Die Klagen der Berliner Wirtschaft wurden immer lauter: „Investitionsfeindliche Tarife“ warfen sie den Wasserbetrieben (BWB) vor. Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) hat anhand seiner Datenbank ermittelt, dass Berlin im Vergleich mit zehn anderen deutschen Großstädten bei den Wasserpreisen eine Spitzenposition einnimmt. Das neue von den Wasserbetrieben angekündigte Tarifsystem mit Grund- und Arbeitspreisen schafft die Vorwürfe nicht aus der Welt.
Mit einer Umstellung des Tarifsystems von einem linearen Kubikmeterpreis für Trink- und Schmutzwasser auf einen Grundpreis pro Anschluss zuzüglich einem gegenüber Anfang 2007 verringerten Arbeits- beziehungsweise Mengenpreis wollen die Berliner Wasserbetriebe der zunehmenden Kritik an ihrer Tarifgestaltung entgegentreten. Allerdings sind die Berliner Wasserpreise weiterhin im bundesweiten Vergleich Spitze. Die Renditezusicherung, die den Investoren im Zuge der Privatisierung gemacht wurden, beeinflusst weiterhin das Preisniveau des Berliner Wassers erheblich.
Ziel des neuen Tarifmodells ab 1. Juli 2007 ist die Entlastung von Großverbrauchern. Dazu zählen neben vielen Industriebetrieben und kommunalen Versorgungseinrichtungen auch große Wohnanlagen. Zudem soll eine verursachergerechtere Verteilung der Vorhaltekosten eines Anschlusses erreicht werden. Deshalb sei die Einführung eines Grundpreises sinnvoll, so BWB-Chef Jörg Simon. Allerdings ist der Anteil der Anschlüsse, bei denen kein Wasser abgenommen und deshalb auch nichts in Rechnung gestellt werden kann, eher gering. Soll die Problematik der Vorhaltekosten erfolgreich in Angriff genommen werden, dann müsste der Grundpreis sicher deutlich erhöht werden. Zu weiteren möglichen Preisanstiegen in diesem Bereich wollte sich BWB-Chef Simon nicht äußern. Da der Anteil der Fixkosten bei den Wasserbetrieben aber bei mehr als 80 Prozent liegt, muss in der Zukunft wohl mit einem deutlichen Anstieg der Grundkosten gerechnet werden. Beim neuen Modell werden zunächst nur rund drei Prozent der Gesamtkosten über den Grundpreis abgedeckt.
Ab Juli wird es einen Bereitstellungspreis für das Vorhalten der Leistung geben, und zwar jeweils für Trink- und Schmutzwasser. Der Grundpreis wird pro Anschluss in Abhängigkeit von der Wasserzählergröße und bei kleinen Wasserzählern von der Menge des abgenommenen Wassers berechnet (siehe Tabelle). Rund 70 Prozent aller Kunden haben den kleinsten Anschluss, Zählergröße Qn 2,5. Anschlüsse dieser Größe sind in erster Linie bei Ein- und Zweifamilienhäusern zu finden. Ein großer Teil der Pflege und Wartung des Rohrnetzes wird für diese Anschlüsse mit niedrigem Verbrauch aufgewandt – sie im Verhältnis höher zu belasten, hielte auch der Berliner Mieterverein für akzeptabel. Nach Modellrechnungen der BWB wird ein Geringverbraucher im Einfamilienhaus mit jährlich knapp zehn Euro zusätzlich belastet. Aber schon bei einem durchschnittlich verbrauchenden Zweipersonenhaushalt sei die Tarifänderung belastungsneutral. Die Zeche der Änderung zahlen also Geringverbraucher von Ein- und Zweifamilienhäusern sowie in kleinen Mehrfamilienhäusern.
Gerechtere Verteilung der Belastung?
Bei einer Zählergröße von Qn 10 wird der Grundpreis nicht nach Umfang des Verbrauchs differenziert. Nach einer Modellberechnung des Berliner Mietervereins für ein Wohngebäude mit knapp 2000 Quadratmetern Wohnfläche und einem Verbrauch von etwas mehr als 2300 Kubikmetern Wasser im Jahr verringern sich die gebäudebezogenen Wasserkosten nach dem neuen Tarif um etwas über 40 Euro im Jahr. Bei einer Umlage der Wasserkosten nach Wohnfläche bedeutet dies knapp 2,2 Cent im Jahr weniger pro Quadratmeter Wohnfläche, was für eine 80 Quadratmeter große Wohnung 1,75 Euro pro Jahr ausmacht. Bestehen wohnungsbezogene Wasserzähler, so kann der Vermieter den Grundpreis für den Gebäudewasserzähler anteilig nach der Zahl der Wohneinheiten verteilen oder aber den Grundpreis zum Mengen- beziehungsweise Arbeitspreis hinzuzählen und somit einen neuen Kubikmeterpreis bilden. Dieser führt dann je nach Verbrauch am wohnungsbezogenen Wasserzähler zu den Kosten pro Haushalt. Ob Haushalte viel oder wenig verbrauchen, schlägt dabei nicht mehr zu Buche als nach dem alten Tarifsystem.
rw
MieterMagazin 6/07
Wie auch immer abgerechnet wird:
Berlins Wasser ist zu teuer
Foto: Rolf Schulten
15.04.2013