Der Urlaub ist gebucht – aber zu dumm: Die hilfsbereiten Nachbarn sind diesmal genau zur selben Zeit verreist. Die einzigen wirklich zuverlässigen Freunde fallen ebenfalls aus. Beim besten Willen kann man sie nicht schon wieder damit behelligen, drei Wochen lang Kater Karlo den Fressnapf hinzustellen, während man sich auf Gran Canaria sonnt. Nebenbei müssten natürlich auch noch die Blumen gegossen, der Briefkasten geleert und der Termin zum Wasseruhrenaustausch eingehalten werden. Was also tun, wenn man längere Zeit in Ferien, zur Kur oder auf Dienstreise ist oder gar ins Krankenhaus muss, und niemand aus dem Bekanntenkreis in den heimischen vier Wänden nach dem Rechten sehen kann?
Wie gerufen kommen da die professionellen Haus- und Wohnungshüter, die man mieten kann. Pflanzen gießen, Post reinholen: ganz normaler Alltag für sie. Soll die verwaiste Wohnung sogar rund um die Uhr beaufsichtigt werden, so ziehen die Homesitter gleich für länger ein. „Einwohnen“ nennt das der Fachmann: Sie schlafen wochenlang in fremden Betten und haben einen strengen Tagesablauf. Idealerweise handeln sie nach der Devise: alles wie gewohnt.
Die bessere Alarmanlage
Morgens ziehen sie die Rollläden hoch und die Gardinen auf, tagsüber gehen sie ans Telefon – und am Abend sehen sie pflichtbewusst fern und führen den Hund Gassi. All das gehört zu ihrem Job, manchmal hängt sogar ihre Wäsche draußen. Während eine Zeitschaltuhr nur in der Dunkelheit für Beleuchtung sorgt – und damit Anwesenheit lediglich vortäuscht -, sind die Wohnungshüter doppelt nützlich: In der Wohnung ist alles versorgt und Einbrecher kommen gar nicht erst auf dumme Gedanken. Wohnungshüter sind keine Muskelprotze, aber die besseren Alarmanlagen. Das bestätigt sogar das Bundeskriminalamt. Auch um die daheim gebliebenen Angehörigen, egal ob Kinder oder Senioren, kümmern sich die Haus- und Wohnungshüter. Meistens ziehen sie dann als Paar ein, bereiten die Mahlzeiten zu und leisten Gesellschaft. Sollte tatsächlich mal ein Notfall wie ein Wasserrohrbruch eintreten, rufen die temporären Bewohner selbstverständlich Hilfe.
„Sie wollen in Urlaub? Wir versorgen ihr Zuhause, Hund, Katze, Pflanzen, Oma rund um die Uhr!“ – so oder ähnlich lauten denn auch die entsprechenden Kleinanzeigen im Internet. Ob dieser private Inserent aus Berlin mit der knappen und lieblosen Beschreibung allerdings großen Erfolg hat, ist fraglich. Beschleicht einen doch das Gefühl: Katze, Pflanze, Oma – alles die gleiche Dienstleistung: wird täglich gegossen! Ein bisschen mehr möchte man zudem über die im Grunde wildfremde Person wissen, die uneingeschränkten Zutritt zur Privatsphäre bekommen soll. Hab und Gut zu überlassen, ist schließlich keine reine Vertrauenssache, sondern gewisse Sicherheiten sollten schon garantiert sein. Der Verband Deutscher Haushüter-Agenturen e.V. (VDHA) aus Münster empfiehlt deshalb, dass der Kunde unbedingt auf einige Dinge achten soll: Die Agentur soll zum einen eine behördliche Zulassung und eine Betriebshaftpflicht vorweisen können. Zum anderen ist eine Unfallversicherung für Haushüter ebenfalls unverzichtbar – und dem Kunden in jedem Fall vorzulegen. Im VDHA haben sich rund zwei Dutzend in Deutschland behördlich zugelassene Agenturen mit annähernd 900 Haushütern zusammengeschlossen. Sie garantieren diesen Service seriös und bundesweit. Beim Verband müssen alle Haus- und Wohnungshüter ihre Zuverlässigkeit durch ein polizeiliches Führungszeugnis, einwandfreie Referenzen und ausführliche Bewerbungsunterlagen nachweisen.
Nicht gerade billig
„Es hat sich gezeigt, dass die Kunden mit unseren eingesetzten Senioren sehr zufrieden sind“, erläutert Günter Kratz, der Vizevorsitzende des VDAH. „Wir arbeiten deshalb fast ausschließlich mit Rentnern und Pensionären zusammen“, führt der ehemalige Polizeidirektor weiter aus. „Sie verfügen über Lebenserfahrung und Verantwortungsgefühl.“ Zusätzlich müssen sie finanziell abgesichert sein und äußerste Diskretion garantieren. Mit Studenten habe man in der Anfangsphase vor vielen Jahren zum Teil keine guten Erfahrungen gemacht, so Kratz. Da seien im Objekt schon mal Partys mit Freunden gefeiert worden. Der VDAH hat strenge Richtlinien für seine Homesitter: Tagsüber dürfen sie nur für drei Stunden die Wohnung verlassen, nach 20 Uhr nur noch mal für eine Stunde. Eine Kneipentour fällt sowieso flach.
