Es wird ernst für Hartz-IV-Empfänger. Seit Anfang des Jahres überprüfen die Jobcenter erstmals die „Angemessenheit“ der Wohnkosten. Offenbar liegen aber viele Mieten weit unter den festgelegten Obergrenzen, wie jetzt Zahlen der Bundesagentur für Arbeit belegen.
Durchschnittlich 249 Euro bruttowarm muss ein arbeitsloser Single in Berlin für seine Wohnung bezahlen. Vom Amt übernommen werden bis zu 360 Euro. Die Miete eines Zweipersonenhaushalts beträgt im Schnitt 343 Euro. Zulässig wären 444 Euro. „Diese niedrigen Mieten haben uns auch überrascht“, sagt der Referatsleiter der Senatsverwaltung für Soziales, Josef Schültke. Zahlen darüber, wie viele Personen die Richtwerte überschreiten und demnächst zum Umzug aufgefordert werden könnten, hat man aber immer noch nicht.
Arbeitslose, die aus freien Stücken umziehen wollen, brauchen dagegen viel Durchsetzungskraft. „Wer umziehen will, muss das ganz genau begründen. Einfach eine schönere Wohnung gefunden zu haben, wird als Grund nicht akzeptiert, selbst wenn die neue Miete niedriger ist“, sagt Stefan Reuter vom Arbeitslosenverband. Grundsätzlich muss vor Abschluss eines neuen Mietvertrags die Zusicherung des Jobcenters für die Übernahme der künftigen Kosten eingeholt werden. Das Amt muss sein Okay nur dann geben, wenn der Umzug erforderlich ist. In diesem Fall werden dann auch Umzugskosten, Kaution oder doppelte Mietzahlungen übernommen. Um diese Kosten zu vermeiden, handhaben die Ämter ihre Zustimmungen sehr restriktiv.
Nach wie vor herrscht bei den Jobcentern Chaos, viele Bescheide sind fehlerhaft. So meldeten sich beim Berliner Mieterverein mehrere Arbeitslose, denen die Übernahme der Nachzahlung aus der Betriebskostenabrechnung 2004 verweigert worden ist. Begründung: Diese Kosten seien vor Hartz IV angefallen. „In den Ausführungsvorschriften ist eindeutig geregelt, dass das Jobcenter diese Kosten übernehmen muss“, stellt Roswitha Steinbrenner, Sprecherin der Senatsverwaltung für Soziales klar. Man habe die Ämter mehrfach darauf hingewiesen.
Birgit Leiß
MieterMagazin 1+2/06
… und gebunden: Umzugswünsche von Hartz-IV-Empfängern handhaben die Ämter restriktiv
Foto: Kerstin Zillmer
26.10.2017