeugern EON, EnBW, RWE und Vattenfall weitere Informationen zum Thema Stromeffizienz an. Kostenloser Stromcheck.
Berlins größter Stromanbieter Vattenfall berät auf seiner Homepage:
wdww.vattenfall.de
Das Umweltbundesamt gibt viele Tipps: www.uba.de. Hier kann die Broschüre „Energiesparen im Haushalt“ mit vielen konkreten Vorschlägen heruntergeladen werden.
Interview mit Dr. Klaus Wortmann, Umweltpsychologe und Mitherausgeber der Zeitschrift „Umweltpsychologie“
MieterMagazin: Was macht das Stromsparen so schwer?
Wortmann: Es ist eine deutliche Barriere, in etwas Arbeit zu stecken, mit dem ich in seiner puren Form gar nichts anfangen kann, wie mit dem Strom. Der Stromverbrauch ist nur die unbeabsichtigte Nebenfolge unseres Verhaltens. Gewollt ist die Dienstleistung, die der Strom ermöglicht. Noch belastet er den Haushaltsetat „nur“ mit fünf bis sieben Prozent. Und es ist Arbeit, sich die Informationen zu beschaffen, sich in das Thema einzudenken. Diese Arbeit wird von den technisch versierten Energieexperten leicht unterschätzt.
MieterMagazin: Neue Elektrogeräte mit der Energieeffizienz A++ sind auf dem Markt. Die Besteuerung von Kerosin ist im Gespräch. Der Gebäudepass kommt. Informierte Verbraucher können also handeln.
Wortmann: Gerade der Gebäudepass könnte zu einem Anstieg energiesparender Umbauten an Wohnhäusern führen. Allerdings werden dann auch die Mieten steigen. Auch hier muss gerechnet werden. Im ganzen Energieeffizienzbereich gibt es wenig, was sich sofort spürbar auswirkt, vieles zahlt sich erst auf lange Sicht aus und passt nicht zu unserem oft kurzfristigen ökonomischen Denken.
MieterMagazin: Der umweltbewusste Mieter wird auf die Rechenprobe gestellt: weniger Kohlendioxid jetzt und geringere Nebenkosten zukünftig gegen eine erhöhte Miete?
Wortmann: Gegenwärtig steigen vor allem die Nebenkosten und somit macht sich ein energetisch modernisiertes Haus für Mieter und Vermieter bezahlt. Da der Kern der Motivation, Energie zu sparen, selten das Umweltbewusstsein ist, erschwert es das Sparen. Aber ich sehe eine andere mögliche Entwicklung: Die Abhängigkeit der Verbraucher von den großen Energieriesen könnte sich auch leicht ins Gegenteil verkehren. Jeder will gerne die Kontrolle über sein Leben haben und nicht hinter dem Rücken ungebeten Strom zugeführt und Geld abgezogen bekommen. Wenn in mehr Haushalten intelligent mit Energie umgegangen wird, könnte ein Bedürfnis nach autarker Versorgung wachsen. Energieeffizienz ist schon jetzt eine – intelligente und Kosten sparende – Möglichkeit, sich ein wenig unabhängiger zu machen von den künftig zu erwartenden Preissteigerungen in diesem Bereich.
Interview: Clara Luckmann
MieterMagazin 6/07
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06.03.2023