Auf seiner Homepage feiert sich das Wohnungsunternehmen „Stadt und Land“ noch als „Garant für gute Wohnraumversorgung breiter Bevölkerungsschichten“. Jetzt stehen circa 2000 Wohnungen in der Neuköllner High-Deck-Siedlung zum Verkauf.
Die Siedlung an der Sonnenallee, 1975 als Vorzeigeobjekt des Sozialen Wohnungsbaus errichtet, ist seit Jahren ein Problemfall. 15 Prozent der Wohnungen stehen leer, rund 30 Prozent der Mieter sind arbeitslos. Die Häuser müssen dringend saniert werden. Seit 1998 arbeitet das Quartiersmanagement daran, die Wohnbedingungen der Mieter aus über 30 verschiedenen Nationen zu verbessern. Im November, bei der Einweihung des neu gestalteten Platzes an der Sonnenuhr, forderte die Stadt und Land noch auf: „Greifen Sie nach den Sternen!“ Jetzt blicken die Mieter sorgenvoll in die Zukunft: In Zeitungsanzeigen sucht die landeseigene Gesellschaft bundesweit nach einem Investor für die maroden Häuser. Sie hat kein Geld für die Sanierung.
Noch in diesem Monat soll entschieden werden, wer den Zuschlag erhält. Es wäre das erste Quartiersmanagement-Gebiet in den westlichen Bezirken, das verkauft wird. Viel (Förder-) Geld ist in den letzten Jahren geflossen, um den Kiez vor dem Absturz zu bewahren. Alles umsonst? Den Investor wird es freuen, auch wenn er verpflichtet werden soll, rund 60 Millionen Euro in die Sanierung zu stecken und Quartiersmanagement, Quartiersbeirat und Mieterbeirat zu akzeptieren. Quartiersmanagerin Ines Müller befürwortet den Verkauf nicht. Sie befürchtet, dass das Quartiersmanagement beim Verkauf einen starken und verlässlichen Partner verliert. Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky macht Mietern, Mieterbeirat und dem Quartiersmanagement derzeit wieder Hoffnung, weil die SPD-Fraktion den Verkauf größerer Bestände generell stoppen will. Stadt und Land-Geschäftsführer Rudolf Kujath: „Wir warten auf die Reaktion unseres Gesellschafters.“
Rainer Bratfisch
MieterMagazin 3/06
Neuköllner High-Deck-Siedlung: „Stadt und Land“ sucht verzweifelt einen Käufer
Foto: Rolf Schulten
31.07.2013