„Einmischung“, war Ziel eines Symposiums, zu dem Berliner Mieterverein, Deutscher Mieterbund und Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) ins „Deutsche Architektur Zentrum“ eingeladen hatten. Wo sonst Architekten und kleine Zirkel von Fachleuten Maßstäbe guter Architektur unter sich aushandeln, sprachen Planer und Bewohner über Maßstäbe und Anforderungen an gute Wohnarchitektur aus Nutzersicht.
Als Hintergrund dieser ungewohnten Form des Qualitätsdialogs skizzierte der Architektursoziologe Harald Bodenschatz eine historisch neue Situation, in der die Nutzer eine „überaus hohe Wohnungswahlfreiheit“ genießen würden. Deshalb funktioniere das „alte Entscheidungsmodell Architekt plus Politiker“ nicht mehr. Trotzdem hat – wie Gerd Billen vom VZBV selbstkritisch bemerkte – die durch Wohnungsknappheit geprägte Vergangenheit Spuren hinterlassen: „Im Ergebnis kennen Verbraucher zwar den Unterschied zwischen einem Stadtjeep, einem E-Klasse-Mercedes und einem Golf“, wüssten aber nur sehr wenig über die „wesentlichen Qualitätsmerkmale von Wohnungen.“ Der Münchner Florian Lichtblau erinnerte daran, dass bei Umbau und Sanierung bestehender Wohngebäude die Architektenzunft zu sehr „vorgefertigten Lösungen folge gegen Schimmelbildung, kalte Füße und hohe Heizkostenabrechnungen“. Als Alternative umriss Lichtblau das intelligente „Bauen mit der Sonne“, bei dem die Wärmedämmung lediglich einen Baustein eines umfassenden Bauprogramms darstellt, das den globalen Klimaschutz im Auge habe. Eine solche Planung habe durchaus das Zeug zum Exportschlager.
Einem anderen deutschen Exportschlager, dem architektonischen Erbe der 20er Jahre, bescheinigte Gerd Kuhn von der Uni Stuttgart wegweisende Architekturlösungen, aber auch eine „selbstgefällige Haltung“, an die man heute nicht mehr anknüpfen könne. An welche vergleichsweise stabilen Bedürfnismuster eine gebrauchswertorientierte Wohnarchitektur anknüpfen muss, skizzierte Armin Hentschel mit den Befunden seiner bundesweiten Architekturuntersuchung „Nutzeransichten“. Fallorientiert und anschaulich illustrierte das anschließende Architekturquartett anhand von drei Berliner Wohngebäuden, wo die Potenziale und die Grenzen eines am Nutzer orientierten Umbauens liegen.
Diese verständliche und alltagstaugliche Form der Architekturkritik wurde durch den Präsidenten des Deutschen Mieterbundes, Dr. Franz-Georg Rips, abgerundet. Wer die Baukultur verbessern wolle, müsse vor allem die „Diskussionskultur“ verändern. Diese müsse ihren erzieherischen, autoritären und elitären Duktus verlieren.
ah
MieterMagazin 11/07
Über Architekturqualität werden künftig auch die Nutzer mehr mitzureden haben
Foto: Rolf Schulten
16.04.2013