Der Berliner Senat hat nach einer mehrjährigen Pause wieder Kappungsgrenzen für Sozialmieten beschlossen. Künftig soll stärker nach der Wohnlage differenziert werden, Wohnungen in Zehlendorf dürfen demnach teurer sein als in Wedding. Ein stimmiges Mietenkonzept sieht anders aus, heißt es dazu beim Berliner Mieterverein.
Im Visier sind die besonders teuren Wohnungsbestände aus den Baujahren nach 1972. Die rot-rote Koalition hat 3,8 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um hier den Abbau der Fördermittel auszusetzen. Ab kommendem Jahr sollen Sozialwohnungen in den sogenannten Kategorie-1-Gebieten maximal 5,35 Euro netto pro Quadratmeter kosten. Davon profitieren rund 20.000 Mieter in den Großsiedlungen des Sozialen Wohnungsbaus, zum Beispiel im Rollbergviertel, in der Gropiusstadt oder im Neuen Kreuzberger Zentrum. Darüber hinaus sollen Mieter in einfachen und mittleren Wohnlagen höchstens 5,75 Euro zahlen müssen. Grundlage für die Einordnung ist der Mietspiegel. Für Wohnungen in guter Lage soll es dagegen keine Begrenzung nach oben geben. „Diese Ausreißer kommen durch die besonderen Förderbedingungen zustande“, erklärt Wolf Schulgen von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Noch hat das Parlament nicht über die Senatsvorlage entschieden, voraussichtlich im Oktober wird sich das Abgeordnetenhaus damit befassen. Die Regelung soll dann ab 1. Januar 2008 für zwei Jahre gelten.
Beim Berliner Mieterverein (BMV) hält man den Stopp der Sozialmieten für überfällig, kritisiert aber die Differenzierung nach Wohnlage. „Es ist ja richtig, dass in Wedding die Miete nicht weiter steigt, aber warum wird sie in Steglitz oder Zehlendorf nicht auch heruntersubventioniert?“, meint der stellvertretende BMV-Hauptgeschäftsführer Reiner Wild. Bei einer nur teilweisen Aussetzung des Subventionsabbaus ändere sich an der grundsätzlichen Problematik der Sozialwohnungsbestände wenig. Mit der jetzt beschlossenen Regelung werde zudem der Segregation Vorschub geleistet: „Die einkommensschwachen Mieter werden sich künftig noch stärker in den sogenannten Problemgebieten konzentrieren“, so Reiner Wild.
Nebenkosten fressen Kappung
Mit der jetzigen Deckelung der Sozialmieten reagiert der Senat auf die Erfahrungen der vergangenen Jahre. 2004 und 2005 hatte man die Förderung um jeweils 30 Cent gesenkt. Die Folge: drastische Mieterhöhungen, die viele Mieter dazu veranlassten, sich eine billigere, freifinanzierte Wohnung zu suchen. Aus Angst vor Leerstand verzichteten einige Vermieter auf die Mieterhöhungen und boten die Wohnungen nach eigenen Angaben mit Verlusten an. Die Vermieterorganisationen haben daher immer wieder gefordert, dass die Fördermittel weniger stark abgebaut werden.
Aber nicht nur die Nettomieten laufen aus dem Ruder, auch die Nebenkosten sind bei Sozialwohnungen oft horrend hoch. Ein Grund dafür ist der schlechte energetische Zustand vieler älterer Häuser. „Den Mietern nutzt es nichts, wenn die eingesparte Grundmiete von den ständig steigenden Energiepreisen aufgefressen wird“, betont Reiner Wild. Der Berliner Mieterverein fordert daher zusätzliche Landesmittel, um die Heizkosten bei den „Dreckschleudern“ des Sozialen Wohnungsbaus spürbar zu senken. Für die Mieter zählt schließlich die gesamte Mietbelastung. „Unter einem Mietenkonzept verstehen wir Lösungen, die sich auf die Miethöhe insgesamt beziehen, also auch kalte Betriebskosten und vor allem Heiz- und Warmwasserkosten beinhalten“, erklärt Wild.
Birgit Leiß
MieterMagazin 9/07
Damit die Sozialmieten nicht weiter davonlaufen, werden sie in vielen Beständen gedeckelt (hier: Falkenhagener Feld)
Foto: Christian Muhrbeck
Teure Jahrgänge werden gebremst
Rund 200.000 mit öffentlichen Fördermitteln errichtete Sozialwohnungen gibt es in Berlin, fast ausschließlich im Westteil der Stadt. Etwa 123.000 davon wurden nach 1972 gebaut. Mit einer durchschnittlichen Nettomiete von 5,30 Euro pro Quadratmeter sind sie besonders teuer. Bei etwa zehn Prozent übersteigt die Miete sogar den Betrag von 5,75 Euro. Grund sind die Förderbedingungen, die nach 1972 galten. Ab 2008 wird die Sozialmiete bei 5,75 Euro gekappt, es sei denn, das Haus befindet sich in einer guten Wohnlage.
bl
16.07.2013