Die Mobilfunksenderdichte wird in den nächsten Jahren auch in Berlin weiter zunehmen. Um mögliche gesundheitliche Gefährdungen auszuschließen, müssen bestimmte Grenzwerte eingehalten werden. Das geht nicht ohne entsprechende Messungen.
Neben Messwagen und mobilen Messgeräten wurden seit März 2007 bundesweit sieben stationäre Messwarten installiert, mit denen die örtlichen Immissionen von Funkanlagen im Stundentakt automatisch über längere Zeiträume gemessen werden können. In Berlin steht eine solche 64.000 Euro teure Messstation auf dem Dach der Charité. Bewohner in der Umgebung können die Messwerte auf der Homepage www.bundesnetzagentur.de („EMF-Datenbank“) einsehen. Dort werden inzwischen die Werte von bundesweit etwa 9000 Standorten gespeichert. In Deutschland sind rund 65.000 Funkmasten aufgestellt.
Ob die im Bundesimmissionsschutzgesetz festgeschriebenen Grenzwerte gesundheitliche Langzeitschäden ausschließen, weiß bisher niemand, da Studien zu langfristigen Auswirkungen der Strahlung auf den Menschen noch nicht abgeschlossen sind. Immer wieder klagen Menschen, die in der Nähe von Mobilfunkmasten wohnen, über Schlafstörungen und Kopfschmerzen. Die Ärzteinitiative Bamberger Appell unter der Leitung von Dr. med. Cornelia Waldmann-Selsam führte von Oktober 2004 bis Oktober 2006 bei über 1600 Personen an 220 Mobilfunkstandorten zu Hause oder am Arbeitsplatz Befragungen und Messungen durch. Dabei will man festgestellt haben, dass die hochfrequenten elektromagnetischen Felder des Mobilfunks bereits weit unterhalb der gültigen Grenzwerte zu einem neuen, vielschichtigen Krankheitsbild, dem sogenannten Mikrowellensyndrom, führen – mit einer Vielzahl von Symptomen wie Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Müdigkeit und Konzentrationsstörungen.
Probleme mit dem Kontrollservice
Hartnäckig halten sich Befürchtungen, dass die Sendeleistungen von Funkanlagen, insbesondere von Mobilfunkstationen, von den Betreibern zu bestimmten Tages- und Nachtzeiten in unzulässiger Weise erhöht werden. T-Mobile, Vodafone, O2 und E-Plus haben sich deshalb 2005 gegenüber dem Berliner Mieterverein bereit erklärt, auf Anforderung von Mietern kostenlose Messungen durchzuführen und diesen ein detailliertes, nachvollziehbares Messprotokoll zur Verfügung zu stellen. Umweltämter, die Bundesnetzagentur und die Netzbetreiber informieren, welches Unternehmen den nächstgelegenen „verdächtigen“ Mast betreibt. Der Berliner Mieterverein benennt dann die Ansprechpartner bei den Netzbetreibern.
Dieser Service funktioniert allerdings nicht immer, wie das Beispiel von Katharina Kneif aus Dahlem zeigt. Auf ihrem Nachbarhaus stehen gleich vier Mobilfunkmasten. Als sie T-Mobile um eine Strahlenmessung bat, erfuhr sie, dass der Mast gar nicht in Betrieb sei. E-Plus verwies sie an die Firma O2, die ihr dann lediglich einen Packen Informationsmaterial schickte. Eine Messung in ihrer Wohnung lehnte O2 mit der Begründung ab, dass bei den bisherigen 500 Messungen die Grenzwerte immer unterschritten wurden und man aus Kostengründen schließlich nicht in jeder Wohnung messen könne. Diese Praxis widerspricht freilich der Vereinbarung mit dem Berliner Mieterverein. Und zum Abbau von Ängsten trägt sie schon gar nicht bei.
Rainer Bratfisch
MieterMagazin 7+8/07
Gesundheitsschädlich: ja oder nein? Die Dichte an Funkmasten nimmt in Berlin weiter zu
Foto: BMU/B. Hiss
Strahlenschutzkommission:
www.ssk.de
Literatur:
Mobilfunk-Strahlung – Wie schädlich ist Elektrosmog?
München 2006, zu bestellen beim Umweltinstitut München e.V.,
Landwehrstraße 64 a, 80336 München,
Tel. 089-307749-0,
oder als Download unter
www.umweltinstitut.org
Die Grenzwerte
Der Grenzwert für Strahlenimmissionen beträgt laut Verordnung über elektromagnetische Felder (26. BImSchV) vom 16. Dezember 1996 3500 Milliwatt (mW) pro Quadratmeter für D-Netze und 9000 mW pro Quadratmeter für E-Netze. Dem stehen Grenzwertforderungen der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen und des Bundes für Umwelt und Naturschutz von 1 mW pro Quadratmeter im Wohnbereich und 5 bis 10 mW pro Quadratmeter im Freien gegenüber. Auch soll der Abstand von Wohngebäuden zu Einzelsendeanlagen in Hauptstrahlrichtung mindestens 300 bis 500 Meter betragen, empfiehlt das Umweltinstitut München.
rb
16.11.2018