Will man während der eigenen Abwesenheit nur sichergehen, dass der Briefkasten nicht überquillt, ist kein 24-Stunden-Service nötig, ein regelmäßiger Besuchsdienst reicht. „Für solche einfachen Sachen berechnen wir 6 Euro pro Stunde“, erläutert Gabriele Schlenker von der Berliner „Hausservice-Agentur“, die dem VDHA angeschlossen ist. Das reine „Einwohnen“ dagegen beginnt bei 40 Euro pro Tag, für zusätzliche Dienste wie Haustierbetreuung werden geringe Zuschläge erhoben. Ein zugegebenermaßen nicht ganz billiger Service: Bei einem drei- bis vierwöchigen Urlaub kann da leicht ein Tausender zusammenkommen. „Mehr als 80 Prozent aller Kunden suchen vor allem einen Betreuer für ihr Lieblingsstier“, weiß Verbandsvize Günter Kratz aus seiner langjährigen Erfahrung. Die Preise stehen also für die meisten Ferienreisenden in Relation zu den übrigen Alternativen, ihr Haustier gut versorgt zu wissen. Für eine Unterbringung der Katze in einer Tierpension zahlt man 9 Euro am Tag, in einer Luxusunterkunft wie dem „Pfötchenhotel“ werden für einen mittelgroßen Hund rund 35 Euro am Tag berechnet.
Stimmt die Chemie?
Für einen Haus- und Wohnungshüter-Service der genannten Preiskategorie kann man eine maßgeschneiderte Dienstleistung erwarten. „Für jeden Kunden gibt es einen Angebotskatalog mit Preisen. Zunächst gehe ich selbst zum Kunden und verschaffe mir einen Überblick“, führt die Berliner Agenturchefin aus. „Manche wollen keine Raucher, manche nur eine Frau. Es wird eine Checkliste erstellt, was zu tun ist“, erläutert sie die Vorbereitungen. Der vorgeschlagene Homesitter stellt sich anschließend dem Kunden vor. Wird eine Tierbetreuung gewünscht, wird beim Termin auch gleich geprüft, ob die Chemie zwischen dem Vierbeiner und dem „neuen Herrchen“ stimmt. Hakt es irgendwo, schlägt Gabriele Schlenker einen neuen Homesitter vor. „Die Leute sollten sich deshalb sechs bis acht Wochen vorher bei uns melden“, rät sie, „dann kann man in Ruhe auf alle Wünsche eingehen“. Sollte jemand plötzlich ins Krankenhaus müssen, könne man natürlich auch kurzfristig reagieren.
Die Homesitter selbst erhalten für ihre Arbeit vergleichsweise nur ein Taschengeld, sie werden im Rahmen eines 400-Euro-Jobs bezahlt. Der Reiz im Hüten fremder Häuser und Wohnungen liegt für sie vor allem im Tapetenwechsel. Viele freuen sich auch darüber, mal wieder einen Hund betreuen zu dürfen, weil sie selber keinen mehr halten können. Für den Kunden dagegen hält der Gesetzgeber noch einen Steuervorteil bereit: Haushüten gilt als haushaltsnahe Dienstleistung. Mit der Rechnung und dem Zahlbeleg können 20 Prozent des Rechnungswertes (maximal 600 Euro im Jahr) von der Einkommensteuer abgesetzt werden.
Jens Sethmann
MieterMagazin 3/06
Vom Briefkastenleeren bis zum Rundum-Service: Homesitter mit „maßgeschneiderten Dienstleistungen“
Alle Fotos: Christian Muhrbeck
Verband Deutscher Haushüter-Agenturen e.V. (VDHA),
Feldkamp 4, 48165 Münster,
Tel. (02501) 7171
(Montag bis Freitag 13 bis 16 Uhr),
Fax: (02501) 27072,
E-Mail:info@haushueter.org
Internet:www.haushueter.org
Mieter abwesend – alles was Recht ist
Ist der Mieter längere Zeit abwesend, muss er dem Vermieter keinen Wohnungsschlüssel überlassen. Er sollte ihm aber mitteilen, bei wem (Name, Anschrift) der Wohnungsschlüssel im Notfall abgeholt werden kann. Länger heißt: ab etwa einer Woche/14 Tage. Der Vermieter darf die Wohnung nur bei Gefahr im Verzug (etwa bei Wasserrohrbruch, undichter Gasleitung, Brand oder Deckeneinsturzgefahr) betreten. Arbeitet man für eine begrenzte Zeit in einer anderen Stadt, hat man Anspruch darauf, Teile der Wohnung untervermieten zu dürfen. Man muss aber jederzeit in seine Wohnung zurückkommen und dort schlafen können – Untervermietung zu 100 Prozent geht also in der Regel nicht. Schaut der Nachbar nach dem Rechten und vergisst die Wohnungstür abzuschließen, wird ein möglicher Einbruchsschaden über die Haftpflicht- oder Hausratversicherung des Nachbarn beziehungsweise die eigene reguliert. Bezahlt man den Nachbarn aber für seine Nettigkeit, so handelt es sich nicht mehr um Nachbarschaftshilfe und die Haftpflichtversicherung greift nicht.
js
04.01.2017