Bei jedem zweiten Wohngeldempfänger überschreitet die zu zahlende Miete die Höchstmiete, bei der der Wohngeldzuschuss gekappt wird. Dies ist dem neuen Wohngeld- und Mietenbericht zu entnehmen, den die Bundesregierung kürzlich veröffentlichte. Der Deutsche Mieterbund wie auch der Vermieterverband GdW verlangen eine mindestens 15-prozentige Erhöhung des Wohngeldes.
Die Verbände kritisieren, dass die angestrebte Wohngeldnovelle der Bundesregierung eine längst überfällige Erhöhung des Wohngeldes vollständig ausklammert. „Wir brauchen höhere Einkommensgrenzen, um den Bezieherkreis von Wohngeld zu erweitern“, erklärte Mieterbundpräsident Dr. Franz-Georg Rips.
Das Wohngeld ist seit 1. Januar 2001 nicht mehr erhöht worden. Schon die damalige Erhöhung war unzureichend. Bundesweit sind die Nettokaltmieten von 2001 bis 2005 um 6,5 Prozent gestiegen. Allerdings beinhaltet dieser Wert keine modernisierungsbedingten Erhöhungen und ist damit hinsichtlich der Anpassung des Wohngeldes wenig aussagekräftig. Zudem sind die kalten Betriebskosten in dieser Zeit um zehn Prozent, die Heiz- und Warmwasserkosten sogar um 30 Prozent gestiegen. Weil die warmen Betriebskosten grundsätzlich nicht wohngeldfähig sind, ergibt sich eine tatsächlich gestiegene Belastung der Haushalte.
Laut Wohngeld- und Mietenbericht 2006 erhalten derzeit nur noch 680.000 Haushalte Wohngeld, bis Ende 2004 waren es 3,5 Millionen mit durchschnittlich 110 Euro monatlichem Zuschuss. Eine tiefgreifende Reform trat zum 1. Januar 2005 in Kraft. Seitdem erhalten nur noch Haushalte Wohngeld, die keine Transferleistung mit Berücksichtigung der Unterkunftskosten beziehen. Aufgrund dieser Veränderung hat sich auch die soziale Zusammensetzung der Empfängerhaushalte verändert. Nunmehr beziehen vorrangig Rentnerhaushalte ohne Grundsicherung den Wohnkostenzuschuss. Die Wohngeldausgaben sind reformbedingt von 5,2 Milliarden Euro im Jahr 2004 auf 1,35 Milliarden Euro 2005 beziehungsweise 1,1 Milliarden 2006 gesunken. 2005 gab es 811.000 Empfängerhaushalte. Der durchschnittliche Zuschuss ist auf 92 Euro monatlich gesunken. Die Zahl der Haushalte, die die Höchstmieten überschreiten, lag 2005 bei 56,7 Prozent und damit um 5,1 Prozentpunkte höher als 2004. Als Konsequenz daraus ist die Mietbelastungsquote aller Zuschussempfänger nach Wohngeldgewährung auf 31,6 Prozent gestiegen. Das Wohngeld leistet damit einen geringeren Entlastungsbeitrag als früher.
Im Koalitionsvertrag von CDU und SPD heißt es, das Wohngeld diene der sozialen Absicherung des Wohnens. Wird diese Funktion nicht erfüllt, wie der Bericht der Regierung bestätigt, dann muss die Bundesregierung handeln, fordert Mieterbundpräsident Rips.
Reiner Wild
Mehr Informationen zum Thema Wohngeld:
- BMV-Info 60: Wohngeld
- BMV-Beratungsangebot zu Wohngeld, WBS, Mietzuschüsse und ALG II
- Wohngeldrechner der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung: www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/wohngeld/diwoformular.shtml
- Wohngeldbroschüre: www.stadtentwicklung.berlin.de/ wohnen/wohngeld/download/wohngeld-ratschlaege-und-hinweise.pdf
- Antragsformulare zum Wohngeld: www.stadtentwicklung.berlin.de/service/formulare/de/wohnen.shtml
MieterMagazin 9/07
Wohngeld beziehen in Deutschland fast nur noch Rentner
Foto: Paul Glaser
13.06.2018